Neu in Berlin: BerlinViews

Kategorie: Neu in Berlin

Tanja Wagner, Anne Schwanz und Johanna Neuschäffer von BerlinViews vor einer grauen Wand.

Tanja Wagner, Anne Schwanz und Johanna Neuschäffer von BerlinViews

© Alexander Meyer

Der Krise zum Trotz und als kreatives Zeichen von gegenseitiger Solidarität haben Berliner Galerien ihre Kräfte gebündelt und mit BerlinViews eine neue Plattform ins Leben gerufen, die mehr als 30 Galerien und Galeriemodelle zusammenbringt. Projekt Zukunft hat mit OFFICE IMPART-Galeristin Anne Schwanz, eine der drei Initiatorinnen von BerlinViews, über die Initiative, die Verknüpfung von Physischem und Digitalem und die Berliner Kunstszene in Zeiten der Coronakrise gesprochen.

Hallo Frau Schwanz, vielen Dank für Ihre Zeit. Steigen wir direkt ins Thema ein: Was ist BerlinViews und was bietet die Plattform?

Die Website ist eine Initiative von über 30 Berliner Galerien als gemeinsames Zeichen zur Sichtbarkeit und Stärkung der Berliner Galerienszene und als Symbol gegenseitiger Solidarität in dieser Zeit. BerlinViews enthält ein Kurzprofil jeder teilnehmenden Galerie und bietet einen Einblick in die Vielfalt der Berliner Galerienszene. Die Website ist leicht zugänglich – die teilnehmenden Berliner Galerien stellen sich mit einem kurzen Text vor und präsentieren einen Künstler sowie einzelne Kunstwerke. Die Seite enthält Informationen zu den Werken und Preisen. Besucher*innen haben die Möglichkeit, direkt mit der Galerie Kontakt aufzunehmen, um weiterführende Informationen zu erhalten und die Arbeiten zu kaufen.

Wie kam das Projekt zustande? War BerlinViews schon eine Idee, die vor der Krise geboren wurde oder hat sich diese erst dadurch manifestiert?

Die Idee ist während der Anfänge der Kontaktsperre entstanden, wir – Tanja Wagner, Johanna Neuschäffer und ich – sind im engen Kontakt und wollten etwas machen, weil keiner absehen konnte, wie es weitergehen würde. Erste digitale Plattformen sind im Ausland entstanden und wir dachten, so etwas möchten wir gerne für Berlin und die Galerien aufbauen und somit sind wir gestartet und konnten es recht kurzfristig umsetzen.

Auf Ihrer Website sprechen Sie von einem Experimentierfeld, um die Potentiale digitaler Formate und Inhalte zu erforschen. Was können Sie uns bisher verraten?

Wir sehen BerlinViews als eine Möglichkeit, Inhalte in verschiedenen digitalen Formaten und transparent zu vermitteln. Im Moment sammeln wir Ideen für die nächsten Schritte. Für uns geht es ganz klar darum, das Digitale und Analoge nicht als Entweder-oder zu denken und mit den jeweiligen Stärken des Mediums zu arbeiten.

Wie sieht es mit der digitale Sichtbarkeit für Galerien aus: Haben Sie das Gefühl, dass viele Kunstinteressierte noch traditionell den Weg in die Galerien suchen, um Kunst zu konsumieren und ggf. zu kaufen oder kommen Menschen heute primär über Newsletter, Social Media und weitere digitale Kanäle mit Kunst und Galerien in Kontakt?

Ja, für uns ist es ziemlich eindeutig, dass sich ein Großteil der Kunstinteressierten als erstes im Netz vorab informieren, um dann in die Galerien zu gehen. Die digitalen Angebote werden auf jeden Fall als Quelle und Teaser genutzt und genau dafür ist BerlinViews gedacht. Eine gute digitale Sichtbarkeit der Galerien und Künstler ist sehr wichtig, um die Interessierten abzuholen und ihnen einen ersten Zugang zu ermöglichen.

Die Covid-19-Pandemie und ihre Auswirkungen haben unser Leben komplett umgekrempelt und auch die Kreativwirtschaft schwer getroffen. Wie ist es momentan um die Kunstbranche in Berlin bestellt?

Die Galerien und Museum machen langsam die Tür wieder auf, es gibt auch Besucher, aber es läuft alles sehr langsam an, das ist verständlich. Wir glauben fest daran, dass nichts die physische und direkte Erfahrung mit der Kunst ersetzt, aber sehen auch das Digitale und eben auch unsere Webseite als Möglichkeit, den Einstieg zu erleichtern, zu informieren und auch Transparenz in der Preisgestaltung für ein junges oder neues kunstinteressiertes Publikum zu schaffen. Es wird darum gehen, sich off- und online zu stärken.

Werden wir durch die Abstands- und Hygieneregeln, die vermutlich noch länger Bestand haben werden, Kunst ganz anders wahrnehmen und erleben, abgesehen davon, dass sich einiges ins Internet verlagert? Und wird der physische Besuch einer Galerie, eines Museums oder einer Kunstmesse auf lange Sicht bewusster, exklusiver sein, als vor der Pandemie?

Das wird die Zeit zeigen. Auf jeden Fall glauben wir daran, dass das physische Erleben nach wie vor ein unersetzbares Erlebnis ist. Vielleicht ergeben sich aus der reduzierten Besucherzahl in Museen und dem exklusiveren Galeriebesuch auch Chancen für die jeweiligen Institutionen, die man nutzen kann. Und sicherlich bleiben hierdurch die digitalen Formate eine gute Ergänzung zu dem, was physisch erlebbar ist.

Wird die Verbindung des Physischen mit dem digitalen Raum und die Schaffung solidarischer Netzwerke wie BerlinViews künftig noch wichtiger werden?

Absolut! Es ist eine sehr herausfordernde Zeit, aber es entsteht eben auch die Möglichkeit, Dinge anders anzugehen oder zu verändern. Das Ganze ist ein längerer Prozess, den wir unter anderem mit BerlinViews, im Austausch und mit Kollaborationen aktiv mit gestalten möchten.

Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Kunstszene mit ihren zahlreichen Galerien, Studios, Showrooms, Messen und Veranstaltungen, wie etwa das Gallery Weekend, die Berlin Art Week oder die Berlin Biennale, für den Wirtschaftsstandort Berlin?

Die Kunst- und Kulturszene ist das Rückgrat für Berlin, die energetische Kraft, die Berlin pulsieren lässt, die Stadt so inspirierend, so besonders macht. Als Galerien sind wir es gewohnt, uns voll und ganz für die Kunst und unsere Künstler*innen einzusetzen und das ist auch der Antrieb für unsere Arbeit, aber die Stadt muss auch begreifen, dass sie unbedingt handeln muss. Es ist genau dieser Reiz der Kunst- und Kulturszene, der über das Jahr Tausende von Touristen anzieht und auch attraktiv für Unternehmer*innen macht, sich Berlin als Standort auszusuchen. Es gilt jetzt die Szene zu fördern, zu unterstützen und auch langfristig wieder aufzubauen.

Vielen Dank für das Gespräch.

In Krisenzeiten entstehen die besten Ideen für die Zukunft! In der Themenreihe “Mastering the Crisis” stellt Projekt Zukunft regelmäßig Projekte aus Berlin vor, die im Kontext der Coronakrise entstanden sind, und befragt Branchenexperten, wie einzelne Digital-, Medien- und Kreativbereiche die wirtschaftliche Krise meistern.

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