Verena Pausder von Fox&Sheep

Kategorie: Zukunftsköpfe

©Kim Keibel

©Kim Keibel

©Kim Keibel

Verena Pausder führt ein bewegtes und äußerst erfolgreiches Leben: Sie bloggt für die Wirtschaftswoche, initiiert Veranstaltungen für Managerinnen und Jugendliche, gründete und verkaufte erfolgreich das Startup Fox & Sheep – und erzieht ihre beiden Kinder. Nun ist die Unternehmerin vom Weltwirtschaftsforum in den Kreis der Young Global Leaders aufgenommen worden, einem Eliteprogramm, an dem für jeweils fünf Jahre die weltweit besten Führungskräfte unter 40 Jahren teilnehmen.

Guten Tag und vor allem Glückwunsch, Frau Pausder, zur Aufnahme in den erlesenen Kreis der Young Global Leaders! Was meinen Sie, war für die Jury ausschlaggebend: Ihre Initiative StartupTeens für Jugendliche, das von Ihnen initiierte Netzwerktreffen für Managerinnen, das “Ladies Dinner”, ihre Fähigkeit als Stehauffrau, nach einem ersten erfolglosen Anlauf als Gründerin einer Salatbar, erfolgreich ein Unternehmen für Kinder-Apps aufzubauen und zu verkaufen, oder aber ihre Vorbildfunktion für andere Mütter, Karriere und Kindererziehung zu vereinen?

Ich glaube, die Mischung und Vielfalt meiner Aktivitäten war ausschlaggebend für die Aufnahme, da es bei den Young Global Leaders darum geht, sowohl unternehmerisch erfolgreich zu sein als auch Projekte voranzutreiben, die über das eigene Unternehmen hinausgehen und keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Unsere Non-Profit-Initiative StartupTeens, mit der wir Jugendlichen unternehmerisches Denken und Handeln beibringen, war sicherlich ein wichtiger Baustein. Aber auch das Thema digitale Bildung für Kinder, welches wir mit der Eröffnung der ersten Digitalwerkstatt in Berlin im Februar 2016 vorantreiben, wird eine Rolle gespielt haben.

Mit Fox & Sheep haben Sie sich auf das Entwickeln und internationale Vermarkten von Apps für Kinder spezialisiert. Täuscht es oder ist die Angst vor neuen digitalen Medien im Kinderzimmer hierzulande besonders groß? Anders gefragt: Wie oft haben sich verängstigte Eltern aus Deutschland bei Ihnen gemeldet und wie oft aus dem Rest der Welt?

Das ist tatsächlich so, dass Eltern und die Öffentlichkeit in Deutschland dem Thema digitale Medien für Kinder besonders kritisch gegenüber stehen und uns viel mehr Gegenwind entgegenschlägt als das in anderen Ländern der Fall ist. Das Thema digitaler Mediennutzung für Kinder mit Bedacht anzugehen, halte ich selber für sehr wichtig, da es die Kindheit nicht dominieren, sondern begleiten soll. Das Thema aber zu verteufeln und ausschließlich mit Angst darauf zu reagieren, halte ich für falsch. Denn es ist Teil der Lebensrealität unserer Kinder und wir sollten unseren Kindern den verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit den neuen Medien beibringen, statt uns ihnen gegenüber komplett zu verschließen.

In Berlin sind gute App-Entwickler heiß begehrt. Können die Apps von Fox & Sheep durch eine “digitale Früherziehung” einen Beitrag dazu leisten, dass Unternehmen in 20 Jahren weniger Probleme bei der Suche nach qualifizierten Informatikern haben?

Nein, das ist nicht das Ziel von Fox & Sheep, durch die Nutzung unserer Apps die Programmierer von morgen auszubilden. Unsere Apps sind ein erster Berührungspunkt mit der digitalen Welt, um Eltern und Kinder langsam an dieses Thema heranzuführen. In der Digitalwerkstatt, die wir eröffnet haben, ist es aber sehr wohl unser Anspruch, Kindern im Alter von 6-14 Jahren Programmieren und den Umgang mit 3D-Druckern und digitalen Bastelmaterialien beizubringen. Nicht mit der primären Zielsetzung, sie für den Arbeitsmarkt der Zukunft auszubilden, sondern um sie zu befähigen, die digitale Welt nicht nur zu konsumieren, sondern in Zukunft auch zu gestalten.

