Zehn Jahre Deutscher Schauspielpreis

Kategorie: Zukunftsköpfe

Hans-Werner Meyer © Sebastian Reuter

Hans-Werner Meyer

© Sebastian Reuter

Am 3. September wird zum zehnten Mal der „Deutsche Schauspielpreis“ verliehen, eine Auszeichnung von Schauspieler*innen für Schauspieler*innen – das macht den Preis so besonders. Im Rahmen dieser Verleihung wird seit 2019 zusätzlich der „Deutsche Fairnesspreis“ ausgelobt, mit dem ver.di und der Bundesverband Schauspiel e. V. (BFFS) eine fiktionale Film- oder eine Serien-Produktion auszeichnen möchten, die in besonderer Weise den Blick auf ein gesellschaftlich relevantes Thema lenkt. In diesem Jahr steht die Verleihung unter dem Motto: „Brücken bauen“. Projekt Zukunft, eine Initiative der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (SenWEB), ist exklusiver Partner des Preises.

Hans-Werner Meyer, Gründungsmitglied und Vorstand des BFFS, und einer der Initiatoren des „Deutschen Schauspielpreises“, erläutert im Interview, warum eine Gewerkschaft für Schauspieler*innen gerade heute so wichtig ist, verrät die Highlights der diesjährigen Verleihung und sagt, was den „Deutschen Fairnesspreis“ in diesem Jahr so besonders macht.

Sie feiern in diesem Jahr das zehnjährige Jubiläum des „Deutschen Schauspielpreises“. Auf was sind Sie besonders stolz, wenn Sie zurückschauen?

Das Wort „stolz“ trifft das Gefühl nicht ganz. Ich staune immer noch, was aus der Idee geworden ist, einen solchen Preis zu verleihen, welch ungeheure Energie dadurch freigesetzt wurde, wie viele Menschen sich in den Dienst dieser Idee gestellt haben und dadurch eine neue Gemeinschaft unter Schauspieler*innen geschaffen haben, die weit über unseren Beruf hinausstahlt.

Und wo sehen Sie den Preis in zehn Jahren?

Nicht nur Kunst, sondern auch ein solcher Preis ist schön, macht aber viel Arbeit, um Karl Valentin zu paraphrasieren. Und so hoffe ich, dass der Preis in zehn Jahren immer noch existiert und, dass das Fundament, auf dem er steht, immer sicherer und haltbarer wird und dabei seine Seele behält.

Ein Preis von Schauspieler*innen für Schauspieler*innen – macht das den Preis so besonders?

Ja, das scheint eine besondere Magie zu haben. Wir blicken anders auf die Arbeit der Kolleg*innen als Kritiker*innen und Publikum. Für uns ist sie in erster Linie Quelle der Inspiration. Ob jemand bekannt ist oder nicht, spielt für uns absolut keine Rolle. Dadurch haben wir die Freiheit, die Aufmerksamkeit auf interessante Kolleg*innen zu richten, die bisher möglicherweise einem großen Publikum noch nicht bekannt waren. Die stehen dann neben ihren bekannteren Kolleg*innen auf der Bühne und man sieht: Es ist der Beruf des Schauspielers selbst, der diesen Zauber ausübt, nicht die Prominenz.

Wie wird die Verleihung in diesem Jahr stattfinden – im letzten Jahr feierten Sie natürlich in einem wesentlich kleineren Rahmen, als in den Jahren zuvor…

Auch in diesem Jahr waren wir gezwungen, unter Corona-Bedingungen zu planen. Wir wussten am Anfang des Jahres ja nicht, wie die Lage im September sein würde. Auch jetzt wissen wir es noch nicht wirklich. Darum wird es, wie auch im letzten Jahr mit maximal 400 Zuschauer*innen im Spindler und Klatt stattfinden und gleichzeitig live gestreamt werden.

Und worauf freuen Sie sich dieses Mal ganz besonders – was sind die Highlights?

Der Lebenswerkpreis für Cornelia Froboess, der Theaterpreis für den Schauspieler und Autor Klaus Pohl für das von ihm geschriebene und gelesene Hörbuch „Sein oder Nichtsein“ über den Probenprozess der legendären Hamlet-Inszenierung von Peter Zadek aus dem Jahr 1999, zwei neue Songs, der Fairnesspreis für Henning Backhaus‘ Kurzfilm „Das beste Orchester der Welt“, Jochen Schropp als Ko-Moderator neben Nadine Heidenreich, es gibt viele Highlights. Ganz besonders freue ich mich aber, dass es überhaupt stattfinden kann, trotz all der Widrigkeiten.

Seit 2006 sind Sie zudem ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Schauspiel (BFFS) – warum ist es nach wie vor so wichtig, eine Gewerkschaft für Schauspieler*innen zu haben?

