Roland Engels

Kategorie: Innovationsstrategien

Roland Engels, der neue Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Berlin International GmbH, tritt die Nachfolge von Dr. Hans Estermann an. Der studierte Volkswirt und Jurist war seit Januar 2003 stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK und dort für Standortpolitik sowie Wirtschafts- und Finanzpolitik zuständig. Projekt Zukunft sprach mit Roland Engels über Maßnahmen zur Vermarktung des Standorts Berlin und die Gründe von Investoren, sich für Berlin zu entscheiden.

 

Wo werden Sie in Ihrer Arbeit Akzente setzen?

Die Wirtschaftsförderung Berlin International (WFBI) ist die zentrale Anlaufstelle, die neu in die Stadt kommende Unternehmen betreut und Berliner Firmen bei ihrem Exportgeschäft berät und unterstützt. Die Kombination aus Branchen-Know-how und Länderkompetenz in der WFBI ist gut geeignet, den Wirtschaftsstandort Berlin zielgerichtet zu bewerben und ansässige Unternehmen umfassend zu informieren. Bei der Akquisition von Firmen stehen Kommunikation, Life Sciences, Mobilität und Dienstleistungen im Vordergrund. Das sind Branchen, in denen Berlin bereits gut aufgestellt ist beziehungsweise besondere Chancen aufzuweisen hat.

Mit der neu gegründeten WFBI sind Akquisition, Auslandsberatung und Bestandspflege in einer Gesellschaft vereint. Weiter ausbauen möchte ich die Zusammenarbeit mit dem Senat, den Marketinggesellschaften und Fördereinrichtungen, den Kammern und Verbänden sowie den Partnern in Brandenburg. Nur in Kooperation mit allen Akteuren, die mit Wirtschaftsförderung unmittelbar oder mittelbar zu tun haben, können die Anforderungen der Unternehmen optimal erfüllt werden. Hierbei kommt der Kundenorientierung unserer Angebote und Leistungen eine Schlüsselfunktion zu. Zufriedene Unternehmen werden sich positiv über den Standort äußern. Für Standortentscheidungen sind neben wirtschaftlichen Fakten auch tendenziell weichere Rahmenbedingungen wichtig. So geht es auch darum, für Unternehmen schnelle und zuverlässige Entscheidungen herbeizuführen. Die Schaffung der Zentralen Anlauf- und Koordinierungsstelle (ZAK) im Wirtschaftssenat ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Gemeinsam mit der ZAK wird die WFBI weiter an der Realisierung eines wirtschaftsfreundlichen Klimas in Berlin arbeiten.

In nächster Zeit wird es schließlich auch darum gehen, die im vergangenen Jahr vollzogene Fusion aus WFB und BAO zur Wirtschaftsförderung Berlin International intern zum Abschluss zu bringen.

 

Nach Zusammenführung der WFB mit der BAO arbeiten im Ludwig Erhard Haus nun Akquisiteure und Exportförderer in einer Gesellschaft unter einem Dach. Demnächst wird es zum Zusammengehen der Partner für Berlin GmbH und der Wirtschaftsförderung Berlin International GmbH kommen. Welche strategischen Vorteile sind zu erwarten?

Ziel von WFBI und Partner für Berlin sind die Verzahnung von Ansiedlungs- und Außenwirt-schaftsaktivitäten mit dem Hauptstadtmarketing. Eine derartige Konstellation bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich. Die jahrzehntelange Erfahrung der Wirtschaftsförderung für Branchen und Länder kombiniert mit den Netzwerkstrukturen und der Marketingkompetenz von Partner für Berlin bilden gute Voraussetzungen für eine effizientere Arbeitsweise. Sehr hilfreich wird für das Fördergeschäft die noch engere Einbindung unternehmerischen Engagements sein. Im Ergebnis wird die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes dadurch besser sichtbar werden. Damit wird deutlicher ins Bewusstsein gerückt, dass Unternehmen in Berlin Gewinne erzielen können.

 

Berlin steht in Konkurrenz mit anderen Metropolen. Wie kann sich die Stadt dem Wettbewerb stellen? Wo liegen die Vorteile des Standortes?

Im Vergleich mit anderen Metropolen ist das Preis-Leistungsverhältnis in Berlin konkurrenzlos. Hier gibt es qualifizierte und motivierte Arbeitnehmer, preiswerte Büros oder Gewerbeflächen in allen Lagen und eine hohe Lebensqualität. Berlin ist das politische Entscheidungszentrum Deutschlands. Neben der Regierung haben zahlreiche Spitzenverbände aus Wirtschaft und Wissenschaft hier ihren Sitz. Die Nähe zu Bundesministerien, Projektträgern oder Banken bietet optimale Bedingungen für Forschungsvorhaben und deren Kommerzialisierung. Berlin wird mehr und mehr das deutsche Zentrum für Modernisierung und Strukturwandel und bietet Unternehmern so das ideale Umfeld, um erfolgreich zu investieren.

