Das 2018 gegründete Unternehmen Paintbucket Games hat es sich zur Aufgabe gemacht, Videospiele zu entwickeln, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen und sich auf starke Erzählungen konzentrieren. Der Fokus ihrer preisgekrönten Spiele liegt auf politischen, historischen und erinnerungswürdigen Inhalten. Mit den Mitbegründern Jörg Friedrich und Sebastian Schulz sprachen wir über ihren jüngsten Sieg beim DCP 2023, die Grundüberzeugungen des Studios und den Unterschied zwischen Eigenproduktionen und Auftragsarbeiten.
Herzlichen Glückwunsch zu Ihren Siegen beim Deutschen Computerspielpreis für das beste Serious Game (Beholder 3) und das Studio des Jahres. Was bedeutet diese Art von Anerkennung für Sie persönlich und als Indie-Studio?
Diese Anerkennung ist für uns auf mehreren Ebenen von großer Bedeutung. Auf persönlicher Ebene ist sie eine Bestätigung für die unzähligen Stunden und die Leidenschaft, die wir in die Entwicklung unserer Spiele gesteckt haben. Wir haben schon immer an die Kraft von Spielen als Medium geglaubt, um wichtige Themen zu erforschen und nachdenkliche Diskussionen anzustoßen. Diese Auszeichnungen bestätigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Für uns als Indie-Studio geht es nicht nur um Bestätigung, sondern auch um Sichtbarkeit. Diese Auszeichnungen helfen uns, ein größeres Publikum zu erreichen und unseren Botschaften eine breitere Plattform zu geben. Außerdem geben sie unserem Team einen deutlichen Moralschub und bestärken uns in unserem Bestreben, Spiele zu entwickeln, die für etwas mehr stehen.
Warum war Berlin der richtige Ort, um Paintbucket Games zu gründen?
Berlin ist eine pulsierende, vielfältige Stadt mit einer reichen Geschichte und einem starken Gemeinschaftssinn. Die Aufgeschlossenheit und Akzeptanz einer Vielzahl von Standpunkten passt perfekt zum Ethos unseres Studios. Darüber hinaus gibt es in Berlin eine blühende Indie-Game-Szene voller kreativer Köpfe und Studios, die die Grenzen dessen, was Spiele sein können, verschieben. Der Geist der Innovation und Zusammenarbeit in dieser Stadt ist ansteckend und machte sie zum perfekten Ort für die Gründung von Paintbucket Games.
Sie sind Teil von "Saftladen", einem Zusammenschluss von preisgekrönten Spieleentwicklungsstudios. Welche Vorteile bringt das mit sich?
Teil des Saftladen-Kollektivs zu sein, ist immens vorteilhaft. Es bietet eine unterstützende, kollaborative Umgebung, in der wir Ideen austauschen, Feedback geben und erhalten und aus einer Fülle von unterschiedlichen Erfahrungen schöpfen können. Es ist ein Raum, in dem Kreativität gedeiht, und es bietet Ressourcen und ein Netzwerk, das für Indie-Entwickler von unschätzbarem Wert sein kann. Abgesehen von den praktischen Vorteilen wird hier ein Gemeinschaftsgefühl gefördert, das unglaublich motivierend sein kann.
Apropos Gemeinschaft: Wie beurteilen Sie die Berliner Spieleindustrie im Allgemeinen?
Die Berliner Spieleindustrie ist pulsierend, innovativ und vielfältig, genau wie die Stadt selbst. Die Tatsache, dass sie von AAA-Studios bis hin zu einzelnen Indie-Entwicklern alles umfasst, sorgt für eine große Vielfalt an Spielen. Die Community ist sehr hilfsbereit und bietet Entwicklern aller Größen und Erfahrungsstufen ein gutes Umfeld. Wir schätzen den Sinn für Kameradschaft und die Bereitschaft, Grenzen zu überschreiten und neue Ideen zu erforschen. Die Berliner Spieleindustrie ist ein Beweis für die Kraft von Vielfalt und Kreativität, und wir sind stolz darauf, ein Teil davon zu sein.
