Die Plattform openBerlin ist ein Werkzeug für partizipative Stadtentwicklung, der Selbstverwaltung, der räumlichen Transformation und Ideenproduktion. Was ist damit genau gemeint? Wie ist die Idee entstanden? Was hat Sie angetrieben?
Die Idee zur Plattform ist schon vor ein paar Jahren entstanden. Zu einer Zeit in der Berlin in großem Maße öffentlichen Grund und Boden privatisiert hat. Als Argument wurde angeführt, dass es für diese Grundstücke keine Verwendung mehr gäbe. Wir wollten mit der Plattform zeigen, dass es durchaus gute Ideen aus der Stadtgesellschaft gibt, mit diesen Freiräumen umzugehen. In den letzten 20 Jahren haben wir in Berlin ja eine Menge kreativer Ansätze entwickelt, die zeigen, dass man die Stadt auch anders denken kann. Das sollten wir jetzt, da wieder mehr Geld nach Berlin kommt, nicht vergessen. Glücklicherweise hat sich durch den steigenden Druck von Zivilgesellschaft und Politik der Verkauf von Grundstücken inzwischen verlangsamt, auch wenn schon ein großer Teil strukturell wichtiger Flächen für die Stadt verloren sind – es gibt aber immer noch viele Grundstücke, für die es gute Ideen braucht. Dazu wollen wir unseren Teil beitragen.
Die präsentierten Projekte sollen einerseits einen Mehrwert für Stadt und Gesellschaft benennen und andererseits offen für alle sein, die mitmachen wollen. Wie kann das konkret aussehen? Welche Ziele streben Sie an?
Noch befinden wir uns mit der Plattform am Anfang. Langfristig möchten wir jedoch möglichst viele engagierte Bürgerinnen und Bürger mit guten Projektideen zusammenbringen. Im besten Fall entstehen daraus interessante Mischnutzungskonzepte. Welche Projekte dabei besondere Unterstützung finden, entscheiden die User selbst. Allerdings liegt bei uns, anders als z.B. beim Crowdfunding, der Fokus nicht auf der Frage der Finanzierung von Projekten. Das steht oft viel zu früh im Mittelpunkt. Bei uns geht es in erster Linie darum, einen Prozess anzustoßen, der langfristig zu einem besseren Stück Stadt führt. Und dafür ist es wichtig, Ideen nicht nur nach ihrem finanziellen Outcome zu bewerten. Wer kann schon sagen, welchen gesellschaftlichen Mehrwert zum Beispiel ein Gemeinschaftsgarten mit Bibliothek und Café für den Bezirk hat oder eine Senior-Design-Factory? Und trotzdem wissen wir alle, dass es solche Projekte braucht, die stark von persönlichem Engagement leben.
Ziel des Projektes ist es also, die Stadt wieder zu einem gemeinwohlorientierten Umgang mit öffentlichem Grund und Boden zurückzuführen. Wo herrscht aus Ihrer Sicht im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung dringender Handlungsbedarf?
Die Frage des Bodens ist eine grundsätzliche. Unserer Meinung nach ist der Boden als Gemeingut zu betrachten und damit nicht zu privatisieren. Die Stadt könnte aber auf diesen Flächen langfristige Bau- und Nutzungsrechte, zum Beispiel per Erbbaurecht, vergeben. Das wird auch aktuell schon angewandt, nur leider in viel zu geringem Maß. Dieser Ausverkauf von Boden wird dann zum Problem, wenn die Stadt auf sich verändernde Entwicklungen reagieren muss. Im Moment sehen wir das zum Beispiel beim Thema des bezahlbaren Wohnungsbaus. Berlin klagt über fehlende innerstädtische Neubau-Standorte. Gleichzeitig hat man seit 2001 geeignete Flächen oft sogar unter Verkehrswert verkauft. Hier kollidieren finanz- und stadtentwicklungspolitische Interessen. Dabei würde Berlin langfristig auch finanziell vom Besitz der Flächen profitieren.
Sie betreiben neben openBerlin auch die Plattform Leerstandmelder, bei dem jeder Nutzer leer stehende Flächen und Gebäude privater oder öffentlicher Art auf einer Karte kennzeichnen kann. Sehen Sie einen konkreten Zusammenhang zwischen den Plattformen?
Der Leerstandsmelder ist simpel. Der Benutzer sieht ein leeres Gebäude und trägt es ein. Unabhängig davon, warum das Gebäude leer steht. Dadurch wird auf den strukturellen Missstand des Leerstandes aufmerksam gemacht. Die Plattform ist damit sozusagen eine Handlungsaufforderung an die Politik. openberlin.org geht da wesentlich weiter. Den Bürgern reicht es nicht mehr, nur auf ein Problem aufmerksam zu machen und dann auf die Umsetzung zu warten. Denn die Zivilgesellschaft verfügt längst über das Expertenwissen, um eigene Lösungen für lokale Standorte zu entwickeln. Und das in einer Tiefe, die ein klassischer Projektentwickler kaum erreichen kann. Wir glauben, dass es eine Plattform wie openberlin.org braucht, um dieses Wissen zu bündeln und zu organisieren. Und daran werden wir wohl auch noch in den nächsten Jahren arbeiten.
Berlin ist...
… das, was wir daraus machen.
Johannes Dumpe wurde in Berlin geboren, verbrachte seine Kindheit allerdings in Wendland. Für sein Studium kehrte er vor etwa zwölf Jahren zurück und hatte zunächst nichts mit Stadtentwicklungsprozessen zu tun, sondern mit dem Medium Film. Erst mit 27 fing Dumpe an, sich für Architektur und alternative Projektentwicklung zu interessieren. Gemeinsam mit seinen ehemaligen Studienkollegen Felix Zaiss und Rocco Zühlke startete Dumpe im September dieses Jahres die Plattform openberlin.org. Dumpe, Zaiss und Zühlke studierten schon seit dem Grundstudium gemeinsam Architektur und Städtebau und geben an ihrem alten Institut nun selbst Seminare zu Themen wie Freiraumnutzung.
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