Profil
Studium/Werdegang: Design-Studium in Köln; Promotion am Seminar für Allgemeine Rhetorik an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Juniorprofessorin an der TU Berlin
Wichtigstes Projekt derzeit? Integration von Kommunikationstechnologien in Textilien (smart textiles); soziale Nachhaltigkeit in lokalen Gemeinschaften
Wichtigste Erfindung seit Konrad Zuse? Für den Designbereich ist es das Arduino-Board, ein Microcontroller, der sehr einfach programmiert werden kann, um z. B. Geräte miteinander zu vernetzen.
Berlin ist… für mich als Wissenschaftlerin die perfekte Umgebung: An unserem UdK-Standort in Charlottenburg haben wir mit den T-Labs, dem Fraunhofer-Institut und der TU Berlin ein großartiges Umfeld, wo junge, talentierte Leute gerne hinkommen und wo viele Synergien zwischen Forschung, Industrie und Gestaltung entstehen.
Wie sind Sie mit der ITK in Berührung gekommen?
Gesche Joost: Ich habe schon während meines Design-Studiums viel programmiert, hauptsächlich Websites und Software, habe mich also eher mit den technischen und kreativ-gestalterischen Aspekten beschäftigt. Promoviert habe ich mich dagegen in einem geisteswissenschaftlichen Studiengang und habe damit eher eine wissenschaftliche Richtung eingeschlagen. Mit dieser Kombination war ich ganz breit aufgestellt, und es war eigentlich Zufall, dass ich mit den T-Labs so ein offenes Forschungsumfeld gefunden habe, in dem beide Disziplinen wieder zusammentreffen. Das Verständnis von Innovation an den T-Labs ist ein sehr breites: Es geht dabei nicht nur um die Technologie und deren Weiterentwicklung, sondern auch um ihre Gestaltung, bei der auch soziologische Perspektiven einfließen.
Der Grundgedanke ist, wie man interdisziplinär an gesellschaftlichen wie auch technologischen Innovationen arbeiten kann. Darüber bin ich in diesen angewandten Kommunikationstechnologie-Bereich gekommen.
Was wird am Design Research Lab erforscht?
Gesche Joost: Ein großes Forschungsthema sind neue Formen der Interaktion. Wir analysieren aktuelle Kommunikationstechnologien und überlegen, wie man die Brücke zum Nutzenden schlagen kann. Dabei geht es immer darum, alternative und kreative Formen des Umgangs mit Technologie zu finden. Das Ergebnis sind neue Interaktionsformen: Ein Doktorand entwickelt z. B. Prototypen für Handys oder Smartphones, die ihre Dicke oder ihr Gewicht verändern können. Auf diese Weise kann man etwa bei einem E-Book die haptische Wahrnehmung erzeugen, dass mit jedem Seitenumblättern die eine Buchhälfte dicker, die andere dünner wird.
Nutzerinnen und Nutzer haben von unserer Forschungsarbeit den Vorteil, später einmal Geräte in der Hand zu haben, die sie einfacher bedienen können. Technologie ist heute zwar weit vorangeschritten, aber die Gruppe der wirklich versierten, technologieaffinen Nutzer ist recht klein. Daher beziehen wir in unsere Forschung explizit ältere Menschen, Familien, Teenager oder Frauen ein und erforschen, was sie jeweils für alternative Anforderungen an die Benutzung von Technologien haben. Daraus entwickeln wir Varianten der Techniknutzung. Das Beispiel mit dem Buch, das auf einer Seite mehr Seiten hat als auf der anderen, zeigt, wie man bekannte und vertraute Erfahrungen auf unbekannte und fremde Technik übertragen kann. Wir leisten gewissermaßen Übersetzungsarbeit.
Wie wird sich die IT in Zukunft entwickeln, wie können sich IT und Design gegenseitig beeinflussen?
Gesche Joost: Heute sind viele Technologien schon ausgereift, aber sie werden immer noch für eine „Monokultur“ an Nutzern entworfen, die vorwiegend männlich, zwischen 25 und 35 Jahre alt ist und bestimmte Nutzungsgewohnheiten hat. In Zukunft wird es darum gehen, die Nutzerseite weiter auszudifferenzieren. Man muss also im Zuge der Technologieentwicklung überprüfen, ob nicht bestimmte Nutzerschichten ausgeschlossen werden. Die müssen stärker berücksichtigt und einbezogen werden. Die Vielfalt der Gesellschaft muss sich auch in dem abbilden, was man ihr an technologischer Vielfalt zur Verfügung stellt. Bei diesem Entwicklungsschritt kommen neue Kompetenzen ins Spiel, z. B. Designer, Soziologen oder Psychologen, so dass man interdisziplinär daran arbeiten kann, die Engführung der reinen Technologieentwicklung aufzuweiten. Das wird schließlich dazu führen, dass Technologie in die Gesellschaft besser integriert und akzeptiert wird.
Über Prof. Dr. Gesche Joost und das Design Research Lab der UdK Berlin
Das Design Research Lab wurde 2005 als Teil der Forschungseinrichtung der Deutsche Telekom Laboratories und der Technischen Universität Berlin gegründet. Seit 2010 ist das Forscherteam an der Universität der Künste beheimatet. Im Design Research Lab unter der Leitung von Prof. Dr. Gesche Joost liegt der Forschungsschwerpunkt auf dem Spannungsfeld zwischen technologischen Innovationen und Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer. Gesche Joost ist seit 2011 Professorin für Design-Forschung an der Universität der Künste Berlin.
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Design Research Lab
Einsteinufer 43
10587 Berlin
Telefon: 030- 8353-58346
E-Mail: <link designresearchlab@udk-berlin.de>designresearchlab@udk-berlin.de</link>
Website: <link http://www.design-research-lab.org/ _blank external-link-new-window>www.design-research-lab.org/</link>