Zukunftskopf: Co-Gründerin und CEO Aimie-Sarah Carstensen von ArtNight
Die Mission der Gründerin Aimie-Sarah Carstensen ist Kreativität zu einer Routine zu machen, die alle lieben. Wie sie das mit ArtNight schafft, erzählt sie uns im Interview. Mehr
Anika Wiest
E-mail: anika.wiest@senweb.berlin.de
Telefon: (030) 90138423
Projekt Zukunft hat einen neuen Workshop unter dem Titel „Projekt Zukunft – Investment Lab Games and XR“ ins Leben gerufen, welcher die Akteure innerhalb dieser Branche vernetzen und die geschäftsführenden Gesellschafter:innen von Berliner Games bzw. XR Firmen im Beteiligungsmanagement schulen soll und erstmals diesen Herbst stattfinden wird. Bewerben können sich alle Spieleentwickler:innen und Produzent:innen im Bereich Games und XR mit Sitz in Berlin. Ziel ist es, die Investitionsbereitschaft von Unternehmen im Bereich Games und XR zu erhöhen.
Frau Schulze, im Herbst wird erstmals der Workshop „Projekt Zukunft – Investment Lab Games and XR“ stattfinden. Was genau erwartet dort die Teilnehmer:innen?
Das englischsprachige Online-Trainingsprogramm hat sich zum Ziel gesetzt, die Investitionsbereitschaft von Unternehmen im Bereich Games und XR zu erhöhen. Teilnehmende stellen sich sämtlichen entscheidenden Fragen, die im Prozess der Fremdkapitalbeschaffung von Relevanz sind. Sie werden auch die notwendigen Dokumente erstellen bzw. aktualisieren, die Investor:innen vorzulegen sind. All das geschieht in einem geschützten Raum und in zeitlich komprimierter Form, nämlich von Mitte Oktober bis Ende November 2022.
Das Programm besteht aus aufeinander aufbauenden Modulen, die zunächst Inhalte vermitteln und diese im Anschluss zur Anwendung bringen. So entwickeln Teilnehmende Schritt für Schritt die Grundlagen für ihr Investitionsangebot, können dies in der Gruppe überprüfen und stetig verbessern, bis sie ihre Unternehmen einem (inter)nationalen Investor:innenenpanel pitchen.
Können Sie das noch etwas näher ausführen?
In diesem Prozess beleuchten wir zwei Perspektiven, die der Business Angels, die klassischerweise in Unternehmen in ihrer Frühphase investieren und die des Venture Capital, das sich meistens etwas später, also in einer gewissen Reifephase der Unternehmen engagiert. Beide Investorenarten sind sehr verschieden, folgen unterschiedlichen Kriterien und haben andere Erwartungen an die Unternehmen. Teilnehmende werden das Denken beider Parteien kennen und verstehen lernen – und somit die für sie passenden Kapitalgeber identifizieren können.
Das Programm bietet Teilnehmenden zwei Testdurchläufe, um ihre Investor Pitches zu proben und sofort danach Feedback von der Gruppe und den Coaches zu erhalten – und so ihre Pitch Decks zu optimieren. Eine zusätzliche individuelle Mentoring-Stunde hilft, wichtige Fragen zu vertiefen oder Probleme zu lösen. In dieser Phase des Programms werden wir uns in zwei Networking-Events, je nach Pandemieverlauf, hoffentlich auch live begegnen können.
Der Höhepunkt des Programms ist der Online Pitching Day, an dem die Unternehmer:innen ihre Firmen und Vorhaben einer ausgewählten Gruppe aktiver und erfahrener Investor:innen vorstellen werden. Damit aber endet die Workshop-Serie noch nicht, denn wir schließen das Programm mit der wichtigen Frage nach den nächsten Schritten und der praktischen Meilensteinplanung. Schließlich wollen wir, dass die Teilnehmenden ihre Lernerfahrungen anwenden und erfolgreich Kapital einwerben.
Was sind die spannendsten Programmpunkte?
Sich in das Denken der Anleger hineinzuversetzen, gehört sicherlich zu den spannendsten Momenten. Erst dadurch erschließt sich die Logik eines Business Pitches, nur dann versteht man, warum bestimmte Dokumente für die Due Diligence bereitgestellt werden müssen und worauf bei ihrer Herstellung zu achten ist.
