TRANSIT Verlag: „Wir wollen Schubladen aufbrechen.”
Der TRANSIT Verlag ist Preisträger des Berliner Verlagspreises 2024. Ein Gespräch mit Verleger Rainer Nitsche. Mehr
Anika Wiest
E-mail: anika.wiest@senweb.berlin.de
Telefon: (030) 90138423
Für den gewöhnlichen Fernsehkonsumenten ist es gar nicht mehr so einfach, in den vielen Mediatheken spannende Sendungen oder Filme aufzustöbern. Hilfe im Video-Dschungel bieten Anne Krüger und Laura Pohl mit mediasteaks. Damit das vermeintliche Sehvergnügen nicht als Suchmarathon endet, sichten und empfehlen die beiden Gründerinnen Tag für Tag Dokumentationen, Filme und Videos. Projekt Zukunft berichten sie, wie es ihnen gelingt, alle aktuellen “Filetstücke” in den Mediatheken und auf anderen Video-Plattformen zu entdecken.
Guten Tag Frau Krüger, guten Tag Frau Pohl, können Sie uns eine Sache verraten: Wie schaffen Sie es selber, die Übersicht über spannende Fernsehsendungen und -formate zu behalten?
Anne Krüger: Wir scannen jeden Tag die Mediatheken, Videoplattformen und private Anbieter und schauen, was neu reinkommt. Außerdem haben wir natürlich verschiedenste Newsletter abonniert und informieren uns schon vorab, was so in den nächsten Wochen ansteht.
Bis durch das Internet flächendeckend große Datenmengen übertragen werden konnten, hatten Sendeanstalten ein Monopol auf das Ausstrahlen von Bewegtbildern. Als Alternative zum Fernsehen konnten Videos und Dokumentationen höchstens durch physische Datenträger wie Video-Kassetten oder DVDs verbreitet werden. Heutzutage finden sich im Internet dagegen viele Plattformen für Bewegtbilder. Wie hat diese Konkurrenz das Fernsehen verändert?
Anne Krüger: Bisher hat diese Konkurrenz das Fernsehen noch nicht wirklich verändert. Natürlich haben sich einzelne Sendungen erweitert durch das Internet. Da wäre zum einen die Interaktion mit den Zuschauern via Twitter, Facebook & Co. In Talkshows gibt es jemanden, der Kommentare aus den sozialen Netzwerken vorliest oder nach Service-Sendungen sind die Zuschauer eingeladen, per Chat Fragen an Experten zu stellen.
Einige Sendungen werden vor der Ausstrahlung im Fernsehen schon vorab in der Mediathek gezeigt. Andere Sendungen werden in kurze Videos unterteilt, die dann einzeln im Internet hochgeladen werden. Das Neo Magazin Royale, die heute show und Stilbruch zum Beispiel. Insofern passen sie sich dem Nutzungsverhalten der User im Internet an. Aber das klassische Fernsehen, wenn man es abends 20:00 Uhr anschaltet, sieht doch immer noch so aus wie vorher.
Zudem waren für Fernsehzuschauer früher nur Sendungen zu Zeiten interessant, in denen sie zu Hause waren. Dank der Mediatheken ist die Gefahr, dass wir unsere Lieblingssendung verpassen, geringer geworden. Allerdings werden durch die Möglichkeiten, Sendungen über einen längeren Zeitraum abrufen zu können, auch viel mehr Sendungen für uns relevant. Reicht die TV-Zeitschrift noch aus, um die Übersicht zu behalten? Und welche Rolle spielen inzwischen so genannte Kuratoren?
Anne Krüger: Die Fernsehzeitung bietet natürlich schon mal eine tolle Übersicht auf einen Blick. Leider steht da nicht drin, ob die Sendung oder der Film anschließend auch in der Mediathek ist. Wer also Mediatheken nutzt, der muss dort schon selber suchen. Und da kommen täglich extrem viele neue Dokus, Filme und Sendungen dazu. Deshalb haben viele Nutzer ihre Handvoll Standard-Programme, die sie immer wieder ansteuern und viel anderes wird nicht gesehen. Da ist es super, wenn es Kuratoren und Plattformen gibt, die auf gute Inhalte aufmerksam machen. Kuratoren sind in dem Bereich sehr wichtig – denn wer hat schon Zeit täglich durch 40 Mediatheken zu klicken?
