René Gurka

Kategorie: Cluster/Strategien

Der neue Geschäftsführer der Berlin Partner GmbH, René Gurka (35), ist ein ausgewiesener Fachmann, wenn es um Standortmarketing, Unternehmensansiedelung und innovative Technologien geht. In den vergangenen Jahren war er in führender Position für die Deutsch-Amerikanische Handelskammer in Atlanta und San Francisco tätig. Den Standort in Kalifornien hat er nicht nur aufgebaut und geleitet, er führte außerdem das weltweit erste Gemeinschaftsbüro der Agenturen der Deutschen Außenwirtschaft und des Industrial Investment Coucil (IIC). 1996 hat er ein erfolgreiches Handelsunternehmen für Telekommunikationslösungen gegründet und bis 2001 geleitet. Der studierte Jurist (Schwerpunkt Wirtschaftsrecht) steht nun als Chef der Berlin Partner GmbH vor großen Herausforderungen. Projekt Zukunft sprach mit René Gurka über die Chancen, Potenziale und Schwächen Berlins, die Zusammenarbeit mit anderen Fördereinrichtungen und Netzwerken in Berlin und Brandenburg, und wie man in Amerika über Berlin denkt.

Herr Gurka, Sie kommen frisch aus den USA. Was ist Ihr erster Eindruck von Berlin?

Ich hatte auch in meiner Zeit bei der Auslandshandelskammer immer Kontakt nach Deutschland und war regelmäßig etwa alle zehn Wochen in Berlin. Mir fällt auf, dass die Stimmung sich im vergangenen Jahr sehr gewandelt hat. Statt Pessimismus und negativen Statements herrscht jetzt Optimismus. Das strahlt sehr positiv nach außen aus. Berlin wird in den USA in einem Atemzug mit anderen großen europäischen Metropolen genannt. Diesen Sog sollten wir nutzen.

Berlin und Amerika verbindet eine enge historisch gewachsene Freundschaft. Was kann Berlin von Amerika lernen?

Es herrscht dort eine viel ausgeprägtere Unternehmerkultur als in Deutschland. Ein eigenes Unternehmen zu gründen lernen die Kinder dort schon in der Schule. Aber auch hier ist Berlin weiter als andere Städte in Deutschland. Ich habe erfahren, dass die Existenzgründungsquote hier einen Spitzenwert erreicht. Bei der frühen Unterstützung von Gründern, zum Beispiel durch Wagniskapital, können wir hier aber noch viel von den USA lernen.

Was werden Sie in den ersten hundert Tagen unternehmen, und welche Ziele möchten Sie langfristig mit Berlin Partner erreichen?

Ich werde mich einarbeiten, viel mit meinen Mitarbeitern reden, die wichtigen Leute außerhalb von Berlin Partner kennen lernen und genau zuhören. Berlin Partner ist sehr gut aufgestellt. Neue Akzente werden sich aus der Arbeit ergeben. Berlin Partner hat dank meines Vorgängers Roland Engels einen sehr guten Ruf. Darauf können wir aufbauen. Langfristiges Ziel ist es, dass Berlin den Turnaround endgültig schafft, und dass Berlin Partner einen gehörigen Anteil daran hat.

In den vergangenen Wochen gab es in Berlin die Kontroverse, ob die Berliner und Brandenburger Wirtschaftsfördereinrichtungen fusionieren sollten oder nicht. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat sich dagegen ausgesprochen, Wirtschaftssenator Harald Wolf hingegen dafür. Welche Perspektiven sehen Sie hier?

Soviel ich weiß, gab es hierzu noch keinen endgültigen Beschluss der beiden Landesregierungen. Die Frage, in welcher Form Berlin Partner und die Zukunftsagentur Brandenburg mittelfristig zusammenarbeiten werden, entscheiden unsere Gesellschafter – auch die Kammern, die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg und die privaten Unternehmen, die insgesamt 55 Prozent Anteile an Berlin Partner halten. Aber zu einer engen Zusammenarbeit – wie auch immer organisiert – gibt es keine Alternative. Wir praktizieren das ja heute schon, haben gemeinsame Teams und vermarkten die Hauptstadtregion zusammen. Das will niemand aufgeben. Denn die Region wird nur gemeinsam im internationalen Wettbewerb eine Chance haben, nicht in einer fruchtlosen Konkurrenz gegeneinander.

