Zukunftskopf: Co-Gründerin und CEO Aimie-Sarah Carstensen von ArtNight
Die Mission der Gründerin Aimie-Sarah Carstensen ist Kreativität zu einer Routine zu machen, die alle lieben. Wie sie das mit ArtNight schafft, erzählt sie uns im Interview. Mehr
Anika Wiest
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Das Indie-Studio Paintbucket Games aus Berlin kannten bis zum Sommer 2018 nicht viele. Doch dann entwickelten sie das Spiel „Through the Darkest of Times“, das in Deutschland für Furore sorgte. Und zwar weil bis dahin Hakenkreuze und Hitlergruß bei Computerspielen verboten waren.
Das Spiel von Paintbucket Games zeigt diese Symbole nicht nur, sondern das Spiel ist auch ab 12 Jahren freigegeben. Bei der Begründung bezieht sich die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) auf einen Paragrafen, der die Sozialadäquanz künftig auch auf Computerspiele bezieht. Durch diese Klausel gelten die Verbote nicht für bestimmte Verwendungen von Kennzeichen in den Bereichen der Wissenschaft und Lehre, der Kunst oder der staatsbürgerlichen Aufklärung. Gleichermaßen ist auch das Verwenden von Kennzeichen nicht strafbar, wenn eine Ablehnung der Nazi-Ideologie klar erkennbar ist.
„In den Gesprächen im Rahmen der GAMESCOM haben wir oft darüber diskutiert, ab welchem Alter zum Beispiel der Nationalsozialismus oder der Holocaust thematisiert werden sollte, und auch in welcher Form. Ob das auch im Rahmen eines Spiels funktionieren kann? Wir denken: Ja, und sind froh, hier ein Thema angestoßen zu haben,“ berichtet Entwickler Sebastian Schulz von Paintbucket Games.
Aufschrei bei Politikern
Trotz aller Voraussetzungen stand das Studio nach der Freigabe durch die USK plötzlich im Zentrum eines hohen Medienechos, welches von deutlicher Zustimmung bis öffentlicher Empörung reichte. Paintbucket Games hat immer wieder auf den aufklärerischen Charakter des Spiels verwiesen und stieß bei der Gamer-Community auf hohe Zustimmung. Die Befürworter argumentierten, dass viele Jugendliche gar keine Filme oder Bücher mehr konsumieren würden und ein solches Spiel allenfalls der einzige Zugang für diese Zielgruppe ist. Beim Deutschen Entwicklerpreis 2018 wurden die Berliner als „Bestes Studio“ ausgezeichnet – trotz heftiger Proteste von Politikern und einer Reklamation des israelischen Botschafters. „Mit ihrem Spiel hat das Studio nicht nur gezeigt, wie verantwortungsvoll, kritisch und bedeutsam Spiele sein können, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigen. Die Entwickler sind mit ihrem Projekt auch einen mutigen Weg gegangen“, hieß es in der Begründung der Jury.
Geschichte aus der Sicht einfacher Berliner Bürger
Eine Meinung, die auch das Medienboard Berlin-Brandenburg teilt, welches Paintbucket Games von Anfang an bei ihrem Projekt unterstützt. „Through the Darkest of Times“ leistet nicht nur wertvolle Aufklärungsarbeit rund um dieses dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte, vor allem hat das Spiel wenig zu tun mit dem allgemein gültigen Verständnis solcher Games in der breiten Öffentlichkeit. Es gibt keine Schießereien und auch keine Gewalt, sondern die Macher von Paintbucket Games haben versucht, die damalige Stimmung der Menschen in den Spielfiguren wiederzugeben. Der Spieler wählt deshalb auch nicht zwischen grimmigen und schießwütigen Nazis aus, sondern kann sich in normale Berliner Bürger wie Taxifahrer, Beamte oder Politiker hineinversetzen. „Man spielt in den Jahren 1933 bis 1945 eine Gruppe von zivilen Widerstandskämpfern, die versuchen dem NS-System mit ihren Mitteln etwas entgegenzusetzen“, erklärt Schulz.
Spiele sind wie Filme und Bücher
Natürlich war den Entwicklern bewusst, dass „Through the Darkest of Times“ provozieren wird, obwohl sie nicht mit so einem großen Wirbel gerechnet hatten. Mit der Lancierung verfolgen die Berliner aber auch ein persönliches Anliegen: „Ich möchte, dass Spiele wie andere Medien behandelt werden“, sagt Co-Entwickler Jörg Friedrich gegenüber dem Onlinemagazin golem.de. Schließlich ist das Zeigen von Nazisymbolen in der Serie „Babylon Berlin“ oder auch im Hollywood-Streifen „Inglorious Bastards“ erlaubt. Für Sebastian Schultz können Spiele den selben Anspruch wie Filme oder Bücher geltend machen und pflichtet seinem Studio-Partner bei: „Jörg und ich sind ja gleichzeitig Spieleentwickler und politische Menschen, und wollen mit “Paintbucket Games” unser Medium, das wir beherrschen, nutzen um gute, intelligente Spiele zu entwickeln, die unterhalten und fesseln können, aber eben auch eine Aussage haben.
Mit dem ersten Spiel, das eine Altersfreigabe der USK nach den neuen Regeln zu verfassungswidrigen Symbolen erhalten hat, gibt das Berliner Studio somit die Richtung für zukünftige Spiele in Deutschland vor – ein Medium, das der gesellschaftlichen Verantwortung der Geschichte Herr werden kann, ohne auf künstlerische Freiheit zu verzichten. Doch bevor sich Paintbucket Games an das nächste Projekt wagen, gilt ihre volle Aufmerksamkeit dem Hier und Jetzt: „Wir sind inzwischen auch zu einer richtigen kleinen Firma mit zwei wunderbaren Angestellten herangewachsen und wollen auf Dauer hier in Kreuzberg arbeiten und gute Spiele machen! Deshalb hat man natürlich die nächsten Ideen schon im Hinterkopf, aber im Moment erfordert “TtDoT” schon unsere ganze Aufmerksamkeit.“
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