GamesCapitalBerlin: Im Interview mit Dexai Arts und Beat'em Hub

Kategorie: Games

Das Team von DEXAI Arts

© DEXAI Arts

In diesem Interview sprechen wir mit Joris Schnabel, CEO des Berliner Indie-Studios Dexai Arts und Mitbegründer der Eventreihe Beat' em Hub. Er spricht über sein Team, das ausschließlich aus Familienmitgliedern besteht, ihr erstes Spiel "A Tongue like a Sword" und die Berliner Community, die ihn immer wieder inspiriert. Mit Beat' em Hub wurde aus einem Casual-Gaming-Event ein Raum für die Kreativwirtschaft, um zusammenzuarbeiten und zu wachsen.

Wie haben es fünf Quereinsteiger geschafft, im ersten Jahr sowohl eine doppelte staatliche Förderung zu erhalten als auch einen Verlag zu finden?

Es war (und ist immer noch) eine verrückte Zeit für uns. Als wir das Projekt gestartet haben, waren wir noch fünf Quereinsteiger, ohne Verbindung zur lokalen Spieleszene oder Erfahrung in der Spieleentwicklung und -finanzierung. Ich glaube, der Grund für unseren bisherigen Erfolg ist unser Team und unsere Vorgeschichte. Wir sind alle miteinander verwandt (Brüder, Cousins, Schwager) und sind den größten Teil unserer Kindheit zusammen aufgewachsen, sodass wir im Laufe der Jahre gelernt haben, gemeinsam zu lachen, kreativ zu sein und konstruktiv zu streiten. Davon abgesehen, bringt jeder von uns viele Jahre an Erfahrung und Fachwissen in seinem jeweiligen Bereich der Kreativbranche mit. Von gut ausgebildeten und etablierten Fachleuten in den Bereichen Bildende Kunst, Sounddesign und Informationstechnologie über preisgekrönte Autoren bis hin zu erfolgreichen Produzenten in der Softwareentwicklung haben wir alles an Bord.

Ihr lebt fast alle in Berlin. Wie wichtig ist es für euch, mit der lokalen Kreativszene zusammenzuarbeiten und was tragt ihr zu diesem Netzwerk bei?

Es ist ein wesentlicher Faktor für beide Unternehmen. Wie gesagt, als Dexai Arts mit der Entwicklung des ersten Spieltitels begann, mussten wir bei Null anfangen. Daher war es für uns sehr wichtig, uns in der lokalen Gaming-Community zu vernetzen. Da wir das Unternehmen zu Beginn der Pandemie gründeten, war dies eine große Herausforderung für uns, da es zumindest für einige Monate keine Networking-Veranstaltungen mehr gab. So entstand zufällig die Idee des BEH. Außerdem ist es Dexai Arts sehr wichtig, lokale Talente und Künstler:innen zu unterstützen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. So wurden zum Beispiel alle Songs und Pixelgrafiken in unserem Spiel von lokalen Musiker:innen und Künstler:innen beigesteuert. Das Ergebnis sind zum einen ein authentischer, unverwechselbarer Kunststil und entsprechendes Sounddesign, zum anderen die Unterstützung der lokalen Kreativszene. Wir halten das für sehr wichtig und wollen das auch in Zukunft beibehalten.

Außerdem würde BEH ohne die lokale Berliner Kreativszene nicht existieren: Der Kern des gesamten BEH-Konzepts basiert auf dem Ziel, diese zu unterstützen und sich aktiv an ihr zu beteiligen. Unsere Teammitglieder sind alle in verschiedenen und oft miteinander verknüpften Bereichen der lokalen Kreativszene tätig, insbesondere in den Bereichen Gaming, Kunst und Events. Unsere Idee ist es, Bildungseinrichtungen, Student:innen, Musiker:innen, Künstler:innen, Entwickler:innen, Gamer:innen und Nicht-Gamer:innen mit dem einfachen Ziel zusammenzubringen, Kreativität und Vernetzung zu fördern. Wir beabsichtigen, sichere, integrative Räume zu schaffen, in denen Gemeinschaften zusammenkommen und spielen, sich zusammenschließen, Ideen und Ressourcen austauschen, die persönliche Entwicklung, das Networking und das Bewusstsein für digitale Medien in einem organischen Umfeld fördern können, das frei von der klassischen, geschäftsorientierten Dynamik und dem Druck ist.

