Mindfulness auf der Berlin Fashion Week: Mentale Gesundheit in der Modebranche
Wie steht es um Mental Healtn der der Modebranche? Wir trafen Berliner Designerin Marie Lueder zum Interview. Mehr
Anika Wiest
E-mail: anika.wiest@senweb.berlin.de
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Ihr Modelabel steht für starke Frauen: Mit popeia etablierten Sara Rentsch und Anna Michel ein Fair Fashion Label, das sich auf nachhaltigere und qualitativ hochwertige Basics spezialisiert – als Alternative zu den alltäglichen Fast Fashion Trends. Begonnen haben sie mit weißen und später bunten Socken, bieten mittlerweile auch Beanies, Schals und Shirts an – und planen in diesem Monat den nächsten großen Launch, von dem sie uns hier verraten.
Liebe Sara, liebe Anna – Ihr habt vor anderthalb Jahren Euer Label popeia gegründet. Warum ein Fair Fashion Label, was war die Intention dahinter?
Sara: Als Konsumentinnen hat sich unser eigenes Verhalten stark verändert. Wir wollten unseren Kleiderschrank bewusster gestalten – mit langlebigen, hochwertigen und nachhaltigen Kleidungsstücken. Speziell bei den alltäglichen Basics fanden wir es schwer, richtig gute Teile zu finden, die nicht gleich nach der ersten Wäsche enttäuschen oder lieblos im Laden präsentiert werden. Eigentlich schade, denn für uns beide sind es eben genau Basics, zu denen wir gefühlt an 364 bis 365 Tagen greifen.
So entstand die Idee für popeia: Sich genau auf diese alltäglichen Basics zu fokussieren und ihnen ein Upgrade zu verleihen: nachhaltig, hochwertig und immer mit einem gewissen Etwas. So kreieren wir Schritt für Schritt die Basics, die wir uns selbst auch im Kleiderschrank wünschen.
Ihr habt einen tollen Namen für Euer Label gewählt. Ist popeia tatsächlich an Popeye, den Spinatliebhaber und starken Matrosen, angelehnt?
Anna: Genau, wir wurden in unserer Namensgebung inspiriert von dem starken Seemann Popeye, der mit Spinat zu Superkräften kommt und sich in den Comics für andere einsetzt. Basierend darauf, haben wir die weibliche Version mit popeia ins Leben gerufen, die vor allem durch Empathie zu Superkräften kommt.
Wir glauben nämlich, dass Empathie in unserer Gesellschaft an einigen Stellen zu kurz kommt. Daher wollen wir mit popeia andere dazu inspirieren, mehr auf sich und aufeinander Acht zu geben. Fester Bestandteil unserer Marke ist daher auch, dass wir pro Bestellung Frauen in Frauenhäusern mit frischen Socken versorgen, die dort leider totale Mangelware sind.
Das ist eine großartige Sache – und eure #popeiamission. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen – und wie werden diese Spenden aufgenommen?
Sara: Für uns war es klar, dass wir mit unserem Tun etwas an die Gesellschaft zurückgeben möchten. Frauenhäuser sind Institutionen, in denen von Gewalt betroffene Frauen mit Kindern einen sicheren Ort der Zuflucht finden und ihnen geholfen wird, wieder ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben aufzubauen. Bei Ankunft in einem Frauenhaus kommen die Frauen meist ohne Hab und Gut an und werden vor Ort zunächst mit den nötigsten Dingen ausgestattet. Zum großen Teil sind diese wichtigen Institutionen daher auch auf Spenden angewiesen.
Anna: Frauenhäuser erhalten zwar Kleiderspenden, an Basics wie Socken und Unterwäsche mangelt es vor Ort jedoch total, da diese meist nicht gespendet werden, sondern im Müll oder als Putzlappen enden. Die Sockenspenden werden daher von den Mitarbeitenden mit sehr offenen Händen empfangen und direkt aus der Kleiderkammer an die Frauen im Frauenhaus verteilt.
Was waren die ersten Stolpersteine auf dem Weg zur Gründung – und wo steht Ihr heute, knapp zwei Jahre später?
Sara: Im September 2021 sind wir mit einer einzelnen, weißen Socke gestartet – man muss sich das mal vorstellen. Zwei junge Frauen, die ihrem Umkreis erzählen, sie kündigen ihren Job und machen sich mit Socken selbständig. Zum Glück hatten wir eine Vision, denn für uns war popeia nie nur eine einzelne Socke - obwohl die erste Socke auch RICHTIG gut war!
Von unseren früheren Zeiten als Teammitglieder bei The Female Company konnten wir viel mitnehmen, wie man eine Marke aufbaut, jedoch stellten wir schnell fest: Neue Produkte in verschiedenen Designs und Farben müssen her. Das Schwierigste an dieser Stelle als junges und vor allem selbstfinanziertes Label sind die hohen Abnahmemengen, welche die meisten Produzenten voraussetzen. Der Schlüssel war es für uns daher, gute Partner zu gewinnen, die an uns und unsere Vision glauben. So konnten wir bereits heute, knapp zwei Jahre später, unser Portfolio von einer einzelnen Socke step by step um Beanies, Schals, T-Shirts und Langarmshirts erweitern. Und bald steht der wohl größte Launch in der Geschichte von popeia an.
