
Nadine Jüdes (l.) und Amira Gutmann-Trieb (r.) © Berlin Partner
© Berlin Partner
Amira Gutmann-Trieb & Nadine Jüdes von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie
„Innovationen von heute können die Arbeitsplätze von morgen sein.“ Mehr
Anika Wiest
E-mail: anika.wiest@senweb.berlin.de
Telefon: (030) 90138423
André Schmitz ist seit November 2006 Staatssekretär für Kultur beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der im Senat die Verantwortung für das Kulturressort trägt. Schmitz ist gelernter Jurist und verfügt über praktische Erfahrungen in der Kulturszene: Der 50-Jährige arbeitete als Verwaltungsdirektor unter anderem am Stadttheater Hildesheim und an der Berliner Volksbühne. Auch die Berliner Opern sind ihm gut vertraut: 1997 wurde er geschäftsführender Direktor der Deutschen Oper Berlin. Dort war er im Dezember 2000 auch kommissarischer Intendant. Darüber hinaus saß der gebürtige Oberhausener in zahlreichen Kulturgremien, darunter bei der Filmförderungsanstalt, dem Medienboard Berlin-Brandenburg und im Kuratorium des Deutschen Historischen Museums in Berlin, ehe er 2001 Staatssekretär und Chef der Senatskanzlei des Landes Berlin wurde.
Unter dem Titel „Herausforderung Kulturwirtschaft“ findet am 8. und 9. November in Berli die "Kulturpolitische Tagung" statt. Die gemeinsame Veranstaltung der Berliner Kulturverwaltung mit der Berliner Kulturprojekte GmbH und dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, setzt sich mit den Chancen und Risiken auseinander, die sich durch die Kreativwirtschaft für den gemeinnützigen Kulturbetrieb ergeben. Projekt Zukunft befragte André Schmitz im Vorfeld der Tagung zu dem schwierigen Verhältnis zwischen Wirtschaft und Kultur und wie er die Berliner Kreativwirtschaft unterstützen will.
Zur Kulturpolitischen Tagung treffen Akteure aus Politik und Kulturbetrieben zusammen, um über Strategien und Perspektiven der Kulturwirtschaft zu beraten. Was versprechen Sie sich von dieser Tagung?
Die Tagung, die wir gemeinsam mit dem Bund initiiert haben, hat ausdrücklich nicht die „Strategien und Perspektiven der Kulturwirtschaft“ zum Gegenstand. Eine solche Tagung wollten wir ganz bewusst nicht, denn die Zeit, in der man für die Kulturwirtschaft massiv Sensibilisierung betreiben musste, dürfte vorbei sein angesichts zahlloser Berichte, Studien und Programme auf allen Ebenen von EU- bis Bezirksebene.
Unser Thema ist vielmehr die Frage, wie die Kulturpolitik auf die verstärkte Wahrnehmung der Dynamik in der gewerblichen Kulturwirtschaft reagiert, ob der veränderte Blick auf die gewerblichen Akteure kulturpolitische Konsequenzen hat, wo die Schnittstellen zwischen dem Non-profit und dem Profit-Bereich liegen und wie dort Synergieeffekte zum beiderseitigen Vorteil organisiert werden können.
Ich verspreche mir daher von dieser Tagung einen lebendigen Austausch über Ideen und Anregungen für die künftige Kulturpolitik Berlins vor dem Hintergrund einer wachsenden Bedeutung der gewerblichen Kulturwirtschaft. Die Kulturpolitik muss neben ihren originären Zielen, den Eigenwert der Kultur und ihre sinnstiftende Funktion betreffend, künftig die Bedürfnisse und Auswirkungen auf die profit-orientierten Akteure mitdenken. Hierüber hat es bislang noch keinen Austausch gegeben, die Berliner Tagung ist ein Anfang.