Mehr als sechs Millionen Menschen treffen sich jedes Jahr auf den rund 100.000 Tagungen und Kongressen in Berlin. Die Veranstaltungen fördern persönliche Kontakte und erleichtern den Einstieg in die Business-Community und zu neuen Märkten. In der Mitte des europäischen Wirtschaftsraums gelegen, ist Berlin Tor nach Ost und West zugleich. Durch die Erweiterung der EU ab Mai 2004 vergrößert sich der Binnenmarkt um 100 Millionen Menschen. Berlin nimmt mit seinen spezifischen, kulturellen und historischen Erfahrungen eine Schlüsselrolle bei der Integration der neuen Märkte ein und bietet international agierenden Unternehmen hervorragende Chancen.

Nicht zu vergessen sind die Kulturvielfalt und die gute Lebensqualität der Stadt. Dazu gehört beispielsweise auch, dass die 3,4 Millionen Einwohner in einer der sichersten Großstädte Europas leben. Auch dass ein Viertel der Berliner Stadtfläche aus Wasser-, Wald- und Grünflächen besteht, begeistert die Berlin-Interessierten. Den Wohnungsmarkt kennzeichnen attraktive Wohnlagen und günstige Preise - vom renovierten Innenstadtquartier bis zur Villa am Wasser. Das Berliner Kulturangebot sticht ebenfalls positiv heraus. Täglich finden rund 1.500 kulturelle Veranstaltungen statt. In den 2.300 Kultureinrichtungen arbeiten mehr als 25.000 Menschen aus aller Welt. Und mehr als dreieinhalb Millionen Zuschauer sehen jedes Jahr die Aufführungen der Berliner Bühnen. So ist die Kultur auch zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in Berlin geworden.

Das sind gute Voraussetzungen, um im Wettbewerb mit anderen Metropolen zu bestehen. Berlin muss diese Vorteile allerdings noch stärker kommunizieren.

 

Die Eröffnung der SAP-Niederlassung und der Musikkonzern Universal sind beachtliche Ansiedlungserfoge. Was sind die ausschlaggebenden Gründe, die zur Entscheidung für den Standort Berlin führen?

Die Gründe, die zu einer Standortentscheidung in Berlin führen, sind so vielfältig wie die Unternehmen selbst. Für die Musikbranche ist es die bunte und kreative Szene, für die Medien ist es die Nähe zur Politik mit kurzen Wegen zu Kanzleramt und Bundestag, für forschungsintensive Firmen ist es das Berliner Innovationspotenzial mit seinen Universitäten und Fachhochschulen. Es gibt Unternehmen, die von Berlin aus auf den Märkten in Mittel- und Osteuropa aktiv werden möchten und Firmen, für die das modernste Telekommunikationsnetz in Europa ausschlaggebend ist.

Die WFBI hat unter den Berliner Call Center-Betreibern eine schriftliche Befragung durchgeführt. Auf die Frage nach der Zufriedenheit mit dem Standort Berlin erhielten wir von fast allen Unternehmen eine positive Antwort. 94 Prozent würden sich wieder für die Stadt entscheiden. Für die Call Center ist zum Beispiel die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal ein wichtiges Standortargument.

Zu den von Ihnen aufgeführten Beispielen nur so viel: SAP hat sich für Berlin aufgrund der Nähe zu den Entscheidungsträgern in Politik, Verwaltung und Wirtschaft entschieden. Für Universal waren es nach eigenen Aussagen neben dem kreativen Umfeld mit einem idealen Arbeitsumfeld auch die Gegensätze, die Widersprüche aus alt und neu, aus Beständigkeit und Wandel, die das Unternehmen nach Berlin zogen.

 

Zu den Berliner Besonderheiten gehören die ausgeprägten Strukturen von Institutionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Inwieweit sind durch eine engere Vernetzung untereinander Synergien zu erwarten? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Brandenburg?

Wie bereits ausgeführt, gibt es für mich zwei Schwerpunkte, die es in nächster Zeit zu realisieren gilt

1. der Ausbau der Kooperation im Netzwerk der Akteure.
2. die Schaffung eines wirtschaftsfreundlichen Klimas in der Region.

Die Vernetzung der Akteure bildet die Voraussetzung für ein professionelles und effektives Standortmarketing. Jede Institution hat ihr spezielles Aufgabengebiet. Bei der Kooperation geht es darum, Schnittmengen herauszufiltern und gemeinsame Aktionen abzustimmen. Dazu gehören zum Beispiel die Unternehmen Partner für Berlin, die Technologiestiftung Berlin, das Medienboard Berlin-Brandenburg, die Investitionsbank Berlin, die Berlin Tourismus Marketing, die Messe Berlin, das Industrial Investment Council, die Zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle und auch die Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB). Als Wirtschaftsstandort muss Berlin im regionalen Kontext mit Brandenburg gesehen werden. Nur das macht Sinn, denn für Berlin ist das Umland genauso wichtig wie für Brandenburg die Hauptstadt.

Ein schönes Beispiel für eine gelungene regionale Zusammenarbeit waren übrigens die Aktivitäten anlässlich der Berlintage in Moskau. Im Rahmen des Wirtschaftsteils hat die WFBI zwei Veranstaltungen zum Thema "Life Sciences" und "Kommunale Infrastruktur und Dienstleistungen" durchgeführt. Die Beteiligung von mehr als 100 Unternehmen aus Berlin-Brandenburg und 200 russischen Firmen zeigt das Interesse an derartigen Veranstaltungen. Vergleichbare Aktivitäten wird die WFBI in diesem Jahr zum Beispiel auch noch in China und in Frankreich realisieren.

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