„Design ist mehr als nur Formgebung, es muss auch immer gesellschaftliche und ökologische Bedürfnisse berücksichtigen“, sagt Stefan Rothert, Produktdesigner bei gewerkdesign. Wie sich diese Haltung auf die Gestaltung einer Fahrradrikscha anwenden lässt, erklärt er im Interview.
gewerkdesign war bei der Design-Ausstellung „ID_Berlin“ mit dem „CityCruiser II“ unter den Gewinnern vertreten. Was verbirgt sich dahinter? Stefan Rothert: Die Idee dazu hatte Ende der 1990er Jahre Ludger Matuschewski vom Unternehmen Velotaxi. Die Rikscha sollte nicht nur Transportmittel für Touristen sein, sondern auch Werbefläche bieten. Aus dieser Zusammenarbeit entstand zunächst der CityCruiser I. Der CityCruiser II ist eine Weiterentwicklung der veloform Media GmbH. Neu sind die modulare Karrosserie, eine flexible Rahmenkonstruktion sowie die Erweiterungsmöglichkeit zum Elektrofahrzeug.
Das Nutzungskonzept sieht vor, dass die Fahrer die Cruiser vom Betreiber mieten und dann Touristen durch die Stadt fahren. Aber auch Berliner Fahrgäste können die Rikscha nutzen, um von A nach B zu kommen, ohne dafür ein Taxi nehmen zu müssen. Der CityCruiser ist eine umweltfreundliche Alternative, um sich schnell und auf relativ kurzen Strecken im Stadtraum zu bewegen. Die Fahrgäste kommen mit dem CityCruiser bequem an ihren Zielort, während nebenbei die beworbenen Veranstaltungen stärker ins Bewusstsein gerückt werden.
Was waren die Anforderungen an die Gestaltung? Stefan Rothert: Nach unserer Auffassung kann man nicht einfach eine Fahrradrikscha aus dem asiatischen Raum in unseren Kulturkreis übertragen. Eine konventionelle Rikscha hätte negative Assoziationen wie Sklavenarbeit geweckt. Unser CityCruiser sollte schon alleine aufgrund der Formgebung eher als Sportgerät denn als Transportmittel wahrgenommen werden, so dass diese Abhängigkeit vom Fahrer und seiner körperlichen Belastung anders wahrgenommen wird.
Ein wichtiges Thema sind auch die Abmessungen der Rikscha, wenn es um gesetzliche Auflagen für Fahrzeuge im öffentlichen Raum geht. Der CityCruiser II ist z.B. das einzige „Taxi“, das durchs Brandenburger Tor fahren darf. Um diese Erlaubnis zu erhalten und unter die Richtlinien für Fahrräder zu fallen, mussten wir bei der Konstruktion und Kabinengestaltung bestimmte Vorgaben einhalten. Auch war die Optimierung der Transportmaße nötig, um den weltweiten Einsatz der Fahrzeuge kostengünstiger zu machen.
Wie kommt das neue Design bei den Nutzern an? Stefan Rothert: Die meisten Touristen und die, die über Berlin berichten, finden, das Design repräsentiere das junge, moderne, innovative Berlin. Dazu passt auch, dass der CityCruiser in den Medien oft als Ikone für eine fortschrittliche und ökologisch sinnvolle Fortbewegung präsentiert wird. Außerdem gefällt den Fahrgästen, dass sie während der Fahrt zwar in einem Fahrzeug sitzen, aber trotzdem noch am Geschehen teilnehmen können. Sie fühlen sich nicht so abgekapselt, wie es in einem Taxi oder Reisebus der Fall wäre. Ein Vorteil der offenen Konstruktion ist auch, dass Menschen mit einer Gehbehinderung problemlos einsteigen können.
Stefan Rothert, Geschäftsführer und Produktdesigner bei der gewerkdesign
Studium: Objektdesign an der Fachhochschule Niederrhein in Krefeld, Industrial Design an der HdK Berlin
Vorbilddesigner: Victor Papanek und sein Buch „Design for the Real World“ ist ein Grund, dessentwegen ich überhaupt angefangen habe, Design zu studieren, außerdem Bruno Munari wegen seines künstlerischen Ansatzes und Jonathan Ive wegen der Auswirkungen auf unser aller Designempfinden.
Was ist die Hauptaufgabe von Design? Design muss Einfluss nehmen auf die Entwicklung einer Gesellschaft. Als Designer muss ich etwas schaffen, das das Leben lebenswerter macht, das die Bedürfnisse der Gesellschaft respektiert und das die Ressourcen schont.
Welche Bedeutung hat Berlin für Design? Die Bedeutung ist groß, aber ich bin mir nicht sicher, ob sich die Regierenden dieser Stadt dessen wirklich bewusst sind. Berlin ist eine Metropole, die viele Freiheiten bietet. Das ist genau das, was Kreative brauchen, um Ideen entwickeln zu können. Solange eine Stadt solche Freiräume bietet, ist das eine riesige Chance für Designer. Außerdem zieht ein solches Umfeld immer neue Kreative und interessante Persönlichkeiten an, von denen man lernen kann.
Über gewerkdesign Das Berliner Designbüro gewerkdesign wurde 1993 von Birgit Schlegel, Jens Imig und Stefan Rothert gegründet. Das Gestaltungsbüro entwirft, plant und realisiert u.a. Ausstellungen, Leitsysteme, Inneneinrichtungen und Produkte. Derzeit sind zwölf feste und sieben freie Mitarbeiter bei gewerkdesign beschäftigt.
Kontakt gewerkdesign Bundesallee 87 12161 Berlin Telefon: 030-850 72 99 00 E-Mail: <link eingang@gewerk.com>eingang@gewerk.com</link> Website: <link http://www.gewerk.com/ _blank external-link-new-window>
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