Was haben Kultur, Kreativität und Wirtschaft miteinander zu tun? Wirtschaftspolitik steht im Allgemeinen nicht gerade in dem Ruf, sich für Kunst und Kultur verantwortlich zu fühlen. Sind Marktmechanismen und eine kulturpolitische Auffassung, die Kunst und Kultur als wertsetzende und sinnvermittelnde Sphäre jenseits des Markthandelns versteht, unversöhnliche Positionen? Wo gibt es Annäherungen?
Was Kultur und Wirtschaft miteinander zu tun haben? Alles! Ohne Ideen, ohne Experimente, ohne Wagnisse und ohne den gewaltigen Hintergrund des europäischen kulturellen Erbes gibt es keine global konkurrenzfähige, wissensbasierte Wirtschaft. In Berlin nicht und in Europa nicht. Deshalb ist auch der Vorschlag für ein Europäisches Jahr der Kreativität und Innovation in 2009 kein Zufall.
Wichtig ist aus meiner Sicht: Es sind Einzelpersonen, diejenigen, die durch ihr Schaffen Urheber- und Leistungsschutzrechte erwerben, die am Anfang aller Wertschöpfungsketten stehen. Nehmen wir ein Beispiel: Druckereien, Verlage, Buchhandlungen, Großhandel und Antiquariate, auch die Filmbranche und die Gamesindustrie hängen davon ab, dass jemand eine gute Story erfindet. Doch was müssen wir feststellen: Die Urheber lieben Berlin, sie kommen aus ganz Europa hierher, und sie verdienen im Durchschnitt (und der trügt schon) so schlecht wie eh und je.
Dabei ist klar: Mit Kultur und Kreativität lässt sich Geld verdienen. Der Kreativbereich bewegt – alle Teile zusammengenommen – sogar sehr viel Geld. An einigen Stellen kann man erhebliche Gewinne erwirtschaften, an anderen eben nur einen Deckungsbeitrag. Doch darf nicht übersehen werden: Auch die großen öffentlich geförderten Kultureinrichtungen bestreiten einen erheblichen Teil ihrer Kosten mit eigenen Einnahmen. Und auf der anderen Seite empfängt die gewerbliche Wirtschaft in erheblichem Maße öffentliche Beihilfen. Und selbst wo keine öffentlichen Hilfen im Spiel sind (ich denke da an den sogenannten dritten Sektor), ist die wirtschaftliche Bedeutung nicht zu unterschätzen. Sei es direkt, weil sie Beschäftigung schafft und Aufträge für die Wirtschaft auslöst, sei es indirekt, denn was wäre z. B. der Tourismus in Berlin ohne die kulturellen Highlights dieser Stadt? Und was wäre er ohne die Kreativen, die Szene, die vielen kleinen Events jeden Tag, die Kinos, Clubs, Kleinkunstbühnen, Autoren, Buchhandlungen oder die Musicals? Zusammen mit dem Non-profit-Bereich prägen diese Akteure und Events maßgeblich das Profil der Stadt, ihr Flair und damit ihre Anziehungskraft.
Doch so wichtig diese Erweiterung der Perspektive auch durch die Kulturpolitik ist, so klar ist aber auch: Die Politik hat weiterhin die hergebrachte Verantwortung dafür, Freiräume für Experimente ohne Aussicht auf kommerzielle Verwertbarkeit zu bewahren, die Kunst und Kultur um ihrer selbst willen zu fördern, die kulturelle Vielfalt zu erhalten und die Werthaltigkeit der Kultur nicht aus dem Blick zu verlieren. Die ökonomische Betrachtungsweise ist ein wichtiger Aspekt, aber beileibe nicht der einzige.
Welche inhaltlichen Schwerpunkte wollen Sie zur Unterstützung der Berliner Kreativwirtschaft setzen?
Das zu bestimmen, soll uns zum einen die anstehende Tagung helfen. Zum anderen erhoffen wir uns vom nächsten Kulturwirtschaftsbericht einen Beitrag dazu, die Schnittstellen zwischen Profit- und Non-profit-Bereich noch besser zu verstehen, um durch gezielte Förderung wechselseitige Synergien auszulösen.
