Was wurde aus: Fox & Sheep?

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Porträt von 2 Männern in einem Bürokomplex

Das Foto zeigt die Eigentümer und Geschäftsführer von Fox & Sheep, Timo Dries (r) und Frank Ließner (l)

© Nadine Stenzel

Timo Dries und Frank Ließner haben vor einem Jahr das Berliner Entwicklerstudio Fox & Sheep übernommen. Die beiden langjährigen Mitarbeiter haben das Unternehmen von Gründerin Verena Pausder und der HABA-Firmenfamilie gekauft und sind damit alleinige Eigentümer. Damit kehrt Fox & Sheep zu seinen Wurzeln zurück und ist wieder ein unabhängiger Indie-Entwickler.

Seit seiner Gründung entwickelte sich Fox & Sheep zum erfolgreichsten App-Anbieter für Kinder in Deutschland und kann über 30 Millionen Downloads der eigenen Apps auf der ganzen Welt verzeichnen. Damit gehört das Berliner Entwicklerstudio zu den Top 10 in Europa und zu den Top 25 weltweit. Im Portfolio von Fox & Sheep befinden sich preisgekrönte Apps wie "SHINE – Journey of Light", "Kleine Feuerwehr" oder "Schlaf gut".

Timo Dries und Frank Ließner arbeiteten bereits schon damals beim Mobile Game-Entwickler Wooga zusammen. Dries stieg 2015 zunächst als Chief Product Officer bei Fox & Sheep ein, Ließner kam 2016 als CTO dazu. Die von dem Duo entwickelten Apps werden von Millionen Kindern und Familien auf der ganzen Welt gespielt und haben zahlreiche Preise, unter anderem den renommierten "Webby Award", gewonnen.

Vom reinen App-Entwickler zum hochwertigen Content-Studio  

Das Unternehmer-Duo hat sich gleich zu Beginn vorgenommen, das Studio vom reinen App-Entwickler zum Content-Studio für hochwertige Inhalte aus- und umzubauen.

Diese Entwicklung sei der einzig logische Schritt in eine erfolgreiche Zukunft gewesen, betont Dries: „Schauen wir uns an, wie viele Figuren wir über die Jahre erschaffen haben, die Millionen von Fans auf der gesamten Welt haben, wäre es verschenktes Potential, nicht weiter auf ihnen aufzubauen. Es steckt so viel Arbeit und Liebe in den Welten, die wir für unsere Apps gestalten, gleichzeitig sind wir durch das Medium App auch in gewissen Bereichen limitiert. Mit dem Vormarsch von Streamingdiensten im Video- und Audiobereich können wir unsere Themen in Zukunft außerdem noch besser miteinander vernetzen; ganz ohne Medienbruch und ohne unsere digitale Komfortzone zu verlassen.“

Es ist ihnen gelungen, nicht mehr nur Apps sondern weitere hochwertige digitale Produkte für Kinder herzustellen wie Animationen, Hörspiele und Podcasts – trotz einiger Startschwierigkeiten: Ihren Kaufabschluss tätigten sie mit Beginn der Corona-Krise im März 2020: „Nur zwei Tage später haben wir alle Mitarbeiter*innen ins Homeoffice geschickt und uns seitdem fast nur per Video gesehen. Umso verrückter ist es jetzt auf das Jahr zurückzublicken“, sagt Geschäftsführer Timo Dries.

Kids werden in den Entwicklungsprozess mit einbezogen

Es habe natürlich seine Zeit gebraucht, sich vollständig von der HABA-Firmenfamilie zu lösen. Allerdings sei es auch in der Vergangenheit immer möglich gewesen, größtenteils frei und agil zu arbeiten, betont Timo Dries: „Vielen unserer Nutzer*innen war gar nicht bewusst, dass wir zu HABA gehören, somit war die Umstellung nicht sonderlich groß. Gleichzeitig haben wir aber nun auch keinen finanziellen Fallschirm mehr im Rücken“, sagt Timo Dries und gibt zu: „Einfach war der Trennungsprozess nicht. Vor allem für die Mitarbeiter*innen, da für einige Monate nicht klar war, ob der Verkauf zustande kommen würde. Aber alle sind dabeigeblieben, haben an Franks und meine Vision für Fox & Sheep geglaubt und uns auf dem ganzen Weg unterstützt. Nun besitzen wir beide alle Anteile an der Fox & Sheep GmbH.“

Dabei sei es dem Team von Fox & Sheep von Anfang an wichtig gewesen, die Ideen der Kinder in den Entstehungsprozess der Produkte mit einzubeziehen: „Wir glauben, nur so ist es möglich, unsere junge Zielgruppe zu verstehen und richtig anzusprechen. Vielen Produkten, die von Erwachsenen für Kinder entworfen werden, fehlt es unserer Meinung nach an Witz, Diversität und leider auch Qualität. Zudem müssen vor allem digitale Produkte international gedacht werden“, so Dries.

