Profis der Game-Szene denken bei Riot Games natürlich sofort an die Spiele „League of Legends“ und „Valorant“. Doch abseits von der Spieleentwicklung hat der Mammut-Entwickler mit Sitz in Los Angeles das Underrepresented Founders Program ins Leben gerufen, um damit unterrepräsentierte Entwickler und Spieler zu fördern.
Gegründet wurde Riot Games im Jahr 2006 von den Amerikanern Brandon Beck und Marc Merril und beide hatten die Vision mit ihren Videospielen die Szene nachhaltig zu verändern. Ihr erstes Spiel „League of Legends“, das 2009 erschien, entwickelte sich zum meistgespielten PC-Spiel der Welt. Mit ihrem Underrepresented Founders Program wollen sie Spieleentwickler finanziell unterstützen und die Gaming-Community stärken: „Bereits im Juni dieses Jahres haben wir unsere Unterstützung für Investitionen und Startup-Programme zugesagt und werden dafür zehn Millionen Dollar bereitstellen. Bei dem Programm geht es aber um mehr, als nur um Geld. Denn zusätzlich zur Finanzierung von Projekten werden wir Mentoring, Training und Unterstützung aus allen Disziplinen anbieten“, sagt Sean Krick, Brand Manager bei Riot Games.
Zudem will Riot Games, das weltweit 23 Büros unterhält – eines davon in Berlin, die unterrepräsentierten Entwickler mit den Besten der Branche vernetzen, um insgesamt die Spieler-Communitiy zu stärken: „Die Entwicklung der Spiele ist nicht einfach und wir möchten nicht, dass den Entwicklern noch weitere Hindernisse in den Weg gelegt werden, wie zum Beispiel eine Software, die sie sich nicht leisten können oder auch Hürden in der Bürokratie“, so Krick. Und weiter: „Wir wollen, dass sich Entwickler ausschließlich ihrer Vision widmen können.“
Erste Partnerschaft mit Twin Drums aus Berlin
Twin Drums aus Berlin ist das erste Indie-Entwickler-Studio, das sich im September 2020 in dem Programm aufgenommen wurde. Ihr Spiel, The Wagadu Chronicles, ist ein Afrofantasy-MMORPG, bei dem die Rollenspielelemente an erster Stelle stehen. Gründer und Game-Designer Allan Cudicio setzte sich sofort mit den Machern von Riot Games in Verbindung, als er von dem Programm hörte: „Mein erster Gedanke war: Ist das real oder erst mal nur eine laut ausgesprochene Idee? Aber es zeichnete sich sehr schnell ab, dass Riot Games nicht nur an einem Gespräch, sondern an einer echten Partnerschaft mit uns interessiert war. Wir erhielten finanzielle Unterstützung und das notwendige Know-how, um an den Wagadu-Chroniken zu arbeiten.“
Im Vergleich zu klassischen MMORPGs wird es in "The Wagadu Chronicles" keine Rassen geben, sondern Abstammungslinien: „Es ist in zweierlei Hinsicht etwas Besonderes. Zum einen spielt es in einer magischen Fantasiewelt, die sich nicht von den westlichen Stereotypen beeinflussen lässt, sondern auf den Mythologien und Kulturen Afrikas basiert. Zum anderen konzentriert es sich zu 100 Prozent auf das Rollenspiel, bei dem die Spieler ihre Charaktere ausleben können“, so Allan Cudicio.
Und die Riot-Games-Gründer ergänzen: „Da wir selbst als kleines Indie-Unternehmen angefangen haben, können wir die Vision und das Ziel des Studios, eine authentische Erfahrung für unterversorgte und unterrepräsentierte Spieler zu schaffen, sehr gut nachvollziehen.“
In der Game-Szene ist Vielfalt gefordert
Leider bestehe die Spielebranche hauptsächlich aus männlichen Weißen, sagt Allan Cudicio. Dabei würden immer mehr Frauen diese Domäne erobern – dennoch sei es noch ein weiter Weg, bis hier das Gleichgewicht hergestellt sei. Und so sei es nicht verwunderlich, dass fast ausschließlich Spiele entwickelt würden, die von der Vielfalt, wie sie in der realen Welt existiert, noch weit entfernt sind.