Es ist nicht nur nach wie vor wichtig, sondern wird immer wichtiger in einer Zeit, in der Gewissheiten sicher geglaubte Bindungen verschwinden. Schauspieler*innen haben gemeinsame Interessen, die gebündelt und vertreten werden müssen. Das ist aber nicht nur für unseren Berufsstand von Bedeutung. Überall dort, wo es starke Schauspiel-Gewerkschaften gibt, blüht auch die Filmindustrie.

Wir stehen vor einem Herbst, der auch die Schauspielszene wieder einmal auf eine harte Probe stellen kann – was wünschen Sie sich hier konkret von der Politik?

Ich wünsche mir, dass Lehren aus den letzten Lockdowns gezogen wurden und auch den auf Projektbasis Beschäftigten, denn das sind wir Schauspieler*innen in der Regel, schneller und unkomplizierter geholfen wird, die Zeit des faktischen Berufsverbotes zu überstehen, als das während der ersten zehn Monate der Corona-Krise der Fall war.

Anfang des Jahres haben Sie einen Nothilfefonds für kurzfristig beschäftigte Schauspieler*innen gefordert. Mit Erfolg. Allerdings galt der Zeitraum bis Juni. Hat sich die Lage generell so weit entspannt, dass keine weiteren Hilfen nötig sind…? Oder müssen Sie wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren?

Derzeit wird überall wieder gespielt und gedreht. Hoffen wir, dass es so bleibt. Das Problem für viele unserer Kolleg*innen ist aber, dass in den Monaten März bis Dezember letzten Jahres eben keine Hilfen für die befristet beschäftigten Künstler*innen existierten. Da sind große finanzielle Löcher entstanden, die von Menschen privat gestopft werden müssen, die teilweise ohnehin nur von 10.000 Eur0 oder 20.000 Euro im Jahr leben müssen.

2019 wurde erstmal der Deutsche Fairnesspreis mit ausgelobt – in diesem Jahr steht er unter dem Motto „Brücken bauen“. Können Sie mehr darüber erzählen? Auch über die Nominierten und warum der Preis so wichtig ist?

Den „Deutschen Fairnesspreis“ verleihen wir zusammen mit unserer Schwestergewerkschaft ver.di, mit der wir auch bei Tarifverhandlungen sehr gut zusammenarbeiten. Fairness ist die Grundlage für zivilisiertes und friedliches Zusammenleben. Aber was macht Fairness aus? Das wollen wir jedes Jahr aufs Neue durch die Beleuchtung eines Themas untersuchen, das uns in dem Jahr besonders wichtig erscheint.

Die Corona-Krise hat tiefe Gräben zwischen den Menschen gerissen. So erscheint uns in diesem Jahr die Fähigkeit besonders wichtig, Brücken über das Trennende zu bauen, um fair miteinander umgehen zu können. Die Jury, bestehend aus Mitgliedern verschiedener Filmverbände, hat sich für den Kurzfilm „Das beste Orchester der Welt“ von Henning Backhaus entschieden, der mit Mitteln des Humors von der Absurdität der Ausgrenzung erzählt.

Was macht Berlin nach wie vor als Film- und TV-Standort aus?

Berlin ist und bleibt die Stadt, in der am meisten passiert, die Stadt, in die es die meisten Kulturschaffenden zieht, die Stadt mit der größten auch internationalen Strahlkraft Deutschlands, Magnet auch für sowohl nationale als auch internationale Filmproduktionen. Sie ist die Stadt der Freiheit, des Streits, der Verwerfungen. Nur eins ist Berlin nicht: Gemütlich. Eine Unruhe, ein Unbehagen begleitet die Menschen in Berlin, und es ist dieses Unbehagen, aus dem heraus Kunst und Kreativität entsteht.

Über den „Deutschen Schauspielpreis“

Der „Deutsche Schauspielpreis“ wurde vom BundesverbandSchauspiel e. V. (BFFS) ins Leben gerufen und während der „Berlinale 2012“ zum ersten Mal verliehen. Die Preisverleihung ist eine Non-Profit-Veranstaltung, die nur durch ein breites ehrenamtliches Engagement der Schauspielerinnen und Schauspieler, zahlreicher Freunde und Unterstützer*innen, Förderer und Sponsor*innen ermöglicht wird.

Über den „Deutschen Fairnesspreis“

Der „Deutsche Fairnesspreis“ ist ein 2019 erstmals ausgelobter Preis, mit dem ver.di und BFFS eine fiktionale Film-, Dokumentarfilm- oder eine Serien-Produktion auszeichnen möchten, die in besonderer Weise den Blick auf ein gesellschaftlich relevantes Thema lenkt, das im weiteren Sinn mit Fairness zusammenhängt. Das jährlich wechselnde Thema legen ver.di und BFFS jeweils im ersten Quartal eines Jahres fest. 2019 ging es um Diversity (Vielfalt), im vergangenen Jahr lag der Fokus auf Streitkultur und aktuell lautet das Thema „Brücken bauen“. PZ ist von Beginn an Partner des Preises.

Kontakt

Christopher Hohage

Medienwirtschaft, Medientechnologie, Games, Film- und Fernsehwirtschaft

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