Auf einem freien Markt könnte es für Unternehmen lukrativ sein, Kinder von den eigenen Spielen süchtig zu machen – gerade, wenn die Eltern nicht darauf achten, wie ihre Kinder ihre Smartphones nutzen. Das Pendant sind die so genannten “Serious Games”, deren Entwickler den Anspruch erheben, pädagogische Inhalte zu vermitteln. Wie schwierig ist es, zu beurteilen, welches Spiel auf dem Smartphone sinnvoll für ein Kind ist und von welchem es auf jeden Fall die Finger lassen sollte?

Das wird zum Glück immer leichter, gute Apps zu finden und sie als solche zu erkennen. In der Kinderkategorie der Appstores sind ausschließlich Apps mit kindgerechten Inhalten – das wird vor Veröffentlichung von Google und Apple geprüft. Dann geben die Bewertungen anderer User guten Aufschluss darüber, ob eine App hochwertig ist oder Kinder nur verleiten möchte. Und am besten ist man beraten, wenn man Apps ohne In-App-Purchases für seine Kinder herunterlädt, da man da sichergeht, dass das Kind in der App keinen weiteren Content kaufen muss, um die App spielen zu können.

Ein anderes Thema: Die Wochenzeitung Die Zeit nannte Sie mal das “Poster-Girl der Startup-Szene”. Tatsächlich scheinen Sie aber einige Dinge ganz anders zu machen als viele andere Gründer, nicht nur, dass Sie als Gründerin ohnehin einer Minderheit angehören: Erst ziehen Sie Fox & Sheep ohne viel fremdes Risikokapital auf und führen das Unternehmen rasch in die schwarzen Zahlen. Nun legen Sie zwar einen Exit hin, behalten aber immer noch Unternehmensanteile und bleiben auch als Geschäftsführerin an Bord. Der derzeitige Trend des “Serial Entrepreneurs” – also das rasche Neugründen nach erfolgreich abgeschlossenem Projekt – scheint Sie nicht zu reizen. Was sind Ihre Beweggründe?

Ich komme aus einem Familienunternehmen, welches von meinem Vater in neunter Generation geführt wird und habe Unternehmertum immer als etwas Langfristiges und Nachhaltiges kennengelernt. Mein Anspruch ist es, Fox & Sheep dauerhaft erfolgreich zu führen und nicht nach dem Verkauf an HABA auf das nächste Thema zu springen. Ich habe noch so viele Ideen für die digitale Zukunft von Kindern, die ich unter dem Dach von Fox & Sheep verwirklichen möchte, dass ich der Meinung bin, dass man auch innerhalb eines Unternehmens Serial Entrepreneur sein kann.

Nach der von Ihnen angesprochenen Übernahme durch den etablierten Spielzeughersteller HABA ist Fox & Sheep auch ein Beispiel dafür, wie “Old” und “New Economy” voneinander profitieren können. Welche wesentlichen Vorteile haben Sie durch den neuen Mehrheitseigner schon feststellen können?

Von der Idee bis zur Eröffnung der Digitalwerkstatt hat es vier Monate gedauert, weil HABA unsere Vision von digitaler Bildung teilt und schnelle Entscheidungswege für uns möglich macht. Es ist ein großer Vorteil ein Familienunternehmen an unserer Seite zu haben, welches nicht in Jahren, sondern Jahrzehnten denkt und bereit ist, mit uns die Weichen für digitale Bildung von Kindern zu stellen. Gleichzeitig erkennen sie an, dass wir ein kleines wendiges Schnellboot sind und bleiben wollen und geben uns volle Freiheit in unserem Tagesgeschäft. Ich glaube fest daran, dass wir in Deutschland am meisten davon profitieren, wenn Startups und Old Economy in Zukunft Seite an Seite arbeiten und sich für ihre jeweiligen Stärken schätzen, als ihre gegenseitigen Schwächen aufzuzeigen.

Zu guter Letzt: Können Sie bitte diesen Satz vervollständigen: Berlin ist…

… für mich der perfekte Ort, um ein internationales Startup zu führen, meine Kinder groß zu ziehen und die Zukunft zu gestalten.

Frau Pausder, vielen Dank für dieses Gespräch. Für die kommenden fünf Jahre wünschen wir Ihnen viel Erfolg im Programm “Young Global Leaders”!

Vielen Dank!

Das könnte Sie auch interessieren