Die Corona-Pandemie zeigt einmal mehr, wie wichtig es in vielen Lebensbereichen ist, über aktuelle und frei zugängliche Daten zu verfügen. So orientierte sich in den letzten Monaten auch die Bundesregierung in ihren Beschlüssen an den Daten zu Infiziertenzahlen, um die Pandemie erfolgreich einzudämmen. Aber auch sehr spezifische Daten zu Gehwegen, Straßen und Spielplätzen, die bereits vor und nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Pandemie erhoben wurden, erhielten in der Krisenzeit eine neue Relevanz.
Folgende Beispiele zeigen, welchen Mehrwert offene Daten für die Stadt besitzen, denn sie bilden – nicht nur in Krisenzeiten – das Fundament für eine Smart City und die digitale Zukunft. Für den freien Zugang zu öffentlichen Daten setzt sich Projekt Zukunft bereits seit vielen Jahren im Rahmen der Open Data Berlin Strategie u.a. durch die Finanzierung des Betriebs des Berliner Open Data Portals ein. Auf diesem werden aktuell von der Verwaltung und anderen Institutionen bis zu 2.243 Datensätze in 22 Kategorien veröffentlicht. Diese Datensätze stehen den Bürger*innen, Startups, sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) zur freien Weiterverwendung, Weiterverbreitung für kommerzielle und nicht kommerzielle Zwecke zur Verfügung. Dadurch fördert Projekt Zukunft die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Apps mit offenen Daten aus dem Open Data Portal.
Weiterhin wird mit der Landesinitiative Projekt Zukunft der Erfahrungs- und Wissensaustausch im Bereich Open Data durch die Organisation des jährlichen Berlin Open Data Days gepflegt, welcher die Berliner Community mit der Berliner Verwaltung zusammenbringt.
Covid-19-Fälle nach Altersgruppen und Bezirken
Daten zu den Covid 19 Infektionen in den Berliner Bezirken sind seit Wochen in den Medien). Regelmäßig gibt die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung aktuelle Zahlen zu Covid-19-Infektionen für Berlin heraus, die auf den offenen Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) beruhen. Die zugrundeliegenden Daten des RKI werden von ESRI, einem amerikanischen Unternehmen spezialisiert auf Geoinformationssysteme, auf ihrem Corona-Hub bereitgestellt und visualisiert.
Auf dem Covid-19-Dashboard ist die Situation für ganz Deutschland aufgelistet, gegliedert nach den einzelnen Bundesländern. Die Zahlen sind jeweils nach Alter und Geschlecht sortiert, zudem wurde auf der Grundlage der Zahlen ein Ampelsystem initiiert, das für die drei Warnindikatoren steht und sich nach der Reproduktionszahl „R“ richtet.
Ein weiteres Dashboard für das Land Berlin zeigt die Fälle gegliedert nach Bezirken, basierend auf den Zahlen des RKI, sowie der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung.
Für Krankenhäuser ist die Coronakrise eine Ausnahmesituation. Langsam finden sie wieder zum Normalbetrieb. Doch die Lage bleibt dynamisch. Wie Krankenhäuser mit einem Echtzeit-Dashboard die Coorna Pandemie Situation überblicken, lesen Sie hier.
Wie wirken sich die Corona-Lockerungen auf zukünftige Krankenhausaufenthalte und den Bedarf an Intensivbetten aus? Mit einem neuen ArcGIS Pro Tool lässt sich dies modellieren und abschätzen. Hier geht es zu der Übersicht.
Gehwegerweiterung
Nicht in allen Bereichen des Stadtgebietes sind die coronabedingten Abstandsregeln für Bürger*innen immer ohne Probleme einzuhalten, wie etwa auf schmalen Fußgängerwegen belebter Stadtviertel. Doch bereits 2014 wurden durch eine Straßenbefahrung die Berliner Gehwegbreiten analysiert und im letzten Jahr als Open Data veröffentlicht. „Durch die Auswertung dieses Datensatzes können wir diejenigen Stadtgebiete besser erkennen, die überwiegend schmale Gehwege aufweisen und in denen dementsprechend ein ausreichender Mindestabstand zwischen Fußgängern schwer einzuhalten ist“, sagt Victoria Boeck, Mitarbeiterin in der Open Data-Informationsstelle (ODIS). „Die Verwaltung könnte diese Daten nutzen, um die Gebiete zu identifizieren, die von Straßensperrungen – durch die ein zusätzlicher Bewegungsraum für Passant*innen geschaffen wird – besonders profitieren würden.“ Dass diese Analyse so schnell umgesetzt werden konnte, war nur möglich, weil diese Daten bereits als Open Data verfügbar waren, betont die Expertin ausdrücklich.
Spielstraßen und Popup-Radwege
Die Webplattform FixMyBerlin zeigt anhand von digitalen Karten, wie sicher die Berliner Radwege sind und zeichnet in Echtzeit geplante Bauvorhaben nach. Das Leuchtturm-Projekt bildet dabei der „Happy-Bike-Index“ mit Daten von der Senatsverwaltung für Umwelt-, Verkehr- und Klimaschutz und aus dem öffentlichen Geodatenkatalog des FIS-Broker.