Das klingt spannend! Könnt Ihr mehr darüber verraten?
Anna: Sehr gern. 2023 wird ein sehr spannendes Jahr für uns. Wir werden noch in diesem Februar unsere neueste Kategorie Unterwäsche in Form einer großen Kampagne launchen. Seit über einem Jahr arbeiten wir gemeinsam mit unserer Community an den Produkten und freuen uns darauf, sie auch endlich zeigen zu können. Zudem planen wir natürlich Schritt für Schritt weitere Basics für den Kleiderschrank zu kreieren.
Als Two-Women-Show freuen wir uns außerdem, dieses Jahr ein kleines Team um uns herum aufzubauen. In jedem Fall bleibt es sehr spannend und wir freuen uns wahnsinnig auf das Jahr.
Begonnen habt Ihr mit Socken – es folgten viele Basics, die jede Frau, jeder Mann im Kleiderschrank haben sollte. Wer designt die Teile und wo lasst Ihr produzieren?
Sara: Das Design unserer Produkte kommt zu 100 Prozent von uns UND unseren Kund*innen. Wir beide haben tatsächlich keinen Hintergrund im Textilbereich, aber wir haben eine genaue Vorstellung, wie unsere Produkte sein sollen. Die Schnitte und die Passform sind uns extrem wichtig. Gemeinsam mit unseren Produzent*innen gehen wir deshalb in mehrere Iterationsschleifen, bis das „perfekte“ Basic herauskommt.
Anna: Zudem haben wir auf Instagram und WhatsApp eine Community aufgebaut, die uns maßgeblich bei Entscheidungen zu Farben und Designs unterstützt. Für unsere neueste Kategorie Unterwäsche haben wir beispielsweise gemeinsam mit Kund*innen auch ein Sizing Event veranstaltet. Hier konnten wir das Feedback hautnah aufnehmen und direkt umsetzen.
Ihr nutzt ausschließlich nachhaltige Materialien – warum war euch das von Anfang wichtig und weshalb sollte besonders in der Fashion-Industrie dringend ein Umdenken stattfinden?
Sara: Nachhaltige und hochwertige Materialien sind für uns absoluter Standard. Die Textilindustrie ist für rund zehn Prozent der weltweiten Emissionen zuständig. Hier etwas zu verändern, hat also einen wirklich ausschlaggebenden Hebel. Uns ist bewusst, dass wir als kleines Unternehmen noch nicht perfekt sind und den Fußabdruck noch nicht maßgeblich zum Positiven verändern können. Wir können aber aufzeigen, dass es möglich ist, nachhaltig und lokal Kleidung zu produzieren. Zudem haben immer mehr Kund*innen das Bedürfnis nach hochwertigen Basics, die sie lange und gern tragen können.
Anna: Wir hoffen, dass wir mit unserem Tun Leute dazu inspirieren, vielleicht weniger, aber dafür hochwertige Kleidung zu kaufen. Denn auch mit Basics lässt sich ein cooler, zeitloser Look kreieren – und vor allem kombinieren!
Stichwort: Female Founders – früher hieß es: Frauen gründen nicht. Das hat sich geändert. Doch wo seht Ihr nach wie vor Schwierigkeiten, was muss dringend getan werden? Und wie würdet Ihr Gründerinnen motivieren, ihren Traum vom eigenen Startup zu verwirklichen?
Sara: Das ändert sich von Jahr zu Jahr und das finden wir natürlich großartig. Trotzdem ist es, wie du sagst, so, dass mit einem Anteil von 20 Prozent deutlich weniger Gründerinnen als Gründer in der deutschen Startup-Szene unterwegs sind. Die Gründe dafür sind unserer Meinung nach vielfältig. Sicherlich kann es auch damit zu tun haben, was Frauen von anderen zugetraut wird und was Frauen sich selbst zutrauen.
Anna: Wir haben es auch selbst erfahren. Schnell heißt es: „Du bist zu nett“, oder auch „Wie schaffst du das eigentlich?“ Und schnell kommen Zweifel auf. Aber man muss auf sich hören und einfach machen. Was helfen kann, ist es, das riesig scheinende Projekt in kleine Stücke zu brechen und Schritt für Schritt anzugehen. Ein Unternehmen aufzubauen hat nichts mit dem Geschlecht zu tun, sondern vielmehr mit der Willens- und Umsetzungskraft. Und für alle, die noch den Mut brauchen: Fragt euch: Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Was kann uns davon abhalten, es einfach mal zu wagen? Oftmals stellt man nämlich am Ende fest: Alles ist zu schaffen.
Vielen Dank für das Interview!
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