Ihr Schwerpunkt liegt auf politischen, historischen und erinnerungswürdigen Inhalten. Warum sind Spiele als Medium so gut geeignet, um diese Themen zu bearbeiten?
Spiele haben als interaktives Medium die einzigartige Fähigkeit, Empathie und Verständnis zu erzeugen, indem sie es den Spielern ermöglichen, in den Schuhen eines anderen zu laufen. Sie bieten eine immersive, aktive Erfahrung, die sich von dem passiven Konsum von Inhalten in anderen Formen unterscheidet. Wenn es um politische, historische und erinnerungswürdige Themen geht, ermöglichen Spiele die Erforschung komplexer Themen aus verschiedenen Perspektiven. Sie können Erfahrungen und Konsequenzen in einer sicheren Umgebung simulieren, was sie zu einem idealen Werkzeug macht, um kritisches Denken und eine emotionale Bindung zu diesen Themen zu fördern.
Sie wollen mit Ihren Spielen ein Zeichen gegen Rassismus, Antisemitismus und jede andere Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit setzen. Wie lassen Sie diese Überzeugungen in Ihr Spieldesign einfließen?
Wir lassen unsere Überzeugungen in unser Spieldesign einfließen, indem wir sicherstellen, dass unsere Erzählungen und Spielmechaniken mit unserer Haltung gegen Bigotterie übereinstimmen. Unsere Spiele verherrlichen oder trivialisieren weder Rassismus noch Antisemitismus noch irgendeine Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Stattdessen heben sie die schädlichen Auswirkungen solchen Verhaltens hervor und geben den Spielern oft die Möglichkeit, solche Ideologien zu hinterfragen und sich dagegen zu stellen. Unser Ziel ist es, Erfahrungen zu schaffen, die zum Nachdenken anregen und den Dialog über diese Themen erleichtern.
Welche Art von Forschung und wie viel davon fließt in Ihre Spiele ein?
In unsere Spiele fließt ein erhebliches Maß an Recherche ein. Wir konsultieren historische Aufzeichnungen, sprechen mit Fachleuten und untersuchen gründlich die kulturellen, sozialen und politischen Kontexte der von uns dargestellten Epochen und Orte. Wir fühlen uns zutiefst verpflichtet, diese genau und respektvoll darzustellen. Dieses Bekenntnis zur Authentizität hilft uns, aussagekräftige und wirkungsvolle Erzählungen zu erstellen.
Sie arbeiten auch im Auftrag von Museen, Bildungseinrichtungen und Gedenkstätten. Was sind die Unterschiede zwischen der Arbeit für Auftraggeber und der Arbeit an Ihren eigenen Spielen?
Die Arbeit im Auftrag bringt andere Herausforderungen und Belohnungen mit sich, als die Arbeit an unseren eigenen Spielen. Bei der Entwicklung unserer eigenen Spiele haben wir die volle kreative Kontrolle, was uns erlaubt, uns mit Themen zu beschäftigen, die uns am Herzen liegen. Das bedeutet aber auch, dass wir das gesamte finanzielle Risiko tragen. Wenn wir im Auftrag arbeiten, hat der Kunde eine bestimmte Vision, die wir respektieren und einhalten müssen. Das kann unseren kreativen Input in gewissem Maße einschränken, aber es kann uns auch neue Perspektiven eröffnen und uns als Entwickler wachsen lassen. Außerdem bietet es uns eine ständige Einnahmequelle, die es uns ermöglicht, das Studio zu erhalten und weiterhin die Spiele zu entwickeln, die wir lieben.
Mehr Infos zu Paintbucket Games finden Sie hier.
Dieser Beitrag stammt im Original von GamesCapitalBerlin und ist hier zu finden (in Englisch).