In der Berliner Startup-Szene schwärmen viele von Künstlicher Intelligenz. Mit mediasteak sind Sie dagegen das beste Beispiel, wie Qualität durch qualifizierte Fachkräfte und menschliche Intelligenz ermöglicht wird. Können Sie uns etwas mehr über Ihre Arbeitsweise verraten?
Laura Pohl: Sobald Anne und ich uns morgens im Büro treffen, durchforstet jede von uns erst einmal alle Mediatheken, Video-Blogs und andere Plattformen, auf denen wir guten Content finden. Danach sprechen wir uns im Redaktionsmeeting ab und entscheiden, wer welche Doku für den nächsten Tag schaut und als „Filet“ anlegt – so nennen wir intern unsere Empfehlungen. Neben dem Sichten von Videoinhalten und den täglichen Aufgaben produzieren wir Playlisten für Kooperationen, arbeiten an unserer App, die wir gerade für das Apple TV entwickeln, oder bereiten unsere Film-Events vor. Oft fällt also so viel an, dass wir nicht während der Arbeitszeit die Sendungen schauen, sondern abends im Bett oder morgens beim Zähneputzen.
Sie selber kennen sowohl Potsdam als auch Berlin als Arbeitsort. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit diesen beiden benachbarten Standorten?
Laura Pohl: Während der sechs Monate, die wir in Potsdam gearbeitet haben, sind wir mit vielen tollen innovativen Projekten in Berührung gekommen, die hauptsächlich durch die Medienanstalt mabb gefördert werden. Auch unser Stipendium haben wir einer Einrichtung der mabb zu verdanken – dem Medieninnovationszentrum Babelsberg. Das MIZ-Babelsberg fördert Studierende, Start-ups sowie professionelle Medienschaffende und bietet, neben der finanziellen Unterstützung, zahlreiche Coachings, individuelle Betreuung und ein wertvolles Netzwerk. Somit wird eine Kreativszene in Potsdam geschaffen, die sich frei entfalten kann und stetig wächst.
Anne Krüger: In Berlin auf der anderen Seite arbeiten wir in einem Co-Working-Space, in dem junge Journalisten, Blogger und Kreative zusammensitzen. Wo keine Förderungen oder öffentliche Gelder fließen, geht es eher um Kundengewinnung und Investorenfindung – das ist an jedem Standort so. Soweit wir das einschätzen können sind Berlin und Potsdam gut vernetzt, zumindest aus Potsdam sucht man sicherlich die Anbindung zur Berliner Kreativszene.
Frau Krüger, Frau Pohl noch eine persönliche Frage: Was war denn die beste Sendung, die Sie 2016 geguckt haben und wie haben Sie diese entdeckt?
Anne Krüger: Alle Sendungen von der Produktionsfirma „Bild & Tonfabrik“ – welche unter anderem das Neo Magazin Royale produzieren. Die Show gehört ungeschlagen zu den besten Sendungen des deutschen Fernsehens und Jan Böhmermann ist für mich der unterhaltsamste und gleichzeitig klügste Fernsehmacher 2016.
Laura Pohl: Es ist wirklich schwer, sich auf eine Sendung zu beschränken. Da auch ich satirische und schwarzhumorige Formate liebe, kommt mir spontan „Deutschboden“ in den Sinn. In dem Film begibt sich Moritz von Uslar ins beschauliche Brandenburg, um den Super-Proll zu finden. Entdeckt habe ich „Deutschboden“ in der ARD-Mediathek bei der alltäglichen Recherche.
Zu guter Letzt eine Bitte: Könnten Sie folgenden Satz vervollständigen: Berlin ist…
Laura Pohl: ..., wenn neben den 100 neuen Bars und Restaurants in deiner Straße endlich ein Independent-Kino an der Ecke öffnet.
Anne Krüger: ..., wenn ein missgelaunter Typ eine Frau in der S-Bahn anschnauzt und kurz darauf ein junges Mädchen auf die Frau zugeht: "Nehmen Sie sich das nicht zu Herzen, was der gesagt hat. Das war bestimmt nicht gegen Sie, der hatte einfach nur sehr schlechte Laune".
Leitung Kreativ- und Medienwirtschaft, Digitalwirtschaft, Projekt Zukunft
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