Erste TV-Projekte geplant

Es sei der Zusammenhalt und der Teamgeist, die Fox & Sheep so erfolgreich machen, betont Timo Dries: „Dank eines fantastischen Teams haben wir seitdem vier neue Apps veröffentlicht und drei weitere entwickelt.“ Außerdem sind in Kooperation mit dem Migo Verlag zwei Kinderbücher erschienen und die nächsten beiden befinden sich bereits im Druck. Seit Anfang des Jahres sind außerdem zehn neue Folgen der Hörspielreihe "Rund um die Welt mit Fuchs und Schaf" auf allen Streamingplattformen und auf CD erhältlich. Ebenfalls in der Pipeline: Das erste TV-Projekt in Koproduktion mit einem kanadischen Animations-Studio. Ein weiteres Herzensprojekt des Duos: die Veröffentlichung einer eigenen "Tonie-Hörfigur": „Als "Toniebox"-Fans der ersten Stunde haben wir uns damit einen kleinen Traum erfüllt. Abgesehen davon sind natürlich die TV-Produktionen die größten und auch verrücktesten Projekte, die für unser kleines Studio anstehen.“

Gut vernetzt am Standort Berlin

In Berlin ist die Entwicklerszene eng vernetzt – ein Umstand, von dem Dries und Ließner bereits seit einigen Jahren profitieren: „Wir lieben den Austausch und deshalb gefällt uns die Kinderapp-Szene auch so gut. Weit weg von eingestaubten Verlagsstrukturen treffen wir hier auf kluge und wahnsinnig kreative Menschen. Und eines eint sie fast alle: Der Drang schöne, sichere und sinnvolle Produkte zu entwickeln, um Kindern (und natürlich auch Eltern) einen guten Einstieg in die digitale Welt zu ermöglichen.“ Und er ergänzt: „Vor der Pandemie hatten wir unsere eigene Kids App Developer-Konferenz namens "THE KIDS WANT MOBILE". Dort trafen sich in den vergangenen Jahren die bekanntesten Kinder-App-Studios zum jährlichen Austausch.

Wir hoffen sehr, im nächsten Jahr, wenn der Spuk vorüber ist, wieder Entwickler*innen aus der ganzen Welt hier in Berlin begrüßen zu können. Solange tauschen wir uns mit Gleichgesinnten in der Kinderapp-Szene aus – und das bringt viele kreative Prozesse in Gang“, hofft Timo Dries.

Auch, wenn Fox & Sheep mit internationalen Illustrator*innen und Entwickler*innen zusammenarbeitet, bleibt der Standort in Berlin – denn die Stadt stehe nach wie vor für Weltoffenheit, Wahnsinn und Abenteuer und ist ein Mekka für Kreative, so Dries. Ebenso sei er vor vielen Jahren aus genau diesen Gründen nach Berlin gekommen und nie enttäuscht worden.

Und wo sieht er sein Unternehmen in fünf Jahren? Timo Dries zitiert einen englischen Kollegen, der einmal sagte: „In unserem Geschäft muss man in der Lage sein, sein Business Model alle drei Monate vollständig zu überdenken. Wenn man dies vor Augen hat, wirken fünf Jahre natürlich wie eine Ewigkeit. Denn was wir im vergangenen Jahr vor allen Dingen gelernt haben, ist: TV braucht Zeit, viel mehr Zeit als wir es gewohnt sind. Von daher wollen wir in fünf Jahren drei TV-Serien umgesetzt und weitere Produktionen angestoßen haben.

Wenn wir im Hörspielbereich im gleichen Tempo weiter produzieren, werden wir dann etwa 150 bis 200 Hörspiel-Episoden veröffentlich haben. Auf der App-Seite werden wir voraussichtlich weniger, dafür aber größere und aufwändigere Projekte umsetzen.

Der Fox & Sheep-Agenturarm wächst gerade. Falls sich das weiterhin positiv entwickelt, wäre es denkbar, ein eigenes Agentur-Entwicklungs-Studio aufzubauen.

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