Dies war auch ein weiterer Grund für Riot Games das Programm ins Leben zu rufen: „Während die Film- und Musikindustrie bereits Erfolge in Bezug auf Vielfalt und Inklusion erzielen konnte, hinkt die Spieleindustrie sowohl bei den am Entstehungsprozess beteiligten Stimmen als auch bei den produzierten Inhalten, noch weit hinterher“, kritisieren Brandon Beck und Marc Merrill. Das Programm sei jedoch ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Bei der Kooperation mit Twin Games soll es für den US-Entwickler daher nicht enden: Riot Games sucht momentan nach neuen Partnern, um weiteren Entwicklern langfristig unter die Arme zu greifen. Mehr wollen sie noch nicht verraten, aber das Programm soll definitiv ausgebaut werden, betont Krick.
Abgesehen vom Underrepresented Founders Program sind bereits weitere Programme gestartet, die gezielt die Diversität in der Gamesbranche und den Zugang zu Afrika fördern sollen. Die Plattform "Enter Africa" wurde beispielsweise 2018 durch das Goethe Institut und den Accelerator Spielfabrique ins Leben gerufen, um junge Menschen der Sub-Sahara zu unterstützen Videospiele als Werkzeug zur Lösung von alltäglichen Problemen zu verstehen und gleichzeitig ein Games-Ökosystem zu gründen, dass Afrikanische Kulturen repräsentiert und eine Afrikanische Zukunft entwickelt.
Berlin – deutschlandweit die größte Games-Dichte
Twin Drums Founder Allan Cudicio sagt, der Standort Berlin sei für sein Studio ein Segen: „Die Kosten sind moderat (wenn auch steigend) und die Gameszene äußerst lebendig. Berlin hat einige wirklich großartige Networking-Events und Konferenzen! Schön wäre, wenn noch ein oder zwei weitere Berliner Unternehmen wachsen und zu „Hubs“ für Spiele in Europa und der Welt werden. Twin Drums könnte einer davon sein, wer weiß…“
Berlin ist mit knapp 140 Unternehmen deutschlandweit die Stadt mit der größten Dichte an Games-Unternehmen. Dies ist ein Ergebnis der von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in Auftrag gegebenen Studie zur Computer- und Videospielindustrie in Berlin. Mit 250 Mio. EUR Umsatz handelt es sich um eine hoch produktive und innovative Branche.
Die Gaming-Community ist in Berlin gut vernetzt. Wurden früher Conventions eher im kleinen Rahmen abgehalten, von denen nur die Szene wusste, ist das Zocken vor den Bildschirmen längst gesellschaftsfähig geworden. Große Arenen und Spielhallen bestimmen heute das Bild der Szene, etwa die gamesweekberlin, die mit der PRO X-Reihe in diesem Jahr ausschließlich online stattfand und unter anderem eine Projekt Zukunft-Masterclasszum Thema Games-Investment bot.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop: „Berlin ist es gelungen, sich innerhalb kürzester Zeit zu einem der Top-Standorte der Branche zu entwickeln. Wir bieten der Game-Szene sehr gute Rahmenbedingungen, daher ist Berlin in den letzten Jahren als europäischer Standort für international agierende Unternehmen immer attraktiver geworden. Wir freuen uns, wenn wir noch weitere Games-Unternehmen für Berlin gewinnen können und unterstützen diese gerne bei der Ansiedlung, Vernetzung und Entwicklung.“
Cudicio verrät zum Abschluss die Zukunftspläne für sein Studio: „Derzeit liegt unser Fokus auf der Veröffentlichung der Wagadu Chronicles Ende 2022 – daran werden wir kontinuierlich weiterarbeiten. Denn die Inbetriebnahme eines Online-Spiels ist nur der erste Schritt der Entwicklung.“