Als eine der prägendsten Branchen der Stadt steht die Clubbranche für einzigartige Partykultur, ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor – und möchte gleichzeitig auch den Klimaschutz in der Hauptstadt mit vorantreiben. Wie das klimafreundliche Feiern von morgen aussehen kann, zeigt das Kooperationsprojekt Clubtopia für das sich BUND Berlin e.V.,clubliebe e.V. sowie die Clubcommission Berlin zusammengetan haben. Seit 2020 haben sie sich zum Ziel gesetzt, die Klimabilanz der Berliner Clubs zu verbessern. Im Rahmen des Berliner Energie- und Klimaschutzprogrammes (BEK) wird Clubtopia von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz gefördert. Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, das Zentrum für Nachhaltigen Tourismus und der Bundesverband der Clubs, die Livekomm, unterstützen ebenfalls.
Mit dem BEK beschreitet Berlin den Weg zur klimaneutralen Stadt bis 2045. Das ist ein ambitioniertes Ziel – aber Clubtopia zeigt den Clubbetreiber:innen und Feiernden, wie schon kleine Dinge große Veränderungen bewirken können. Denn oft fehlt es im hektischen Cluballtag an der Zeit, um spezifische Lösungen zu recherchieren oder sich das Wissen dazu anzueignen.
„Die Clubszene selbst war schon immer ein kreativer Motor und kann auch für das Umdenken im Bereich Klimaschutz neue und nachhaltige Impulse liefern. Wir packen an, wie es Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft auch müssen. Denn wenn wir das nicht tun, leisten wir jeden Tag einen Beitrag dazu, dass sich das Klima weiter wandelt.“, so die Pressesprecherin Katrine Gregersen von Clubtopia.
Wie geht klimafreundliches Feiern?
Ein kleiner Club verbraucht am Wochenende so viel Strom wie ein sparsamer Single-Haushalt im Jahr – und kommt damit jährlich auf etwa 30 Tonnen CO2-Ausstoß. Emissionen aus Heizungswärme, Abfall, Wasser und Mobilität sind da noch nicht eingerechnet. Als eine der führenden Clubstädte zählt Berlin über 300 Locations, die fast täglich von feiernden Menschen besucht werden. Setzt man hier ein paar Stellschrauben in Richtung Klimafreundlichkeit, so können nicht nur große Mengen an CO2 eingespart werden – auch finanziell lohnt es sich für die Clubs – zum Beispiel durch Einsparungen bei Heizungswärme und Strom.
Vernetzung und Beratung durch verschiedene Veranstaltungsformate
Um den Clubs in Sachen Klimafreundlichkeit zur Seite zu stehen, hat Clubtopia in den vergangenen beiden Jahren ein Konzept aus Beratung, Vernetzung und Informationsangeboten etabliert. Die Berliner Clubs werden mit Expert:innen für Nachhaltigkeit zusammengebracht und bekommen konkrete Handlungsmöglichkeiten an die Hand. Formate wie der Runde Tisch für grüne Clubkultur oder die Future Party Lab-Reihe bringen die Menschen bei den Themen Nachtleben und Nachhaltigkeit zusammen. In Workshops und Labs diskutiert und identifiziert man regelmäßig die nächsten erforderlichen Schritte.
„Die unterschiedlichen Partner:innen bringen ihre Expertise und Netzwerke mit, was sehr hilfreich ist für uns als Projekt. Der BUND Berlin zum Beispiel hat viel fachliches Wissen zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit und unterstützt Clubtopia mit Energieberatungen und Expert:innen für Schulungen und Veranstaltungen. Die Clubcommission ist bestens in der Clubszene von Berlin vernetzt und weiß, was dort gerade passiert und was die Leute beschäftigt. Ab und zu organisieren wir gemeinsame Veranstaltungen oder unterstützen uns gegenseitig mit Wissen.“, so Gregersen.