Vielversprechend ist auch der gerade anlaufende Versuch, ein Clustermanagement für den Bereich von Kultur und Kreativität zu installieren und so zu einer noch stärker abgestimmten Politik für den gesamten Bereich zu kommen. In diesem Zusammenhang muss es auch darum gehen, den Gedanken der Vernetzung und Artikulationsfähigkeit gerade auch im Bereich der Urheber zu stärken. Für sie gibt es keine Kammern, Innungen oder auch nur starke Verbände, die ihre Interessen vertreten können.
Unsere primäre Zielgruppe für konkrete Maßnahmen wird die der Freiberufler und Selbständigen im Bereich von Kultur und Kreativität sein, also die Urheber, Künstlerinnen und Künstler. Die Kulturpolitik hat diese Gruppe bislang meist nur aus dem Blickwinkel der künstlerischen Excellenz betrachtet und gefördert. Aus kulturpolitischer Perspektive geht es aber zugleich darum, ihnen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, etwa durch verstärkte Angebote im Bereich der Weiterbildung auf betriebswirtschaftlichem Gebiet. Hier werden wir in einigen Monaten mit Hilfe von EU-Mitteln konkrete Initiativen starten.
Zugleich werden wir uns dafür einsetzen, dass diese Gruppe, die mit ihrem Werk bzw. ihrer Produktion meist ein enorm hohes unternehmerisches Risiko eingeht, aber von Finanzierungsmöglichkeiten und Förderprogrammen der Wirtschaft bislang kaum erreicht wird, künftig auch von der Wirtschaftspolitik besser mitgedacht wird. Wir wissen, dass auch die Wirtschaftsverwaltung dies will, und sind hier zuversichtlich.
Welche Handlungserwartungen haben Sie an den Bund, der im Dezember die Ergebnisse der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ vorlegen wird? Welche Empfehlungen würden Sie dem Bund aus Sicht des Landes Berlin geben?
In der Enquete ist viel Sachverstand vertreten und sehr viel weiterer Sachverstand angehört worden. Ratschläge gibt es also von allen Seiten mehr als genug. Ein Resümee kann erst gezogen werden, wenn die Ergebnisse vorliegen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die Enquete Erwartungen mit Blick auf den Bereich der gewerblichen Kulturwirtschaft äußert. Etwa eine Verbesserung der statistischen Abbildung des Bereichs oder ein besseres Zusammenwirken des Bundes mit den Ländern bei der Umsetzung der von der Bundesregierung mit Unterstützung der Länder und besonders Berlins maßgeblich geprägten <link http://www.european-creative-industries.eu/Portals/0/Council%20Conclusions_May_07.pdf _blank blaunav>Schussfolgerungen des Rates der EU zur Kreativwirtschaft</link> vom Mai 2007. Wenn ich einen Wunsch hätte, wäre es der nach mehr Mut des Bundes beim Einsatz von Bundesmitteln (etwa im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe oder des ESF) für Künstler und Urheber als Ausgangspunkt aller kulturwirtschaftlichen Wertschöpfung. Hier müssen die spezifischen Bedingungen der kulturellen Schöpfung Berücksichtigung finden, die sich von anderen „Unternehmungen“ eben stark unterscheiden.
Nadine Jüdes (l.) und Amira Gutmann-Trieb (r.) © Berlin Partner
© Berlin Partner
„Innovationen von heute können die Arbeitsplätze von morgen sein.“ Mehr
Für Berliner Startups heißt es ab sofort „Bonjour Paris“, denn die französische Hauptstadt ist nun der vierte Partner des Startup-Austauschprogramms „Start Alliance Berlin“! Die Wirtschaftsförderung Berlin Partner konnte im Rahmen des Programms… Mehr
Die Digitalisierung spielt in der Wirtschaft und Gesellschaft eine immer größere Rolle. Die digitale Transformation ist im vollen Gange. Daher ist auch die Zusammenführung von etablierten Unternehmen und Startups ein Schlüsselthema für die digitale… Mehr