Der eigentliche Höhepunkt ist meines Erachtens allerdings die Feedbackrunde der Investor:innen, die unmittelbar nach jedem Pitch erfolgt. Hier unterscheidet sich das Investment Lab Games and XR stark von anderen Formaten, denn unsere Finanziers reagieren direkt auf die Pitches, kommentieren sie, erklären, was sie gelungen oder weniger gelungen fanden, warum wesentliche Fragen möglicherweise offengeblieben sind, was sie an den Präsentationen besonders überzeugt hat.
Unterteilt ist das Programm in die die Business-Angel-Perspektive, dazu gehören Business Pitch Workshops mit vier Modulen an drei Tagen: Evidence Planning + SWOT; What is a Business Pitch & Getting into the Mind of Investors; European Financing Sources; Dealing w. Investors & Company Valuation, The Business Pitch. Die Die Venture-Capital-Perspektive wird von einer Workshop-Präsentation von Erdinç Koç, Head of MediaTech Hub Accelearator am Hasso-Plattner-Institut, begleitet – mit einer anschließenden Diskussion.
Wie sind die Teilnahmebedingungen?
Das „Projekt Zukunft – Investment Lab Games and XR“ ist offen für alle Spieleentwickler:innen und Produzent:innen im Bereich XR und immersive Medien mit Sitz in Berlin. Ihre Firma sollte der Definition eines kleinen und mittleren Unternehmens entsprechen, zwei Jahre oder älter sein und nicht mehr als 20 Prozent der Firmenanteile bereits an Investor:innen vergeben haben.
Wir begrüßen auch relativ kleine Teams von wenigstens fünf Personen, die entweder festangestellt sind und/oder als Freelancer:innen arbeiten. Wichtig ist uns, dass die Unternehmen eigene IP erstellen und mit mindestens einem Spiel bzw. XR-Content am Markt sind. Das heißt, die Unternehmen generieren Umsätze, haben bereits z. B. mit lokalen Förderinstitutionen gearbeitet und möchten nun einen nächsten strategischen Schritt zur Akquisition von Fremdkapital vorbereiten. Die Teilnahme ist auf zehn Unternehmen begrenzt, wobei bis zu drei Teammitglieder an dem Training teilnehmen können.
Sie haben das Event mit ins Leben gerufen und werden es auch maßgeblich begleiten und ausgestalten – welche Investor:innen sind hier mit an Bord? Und wie sieht deren Beteiligung/Unterstützung im Einzelnen aus?
Um ein bestmögliches Matching zwischen den teilnehmenden Firmen, ihren Anforderungen und Bedarfen sowie den verschiedenen Investorenprofilen herzustellen, werden wir die Investor:innen einladen, nachdem wir die Firmen ausgewählt haben. Grundsätzlich kann ich bereits sagen, dass sich das Investor:innenpanel aus lokalen, deutschen und internationalen Kapitalgebern zusammensetzen wird, die sowohl aktive und erfahrene Business Angels als auch Venture-Kapitalgeber repräsentieren.
Die deutsche XR/VR-Branche kann ihren Gesamtumsatz stetig erhöhen und ist bereits ein wichtiger Teil der Digitalwirtschaft – fast gleichauf mit der Games-Branche. Bietet sich daher eine Vernetzung fast zwangsläufig an?
Mein Eindruck ist, dass sich beide Bereiche zunehmend überschneiden. Nicht nur, was technische Weiterentwicklungen und Kompetenzen betrifft, sondern auch, was Erzählformen und Geschäftsmodelle angeht. Games und XR werden außerdem zunehmend zu einer Art Referenzbasis für sämtliche weitere Industriezweige. Das heißt, dass eine Vernetzung möglicherweise auch zu verstärkter Zusammenarbeit, zu kreativem Austausch und im Idealfalle auch zu Innovation führen kann.
Wie spannend Investor:innen diese Schnittstellen finden, lässt sich unter anderem daran erkennen, wie viele Fonds derzeit in das Metaverse investieren.
Siehaben sich unter anderem auf innovative Finanzierungslösungen spezialisiert und agieren als Schnittstelle für Kapitalgeber:innen und der Kreativwirtschaft. Können Sie mehr darüber erzählen?
Mit einem beruflichen Hintergrund in der Filmbranche galten meine ersten Jahre dem Bereich der Filmfinanzierung, die für viele europäische Filmproduzenten der frühen 2000er Jahren noch relativ unübersichtlich war. Es galt also, Finanzierungsstrategien für internationale Koproduktionen zu entwickeln. Interessanterweise stellten auch andere Sektoren der Kultur- und Kreativwirtschaft ähnliche Finanzierungsfragen und standen vor Problemen, die manchmal mit abgewandelten Modellen aus der Filmwirtschaft lösbar schienen.