Was hat das Netzwerk für euch getan?

Während BEH weiter wächst und sich entwickelt, haben wir eine unglaubliche Menge an Inspiration, Motivation und Unterstützung durch das Netzwerk selbst erfahren. So wie wir es sehen, ist die Community das, was BEH ausmacht. Das stetige positive Feedback und die Zusammenarbeit haben es unserer bescheidenen Rakete ermöglicht, neue Höhen zu erreichen, da das Projekt mit und innerhalb der Community wächst. Ein gutes Beispiel für die Schaffung von Möglichkeiten innerhalb des Netzwerks ist das, was mit Dexai Arts passiert ist: Durch BEH sind wir mit vielen talentierten und leidenschaftlichen Fachleuten in Kontakt gekommen, von Künstler:innen bis hin zu Entwickler:innen, was immens zur Entwicklung unseres Spiels beigetragen hat.

Warum habt ihr die Notwendigkeit gesehen, Beat' em Hub zu gründen?

Wir haben damit begonnen, zwanglose und unterhaltsame Gaming-Events zu organisieren, mit der Idee, eine kleine Community aufzubauen. Nach einiger Zeit, als wir anfingen, Umfragen und Interviews mit unseren Gästen durchzuführen, bemerkten wir einen Mangel an Zugangsmöglichkeiten, was für uns eine gemeinsame Hürde darstellte, um einen Weg in die Gaming-Industrie zu finden. Zwei weitere Themen, mit denen wir uns oft auseinandergesetzt haben, sind die allgemeine Fehlinformation über Spielkultur, die durch Menschen verbreitet wird, die nicht in der Branche tätig sind, und vor allem die große Kluft zwischen den verschiedenen Generationen. Diese Überlegungen führten zwangsläufig zu einer Erweiterung unseres ursprünglichen Ziels und Umfangs. BEH begann als Anbieter von Casual-Gaming-Events, und obwohl dies nach wie vor ein wichtiger Teil des Konzepts ist, hat es sich ganz natürlich zu einem facettenreichen Projekt mit verschiedenen Säulen entwickelt, von denen jede ihren eigenen Schwerpunkt hat: auf Barrierefreiheit ausgerichtete B2B-Events und Konferenzen, Bildungsworkshops zur generationenübergreifenden Sensibilisierung für digitale Medien, Unterstützung der Kreativszene, Beteiligung an elektronischen Musikfestivals und kulturellen Veranstaltungen, Förderung von Karrierewegen innerhalb der Gaming-Branche über verschiedene Medien (zu diesem Thema werden wir bald einige spannende Neuigkeiten bekannt geben). Unser Hauptziel ist es, kreativen Einzelpersonen und Gruppen innerhalb und außerhalb der Gaming-Branche einen Raum zu bieten, damit sie sich durch Gaming vernetzen und neue Möglichkeiten in der Szene finden können. Es gibt so viele talentierte Künstler:innen und Kreative, die ihre Fähigkeiten in der Gaming-Branche einsetzen wollen und können, und wir wollen ihnen die Räume, Ressourcen und Verbindungen bieten, die sie brauchen, um in der Branche Karriere zu machen. Wir wollen Student:innen und Indie-Entwickler:innen bei ihren Projekten unterstützen, indem wir ihnen den Spielraum geben, in dem sie diese vorstellen können, und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit geben, konstruktive Kritik von Fachleuten und Verbraucher:innen zu erhalten, sodass sie durch den direkten Input der Community wachsen und sich verbessern können.

Habt ihr dieses Ziel erreicht?

Wir haben gerade erst angefangen, und es gibt immer noch Raum für Wachstum und weitere Entwicklung. Was wir aber schon vorab sagen können, ist, dass wir auf unserer bisherigen Reise bereits unglaublich positive Erfahrungen gemacht, inspirierende Kollaborationen erlebt und leidenschaftliche Talente getroffen haben, und dafür können wir nur dankbar und motiviert sein. Die Herzlichkeit, die Kreativität und die Beteiligung der Gemeinschaft sind die größte Inspiration, die wir uns wünschen können.