In den Workshopangeboten setzt Clubtopia u.a. auf interaktive Formate, die auf die Besucher:innen der jeweiligen Festivals oder Konferenzen zugeschnitten sind. Eine 36-stündige Weiterbildung, das „Green Club Training“, wird als Online-Schulungsreihe im Oktober 2022 an den Start gehen und in 12 Einheiten zeigen, wie ein Event oder Club sich klimafreundlich und ökologisch gestalten lässt. Solche Termine sind kostenfrei und ortsunabhängig möglich.
Individuelle Maßnahmen statt Komplett-Umbau
Um klimafreundlich zu agieren, muss dafür nicht gleich der gesamte Club umgebaut werden. Clubtopia sammelt das Wissen, bereitet es auf und gibt es weiter. Was möglich ist, wird mit der Klimaberatung vor Orterörtert. Hier werden individuelle Maßnahmen entwickelt und die Clubs an der Umsetzung beteiligt. Wie wäre es mit Upcycling im Clubbetrieb statt unnötiger Flyer, Plastikverpackungen für Obst oder Wegwerf-Becher? Wo kann besser gedämmt werden? Wo lohnt es sich, Fenster und Türen zu isolieren, auf stromsparende LED-Lichttechnik umzustellen oder den Wasserverbrauch in Toiletten mit wassersparenden Strahlreglern und wasserlosen Urinalen einzugrenzen? Und gespart wird nicht nur in den Clubs, auch die Anfahrtswege zum Club oder die Außenbeleuchtung werden in klimafreundliche Konzepte einbezogen. Leuchtmittel mit geringerem Ultraviolett- und Blauanteil schützen Insekten, Vögel und Fledermäuse. Das sind nur ein paar der Beispiele; der 31-seitige Green Club Guide führt von effektiver Kühlung der Getränke über ökologische Reiniger bis hin zu Kommunikation mit Gäste zahlreiche Möglichkeiten auf und zeigt, auch, welche Beratungs- und Förderangebote es gibt.
Code of Conduct und der Gewinn des Creative Cities Challenges-Awards
Zu den bisherigen Meilensteinen gehört auch die Veröffentlichung des Code of Conduct, einer Selbstverpflichtung zum klima- und umweltfreundlichen Handeln im Clubbetrieb. Er dient Clubbetreibenden in Zukunft dazu, die Verbesserung ihrer Klimabilanz konkret anzugehen und nach außen zu tragen. „Wenn alle Clubs in Berlin unterzeichnen würden und sich zu den Zielen des Code of Conduct verpflichten würden, könnten wir eine Menge an CO2 in Berlin sparen. Wir wollen damit einen Stein ins Rollen bringen und auch die Clubgäste dazu inspirieren, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Deswegen ist der Code of Conduct nicht nur wichtig für den eigenen Clubbetrieb, sondern auch als Kommunikationsmittel nach außen.“, so Gregersen. Auch in anderen Städten wie Hamburg haben sich mittlerweile Clubs zusammengeschlossen und sich dem Code of Conduct verpflichtet.
Ende des vergangenen Jahres gewann Clubtopia als Initiative den Creative Cities Challenge-Wettbewerb für Berlin. Für den Award haben sich die Metropolen London, New York, Paris und Berlin in einer Global Innovation Collaborative zusammengeschlossen, damit gemeinsam Lösungen entwickelt werden können, um die Kultur- und Kreativbranche nach der Corona-Pandemie zu unterstützen. Die Gewinner:innen werden von den Städten im Anschluss dabei unterstützt, Lösungen weltweit zu erproben. „Wir sind mit Initiativen aus New York in Kontakt, um dort eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen.“, so die Pressesprecherin. Denn der Gedanke des grünen Feierns soll weitergetragen werden, nicht nur unter den Clubs, sondern auch in den Köpfen der Gäste. Sie nehmen letztendlich nach einer Partynacht nicht nur den Beat in den Ohren mit, sondern auch Impulse für ein ökologisches Umdenken.