Diese Branchen einte und verbindet noch heute die Abhängigkeit von der Projektförderung. Wer sich und sein Unternehmen nur von Projekt zu Projekt finanzieren kann, wird schwerlich mittel- oder langfristige Firmenstrategien entwickeln können. Das heißt, Privatkapital ist gefragt. Die Grundlagen dafür zu legen, also Alternativen zu den einschlägigen Fördermitteln zu entwickeln und zu identifizieren bestimmten die nächsten Jahre meines beruflichen Werdegangs. Zu diesen Grundlagen zählt jedoch auch, dass die Kapitalgeber die Geschäftsmodelle, Verwertungsketten und Wachstumsaussichten eines kreativwirtschaftlichen Unternehmens beurteilen können.
Daher ist es nicht nur wichtig, die Kreativen zu professionalisieren, sondern auch den Investor:innen das nötige Wissen anzubieten, um in diesem Bereich erfolgreich tätig zu sein. Der Aufbau eines europäischen Investor:innen-Netzwerks für Frühphaseninvestments in Unternehmen der Kreativwirtschaft war daher die Konsequenz.
Wie kann man Investor:innen nachhaltig für die Medien- und Kreativwirtschaft begeistern?
Durch Erfolgsgeschichten, die gut dokumentiert sind und die Vertrauen schaffen in die Investmenttauglichkeit eines für die meisten Investor:innen noch relativ neuen Sektors. Am Ende zählen für Anleger die Exits in der Branche, in die sie investieren wollen. Welche Firmenanteile mit welchem Wert verkauft wurden, welche Fusionen und Übernahmen es gegeben hat. Daher ist ein Monitoring dieser Kennzahlen besonders wichtig. Das fehlt uns allerdings weitestgehend noch.
Attraktiv ist zudem, dass die Medien- und Kreativwirtschaft häufig den Boden für wertebezogene und zukunftsgerichtete Innovation bereitet. Nachhaltigkeit und Inklusion sind z. B. längst gelebte Realität in vielen ihrer Bereiche. Das zieht auch die Aufmerksamkeit der Investor:innen auf sich. Zum Deal kommt es jedoch erst, wenn sich das Unternehmen in Konkurrenz zu anderen Investmentmöglichkeiten durchsetzen kann. Genau daran arbeiten wir im „Projekt Zukunft – Investment Lab Games and XR“.
Zum Schluss: Sie gehören auch zum Netzwerk European Women's Audiovisual Network – können Sie hier mehr zu Ihrer Tätigkeit erzählen und warum dieses Netzwerk so wichtig ist?
Das EWA-Netzwerk ist eine paneuropäische Organisation, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter im europäischen audiovisuellen Sektor einsetzt. Diese Gleichstellung ist alles andere als selbstverständlich und leider noch lange nicht erreicht. Auch wenn jüngere Daten zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, gibt es noch immer große Diskrepanzen z. B. im Zugang zu Fördermitteln zwischen männlichen und weiblichen Produzenten. Daher verbindet das Netzwerk Frauen im audiovisuellen Sektor weltweit miteinander – auch im Kampf für Inklusivität und Intersektionalität in der europäischen audiovisuellen Industrie.
Durch Vernetzungsmöglichkeiten, karrierefördernde Programme, oder z. B. Forschung und Lobbyarbeit sowie spezielle Mitgliederveranstaltungen fördert EWA die berufliche Entwicklung von Frauen und macht ihre Beiträge im europäischen audiovisuellen Sektor sichtbar und anerkannt.
Ich bin seit vier Jahren Im Vorstand des Netzwerks, das heißt ich darf an seiner strategischen Ausrichtung mitwirken und, wie kürzlich, zur Wahl eines großartigen neuen Direktorinnenteams beitragen. Außerdem leite ich ein Trainingsprogramm für Mitglieder, das sich, sie erraten es, mit alternativen Finanzierungen von audiovisuellen Produkten befasst.
Bewerben Sie sich hier bis zum 19. September 2022 und nutzen Sie neue Finanzierungsmöglichkeiten. Die Teilnahme ist kostenlos.
Bitte lesen Sie die Teilnahmebedingungen sorgfältig durch.
Medienwirtschaft, Medientechnologie, Games, Film- und Fernsehwirtschaft
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