Bitte erzählt uns mehr über euer Spiel ATLAS.

In unserem Spiel mit dem Projektnamen "A Tongue Like a Sword” (ATLAS) schlüpfen die Spieler:innen in die Rolle eines Türstehers, der Nacht für Nacht an der Tür eines Techno-Clubs im Stil der Berliner Kult-Clubs arbeitet und Gäste in den Club lässt oder sie abweist.

Das Ziel ist es, sich verbal zu behaupten und Störenfriede abzuwehren, bevor die Situation eskalieren kann. Die wichtigste Spielmechanik besteht darin, die passenden Antworten für den jeweiligen Gast auszuwählen und damit die Atmosphäre der Party zu bestimmen. Je besser die Spieler die richtigen Gäste auswählen, desto besser wird die Party.

Es geht uns nicht darum, die Arbeit eines Türstehers zu simulieren. Wir nutzen Videospiele als Medium zum Erzählen von Geschichten, wobei wir uns auf ein authentisches und einzigartiges Gefühl in Bezug auf Kunststil, Sound und Gameplay konzentrieren.

Wie du schon sagtest, besteht dein Team aus Familienmitgliedern. Welche Vorteile und Herausforderungen bringt das mit sich?

Also im Grunde erfüllen wir uns mit diesem Projekt einen lang gehegten Kindheitstraum, eines Tages ein gemeinsames Spiel zu entwickeln, auf das wir stolz sein können und das unseren Ansprüchen und unserer Stimmung gerecht wird. Die räumliche Nähe kann sehr hilfreich sein, z. B. wenn es darum geht, Konflikte innerhalb des Teams zu lösen oder sich gegenseitig zu unterstützen (z. B. wurde der Audio Director für ein paar Monate zum Teilzeit-Babysitter, damit der Game Director sich auf seine Aufgaben konzentrieren konnte). Wir kennen uns alle sehr gut, wissen um die aktuelle private Situation der Teammitglieder und kennen auch deren Stärken und Schwächen. Das ermöglicht es uns, Herausforderungen flexibel und effizient zu lösen. Schwieriger kann es allerdings werden, wenn man Grenzen zwischen unternehmensbezogenen Themen und dem Privatleben ziehen muss. Grundsätzlich denke ich, dass Ehrlichkeit, offene Kommunikation, Toleranz und Eigeninitiative Grundvoraussetzungen sind, um gemeinsam ein erfolgreiches Startup aufzubauen, zu wachsen und sich als Team zu entwickeln. Diese Eigenschaften haben uns an den Punkt gebracht, an dem wir jetzt sind und werden uns immer begleiten.

Wie geht es mit Dexai Arts und Beat' em Hub weiter?

Für Dexai liegt der Fokus jetzt natürlich auf der erfolgreichen Veröffentlichung unseres Spiels, während wir im Hintergrund bereits an der Konzeption des nächsten Titels arbeiten. Unser Ziel ist es, Dexai Arts als Spieleentwicklungsstudio über viele Jahre und Titel zu etablieren, weiter zu wachsen und unseren Grundsätzen immer treu zu bleiben.

Was die BEH betrifft, so haben wir viele spannende Projekte, Veranstaltungen und Partnerschaften am Horizont, und wir sind bereit, an allen Fronten voranzuschreiten und zu expandieren, von Community- und Kulturveranstaltungen bis hin zu Konferenzen, von Bildung bis hin zu Karrieren. Wir wollen sicherstellen, dass wir die Grundwerte und Absichten, die uns heute hierher gebracht haben, nicht aus den Augen verlieren. Schließlich ist alles ganz einfach: Wir spielen, haben Spaß und inspirieren andere, so wie sie uns inspirieren.

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Kontakt

Alina Rathke

Medienwirtschaft, Medientechnologie, Games, Film- und Fernsehwirtschaft

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