Anne Kamratowski von Berliner Messinglampen

Kategorie: Zukunftsköpfe

©Anne Kamratowski

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Anne Kamratowski hat ein besonderes Faible: Sie begeistert sich für Lampen und Leuchten. 1979 gründete sie das Unternehmen Berliner Messinglampen. Einige Jahre baute sie die Leuchten in der Manufaktur selbst. Inzwischen werden in ihrer Berliner Fabrik rund 10.000 historisch nachempfundene Leuchten jährlich produziert. Über das Design Transfer Bonus Programm hat sie 15.000 Euro Zuschuss erhalten, um gemeinsam mit Designern der Agentur Studio AFS GmbH eine neue Produktlinie mit neuester LED- und Fertigungstechnologie zu entwickeln.

Guten Tag Frau Kamratowski, der Zeitgeist hat sich gewandelt. Während vor einigen Jahren noch möglichst günstige Produkte gefragt waren, scheint es so, als ob die Menschen nun wieder mehr auf Qualität achten. Sie selber legen darauf ohnehin ein besonderes Augenmerk und verwenden ausschließlich sehr langlebige Materialien wie reines Messing. Wie gefragt sind Ihre Leuchten momentan?

Es gibt durchaus eine Rückbesinnung auf echte Werte, was Design und handwerkliche Qualität anbetrifft. Viele Menschen kehren der Wegwerfmentalität den Rücken und beschäftigen sich bei der Anschaffung von langlebigen Wirtschaftsgütern damit, was für sie ein Klassiker ist, aus welchen Materialien gefertigt wird und ob die Anschaffung umweltverträglich ist.

Unsere besonderen Berliner Messinglampen erfüllen diese Kriterien und werden seit Jahrzehnten von Menschen geschätzt, die den historischen Charme, das unvergleichlich warme Licht mundgeblasener Gläser und die feine Verarbeitung von reinem Messingmaterial mögen. Es freut uns besonders, dass auch junge Menschen den Wert unserer Lampen entdecken und einige Leuchten Kultstatus erlangt haben.

Da unsere Leuchten nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch sehr funktional und stabil sind, gibt es immer mehr Menschen, die sich für eine unserer Leuchten für die Wohnung, ihr Büro oder die Ausstattung ihres Gewerbes, besonders in der Gastronomie, entscheiden.

Sie sind bereits seit über 20 Jahren auf dem Markt. Was hat sich rückblickend an Ihrer Arbeit und auch an der Nachfrage geändert? Gibt es über all die Jahre auch Design-Klassiker, die seit eh und je begehrt sind?

Der Leuchtenmarkt unterliegt natürlich in unserer schnelllebigen Zeit Schwankungen. Vor 35 Jahren war der Zeitgeschmack "Trödel". Historische Lampen mit möglichst vielen Verzierungen, Perlenfransen, Rüschenschirmchen und Blumendekor waren der Renner. Seit der Jahrtausendwende sind schlichte Leuchten ohne Schnörkel und fast ausnahmslos weiße Gläser gefragt. Heute hat sich der Trend zu "Statementleuchten" hinzugesellt. Das sind Leuchten, die eine Geschichte haben, Designklassiker ihrer Stilepoche waren oder die einen besonderen Platz in der Wohnung einnehmen sollen – als Gestaltungselement in Form und Farbe. Unser berühmtester Designklassiker ist die "Bankerleuchte" mit grünem Schirm. Es gibt auch andere Leuchten, die seit Jahrzehnten gleichermaßen beliebt sind, wie unsere runde flache Deckenleuchte und einige Doppelhänger und Kronleuchter.

Sie haben auch eine neue Lampenfamilie entwickelt. Gefördert wurden Sie dabei durch das Programm Design Transfer Bonus. Können Sie uns mehr über dieses Projekt verraten?

Das Programm unterstützt die Zusammenarbeit zwischen ansässigen Herstellern und lokalen Designern. Für uns ergibt sich die Möglichkeit, mehr als gewohnt zu experimentieren und die Welt mit "anderen Augen" zu sehen. Der Blickwinkel eines Industriedesigners ist naturgemäß ein anderer. Diese Designer entwickeln nicht nur Leuchten, sondern auch Gebrauchsgegenstände. Das erweitert den Horizont, hilft bei der Erfassung des Zeitgeistes.