Das Team aus Entwicklern, Designern, Verkehrsplanern und Datenspezialisten nutzt vor allem das Detailnetz aller Straßen, den Datensatz zu den Radverkehrsanlagen und den offenen Datensatz zu Tempolimits: „Von der InfraVelo bekommen wir die Daten zu bezirksübergreifenden Neuplanungen von Radwegen, aus einzelnen Bezirken auch entsprechende Planungsdaten. Außerdem nutzen wir das durch die Stadt bereitgestellte 3D-Modell und das Straßenkataster aus der Befahrung 2014/15“, sagt Boris Hekele, Gründer und Geschäftsführer von FixMyBerlin.
Die Projekte mit den Popup-Radwegen zeigt, dass das Thema der gerechten Flächenverteilung durch Corona nochmals stark an Bedeutung gewonnen hat. Die Menschen sind stärker sensibilisiert. Gerade jetzt nimmt der Nutzungsdruck auf Fuß- und Radwegen extrem zu. Einerseits setzen viele Menschen auf aktive Mobilität statt auf den ÖPNV. Zudem versuchen wir alle, die Mindestabstände einzuhalten.
Die Folge: Es wird noch enger auf den Rad- und Fußwegen. Menschen stehen z.B. in Schlangen vor Geschäften. Andere Fußgänger*innen können diese aber kaum überholen oder vorbeigehen, ohne auf den Radweg auszuweichen, da der Platz sehr begrenzt ist. Dann kann es zu Konflikten zwischen Radfahrer*innen und Fußgänger*innen kommen. Gleichzeitig nehmen Autos – meist stehend – einen großen Teil des Straßenraumes ein. Da stellt man sich natürlich die Frage, was wichtiger ist – der Parkplatz des Autos oder die Möglichkeit, die Abstandsregelung einhalten zu können. Das verändert gerade unser Bewusstsein für die Ressource Raum.
Die Daten für die Entwicklung der Webplattform bzw. App wurden in den vergangenen Jahren aufgearbeitet und darauf aufbauend kartenbasierte Anwendungen entwickelt. „Auf Basis der offenen Daten waren wir im Zuge der Pandemie schnell in der Lage zu reagieren. Zum einen konnten wir ohne Aufwand die Popup-Radwege visualisieren, die der Senatsverwaltung für Umwelt-, Verkehr- und Klimaschutz in der bundesweiten Kommunikation bereits geholfen haben, zum anderen haben wir innerhalb weniger Tage neue Anwendungen schreiben können, wie die zu den Spielstraßen.“ Die Pop-up Spielstraßen werden temporär immer an Sonn- und Feiertagen mit Hilfe der Anwohner*innen eingerichtet, um Kindern mehr Platz zum Spielen und Verweilen zu bieten.
Spielplätze
Gerade die Kleinsten hatten es in der Krise besonders schwer: Die Kitas und Schulen blieben geschlossen und auch die Spielplätze waren aus Sicherheitsgründen abgesperrt. Seit dem 30. April wurden die Spielplätze in allen Bezirken wieder geöffnet. Eltern sind seitdem dazu aufgerufen, ihre Kinder zur Abstandshaltung anzuleiten.
Der Bezirk Pankow gab bereits im Vorfeld eine Liste mit Spielplätzen und Informationen wie Öffnungsterminen, Personenbeschränkungen etc. heraus. Anhand dieser Liste hat Christer Lorenz, Account Manager Local Authorities bei Esri Deutschland und Esri Schweiz eine Kartenapp gebaut, auf der man sich schnell einen Überblick verschaffen konnte, wo in der Nähe ein Spielplatz geöffnet war. Gebaut wurde die Anwendung mit der ArcGISOnline Webapp.
Zusätzlich sorgt Friedrichshain-Kreuzberg für mehr Platz: Damit Kinder und Eltern sich nicht an den Klettergerüsten drängeln, wurden jeden Sonntag bis zu 30 Straßen in der Nähe von Spielplätzen für Autos gesperrt und zum Spielen geöffnet. Von der Idee bis zur Umsetzung waren es zwei Wochen, so Hekele von fixmyberlin.de. Das Portal war für Entwicklung der Software zur Mobilitätswende verantwortlich. Die temporären Spielstraßen sollen noch bis zum 28. Juni erlaubt sein.
Terrassen – zusätzliche Flächen für Restaurants und den Einzelhandel
Im Zuge der Lockerungen der Covid-19-Eindämmungsverordnung können seit dem 15. Mai wieder Tischbedienungen durchführt werden, wenn dabei der Mindestabstand von 1,50 m zwischen den Gästen gewährleistet wird. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg bietet Gewerbetreibenden, dem Einzelhandel und sozialen Projekten an, Tische, Stühle und Auslagen temporär auf das Straßenland zu verlagern.
Auf fixmyberlin.de konnten Gastronomiebetriebe und soziale Projekte bis zum 17. Mai Bedarfsmeldungen für mehr Fläche abgeben. Von Straßensperrungen wurde abgesehen, um die Anwohner nicht zu belasten – und die Gehwege zu entlasten. Die Gastronomie darf sich deshalb maximal bis zur Größe des ursprünglichen Terrassenangebots auf dem Asphalt ausbreiten, Läden ohne Platz im Freien auf Breite der Fensterfront. Die Berechnungen der zusätzlichen Flächen wurden von der Initiative FixMyBerlin übernommen.