Hans-Joachim Grallert

Kategorie: Breitband

Seit April 2005 hat das Berliner HHI eine neue Führung: Dr. Ing. Hans-Joachim Grallert übernimmt gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Holger Boche die Institutsleitung. Der 57jährige Wissenschaftler zeichnet für die Forschungsschwerpunkte „Telekommunikationsnetze und -systeme", „Optische Komponenten", und "Elektronische Bildtechnik für Multimedia" verantwortlich. Dr. Grallert ist Experte auf dem Gebiet der optischen Nachrichtenübertragung und gehörte als Vertreter der Firma Marconi bereits seit 1999 dem wissenschaftlich-technischen Beirat des Instituts an. Mit 235 Mitarbeitern und einem Gesamtetat von rund 22,6 Millionen Euro ist das Berliner Heinrich-Hertz-Institut eines der größten Institute der Fraunhofer-Gesellschaft. Projekt Zukunft sprach mit Dr. Grallert über seine neuen Aufgaben, die Zukunftsarbeit des HHI und den Wissenschaftsstandort Berlin.

 

Sie sind dem HHI seit vielen Jahren eng verbunden, wo werden Sie die Schwerpunkte in Ihrer neuen Funktion als Institutsleiter setzen?

Forschungsschwerpunkte des HHI lagen bislang auf den photonischen Netzen und Komponenten, sowie der elektronischen Bildtechnik für Multimedia und den mobilen Breitbandsystemen. Insbesondere im Bereich der Netze sollen die Aktivitäten auf das gesamte Netz, d. h. verstärkt auf die Zugangs- und Inhausnetze ausgeweitet werden. Dabei sollen auch Datennetze in Flugzeugen, Fahrzeugen sowie hochratige Kommunikationseinrichtungen zur Steuerung von Maschinen bearbeitet und weiter entwickelt werden. Dazu gehören dann natürlich die Entwicklung und ggf. Prozessierung der wesentlichen Komponenten und die Entwicklung von entscheidenden Anwendungen.

 

Sie leiten das HHI zusammen mit Prof. Dr. Holger Boche, der den Forschungsschwerpunkt Mobile Breitbandsysteme" verantwortet. Ist diese Arbeitsteilung" auch strategisch zu verstehen, im Sinne einer stärkeren Vermarktung der Entwicklungen und einer engeren Zusammenarbeit mit der Wirtschaft?

Die engere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ist mein zentrales Anliegen. Es ergibt sich schon aus der Notwendigkeit der Finanzierung des Instituts. Ich denke auch, dass wir, Prof. Boche und ich, uns gut ergänzen werden. Fachlich wird sich Prof. Boche - wie bisher - um den Mobilfunk-Bereich kümmern; ich übernehme die Bereiche Kommunikationsnetze und elektronische Bildtechnik. Damit decken wir gemeinsam die bisherigen Forschungsschwerpunkte des Instituts sowie auch die künftigen Geschäftsfelder ab. In beruflicher Hinsicht hat Professor Boche bislang den akademischen Weg mit einer Universitätslaufbahn beschritten, während ich mich in den vergangenen 23 Jahren der Forschung und Entwicklung im industriellen Sektor sowie deren Vermarktung gewidmet habe.

 

Zu den Forschungsschwerpunkten des Instituts gehören Glasfasernetze, elektronische Bildtechnik und Breitband-Mobilkommunikation. Welche innovativen Produktlösungen sind vom HHI in Berlin entwickelt worden?

Wenn man nur die letzten Jahre in Rechnung stellt, dann zählen dazu:
IR-Photodioden bis 100 GHz, bei Raumtemperatur zu betreibende und temperaturstabile Laser für 10 Gbit/s-Systeme und ps-Pulsquelle (mit großen Erfolg von der Firma u2t-photonics für mess- und übertragungstechnische Anwendungen vermarktet), 3D-Displays für Mixed-Reality-Anwendungen mit multimodaler Interaktion (vermarktet in der Medizintechnik), Tele-immersive Videokonferenzsysteme mit der Möglichkeit von Augenkontakten, 3D-Bild in nahezu 1:1-Format, MPEG 4 Bildkodierung; beispielsweise für Bildtelefonie bzw. Videoübertragung bei äußerst geringer Datenrate auf Mobiltelefone bzw. PDA etc.

Darüber hinaus war das HHI entscheidend an der Standardisierung einer in naher Zukunft überall eingesetzten Bildkodierung (H.264/AVC) beteiligt, der die Datenrate bei Videoübertragung bei äußerst geringer Qualitätsverringerung ganz entscheidend herabsetzt und dadurch hochqualitative Videoübertragung über das Internet möglich machen wird. Der Einsatz eines Multiantennenübertragungs- und empfangsverfahrens (MIMO) hat zu entscheidenden Durchbrüchen bei den Forschungsarbeiten im Mobilfunkbereich geführt.

Diese Arbeiten werden künftig höchst innovative Produkte möglich machen und derzeitige Engpässe und Probleme beim breitbandigen Mobilfunk beseitigen helfen.

 

Die Bundespolitik hat die in Berlin vorhandenen hohen Kompetenzen erkannt und das HHI in die Fraunhofer Gesellschaft integriert. Die Zusammenführung hat zu einer finanziellen Entlastung des Landes Berlin geführt. Könnte das Beispiel des HHI in Berlin Schule machen?

Ich glaube, dass die Integration in die Fraunhofer-Gesellschaft eine gute Möglichkeit bietet, exzellente Forschungsergebnisse schneller als bisher in Produkte zu überführen und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützen kann. Insofern könnte das Beispiel Schule machen. Andererseits darf man die Grundlagenforschung nicht vernachlässigen. Die Basis für viele Innovationen, die sich heute erfolgreich auf dem Markt bewegen (beispielsweise Laser), wurde vor vielen Jahren geschaffen, als man sich Anwendungen kaum hat vorstellen können.

 

Nach einer kürzlich durchgeführten Umfrage unter Berliner Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik werden die Standortvorteile und die europaweit einmalige Wissenschaftslandschaft Berlins zu wenig herausgestellt und vermarktet. Welche Anstrengungen müssen unternommen werden?

Nur ökonomischer Erfolg kann kurzfristig der Wissenschaftslandschaft Berlins einen größeren Bekanntheitsgrad verschaffen. Das bedeutet, dass aus der Forschung Produkte entstehen müssen, die den Stempel „Made in Berlin-Brandenburg" tragen.

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