Auf diese Weise entstand ein modernes Produkt, eine filigrane Schreibtischlampe aus Aluminium, als Beginn einer neuen Leuchtenfamilie unter Verwendung neuester LED- und Fertigungstechnik. Wir müssen dabei natürlich sehr behutsam vorgehen. Schließlich ist es für uns eine Gratwanderung, beim LED-Trend am Ball zu bleiben, ohne unser Image zu verlieren. Design Transfer Bonus ist ein gutes Programm, um solche Vorhaben in Schwung zu bringen.

Wie sah die Zusammenarbeit denn konkret aus?

Wir konnten gut qualifizierte und auch jüngere Fachleute einbeziehen, die eine andere Sichtweise haben. Gestartet sind wir im vergangenen Jahr. Anfangs haben wir uns rund alle zwei Wochen getroffen und sehr kreativ zusammen gearbeitet. Bevor wir mit der jetzigen filigranen Schreibtischleuchte auf den Markt gehen können, müssen wir nun noch die Produktionskosten senken und die erforderlichen Zertifizierungen erhalten. Auch an einigen Feinheiten, wie beispielsweise an einem speziellen Schalter, wird noch gefeilt. Im kommenden Jahr werden wir die Leuchte dann soweit haben, dass sie allen gesetzlichen Bestimmungen und Vorgaben entspricht. Insgesamt sind die Bedingungen des Förderprogramms relativ einfach und plausibel. Es ist eine gute Sache.

Eine ganz andere Frage: Sie vertreiben Ihre Leuchten nicht nur durch Ihren Katalog, sondern arbeiten auch mit Architekten oder Inneneinrichtern zusammen. Welche Rolle spielt ein gutes Netzwerk für den geschäftlichen Erfolg als Designer und Hersteller edler Messinglampen?

Wohnraumleuchten sind nur ein Teil unserer Kompetenz. Wir bauen gleichermaßen moderne Leuchten mit LED und dekorative Leuchten im Objektbereich aus allen erdenklichen Materialien. Da wir eine echte Leuchtenfabrik sind und nicht vom Handel leben, können wir alle Leuchten vom Einzelstück bis hin zu Großserien in unserer Fabrik entwickeln und nach deutschen Qualitätsmaßstäben termingerecht herstellen. Das wissen unsere Partner im In- und Ausland zu schätzen und wir werden in diesen Kreisen regelmäßig weiterempfohlen.

Ein gutes Netzwerk ist dabei unerlässlich, denn die beste Werbung kann diese Empfehlungen nicht ersetzen. Gerade in Berlin ist es gar nicht so einfach, alle möglichen Kontakte aufzubauen, da in diesem Bereich ständig neue Menschen in die Stadt ziehen, die uns und unsere Möglichkeiten noch nicht kennen. Oft rechnen Architekten und Investoren gar nicht damit, dass es noch eine echte Fabrik in ihrer Nähe gibt.

Nicht nur Privatpersonen hängen sich Ihre Leuchten in die Wohnung. In welchen Branchen legen Geschäftsleute denn besonders viel Wert auf klassisch-moderne Messingleuchten?

Unsere Leuchten werden vor allem in der Gastronomie, in Hotels, Kirchen und auf Schiffen eingesetzt. Hier kommt es besonders auf die Lichtstimmung und die dekorativen Komponenten an, aber auch darauf, dass reklamationsfrei und pünktlich geliefert wird. Die historischen Messinglampen werden gleichermaßen, wie unsere modernen LED-Leuchten und andere dekorative Leuchten gerne auch in Kombination eingesetzt.

Ein besonderer Markt sind historische Gebäude – oft unter Denkmalschutz stehend – wie Museen, Behörden, Bahnhöfe sowie Mietshäuser und Villen mit ihren Treppenaufgängen. Wir sind in der Lage fast alle historischen Leuchten sowie auch Leuchtengläser originalgetreu nachzubauen, falls wir sie nicht ohnehin im Programm haben.

Frau Kamratowski, können Sie bitte noch folgenden Satz vervollständigen: Berlin ist…

… die richtige Mischung aus Tradition, Kreativität, unkonventionellen Lösungen und einer Prise Rebellion.

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