Berlin hat seit der Wiedervereinigung dramatische Strukturwandlungen erlebt. Heute zeigt sich die Stadt als Kulturmetropole, politisches Zentrum und Mekka der Kreativindustrie. Was hat die Stadt wirtschaftlich zu bieten, und was fehlt ihr?

Berlin hat die Zutaten für die Zukunft: Kreativität, Wissen, im internationalen Vergleich niedrige Kosten, gut qualifizierte, oft mehrsprachige Arbeitskräfte. Durch die schwierige jüngere Geschichte bedingt gibt es in Berlin aber wenige Zentralen großer Unternehmen. Die einheimischen Unternehmen sind oft klein. Aber das ist auch eine große Chance. Denn kleine Unternehmen wachsen überproportional, sind oft schneller und kreativer als große.

Die Berlin Partner GmbH als zentrale Wirtschaftsförderinstitution will Berlin für Unternehmen und Investoren als Wirtschaftsstandort schmackhaft machen. Wen wollen Sie für Berlin gewinnen, und wie überzeugen Sie potenzielle Investoren?

Wir wollen das nicht nur, wir tun das bereits. Berlin Partner hat im vergangenen Jahr 90 Ansiedlungsprojekte erfolgreich abgeschlossen und 4.760 Jobs sowie mehr als 300 Millionen Euro Investitionen nach Berlin geholt. Berlin ist sehr interessant für Unternehmen aus Hochtechnologiebereichen und für qualifizierte Dienstleistungen. Wenn ein Investor ernsthaft an Berlin interessiert ist, haben wir gute Chancen, zumindest in die enge Auswahl zu kommen. Denn die Mischung aus niedrigen Kosten und anspruchsvoller Wissenschaft ist international absolut konkurrenzfähig.

Sie selbst haben sich mit einem Handy-Unternehmen selbstständig gemacht. Berlin setzt im Rahmen seiner Standortstrategie auf Kommunikationstechnologien. Welche Potenziale sehen Sie hier, und welchen Tipp können sie jungen Berliner Start-ups für einen erfolgreichen Start geben?

Unternehmensgründer sollten sich frühzeitig Partner für die Finanzierung suchen und nicht zu lange im Verborgenen tüfteln. Sie sollten rechtzeitig darauf achten, dass ihr Produkt auch Abnehmer findet. Es muss marktfähig sein, nicht immer hundertprozentig technisch perfekt. Deutsche Unternehmensgründer haben oft sehr gute Technologien, tendieren aber manchmal zu „overengineering“.

Die Berliner Landesinitiative Projekt Zukunft hat in den letzten Jahren den Strukturwandel der Stadt in den Bereich Medien-, Informations-, Kommunikations- und Kulturwirtschaft, häufig in Partnerschaft mit Berlin Partner und seinen Vorgängerorganisationen, mit gestaltet und vorangetrieben. Wo und wie können, bzw. sollten, Berlin Partner und die Landesinitiative zukünftig zusammenarbeiten?

Never change a winning team. Wo wir erfolgreich zusammen gearbeitet haben, sollten wir das weiter tun. Wir sollten aber auch darüber reden, wo wir besser werden können. Wir brauchen starke Netzwerke, die Berlins technologieorientierte Cluster stärken. Die verschiedenen Akteure können sich aber noch besser gegenseitig abstimmen und stärker an einem Strang ziehen.

Die Landesinitiative wird im Herbst ihr 10-jähriges Bestehen feiern, was werden Sie ihr ins Gästebuch schreiben?

Auf die nächsten zehn Jahre!

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