TRANSIT Verlag: „Wir wollen Schubladen aufbrechen.”
Der TRANSIT Verlag ist Preisträger des Berliner Verlagspreises 2024. Ein Gespräch mit Verleger Rainer Nitsche. Mehr
Anika Wiest
E-mail: anika.wiest@senweb.berlin.de
Telefon: (030) 90138423
Die Meere werden als Müllkippe missbraucht. 35 Milliarden Plastikflaschen landen jährlich in den Ozeanen oder auf Deponien. Paul Kupfer und sein 30-köpfiges Team von soulbottles möchten das ändern. Sie stellen seit 2013 nachhaltige Trinkflaschen mit individuellen Motiven her – Umweltbewusstsein trifft auf Lifestyle. Geschäftsführer Paul Kupfer möchte mit soulbottles zudem Lösungen anbieten, die nicht nur nachhaltig sind und die Umwelt schonen, sondern auch Spaß machen und gut aussehen.
Sie verkaufen eine komplett plastikfreie Trinkflasche aus Glas, die nicht nur nachhaltig ist, sondern auch mit ihrem einfallsreichen Design überrascht. Ökologischer Lifestyle – oder was kann man sich genau darunter vorstellen?
Im Kern geht es natürlich darum, die Welt zu retten. Und irgendwo muss man ja anfangen. In Deutschland hat Leitungswasser eine Super-Qualität und trotzdem kaufen wir Millionen von Plastikflaschen im Supermarkt, um Wasser zu trinken, das durch die halbe Welt transportiert wurde. Das ist schlecht für den Planeten, schlecht für die Gesundheit und kostet auch einfach viel zu viel Geld. Allerdings mag ich das Wort „Lifestyle“ nicht besonders, vor allen Dingen, weil es sich für mich immer nach Konsum anhört. Nach noch mehr kaufen. Eigentlich sind soulbottles aber das Gegenteil, eher eine Art Anti-Konsum mit der Kernbotschaft: Kaufe eine Trinkflasche und nicht zehn Plastikflaschen in der Woche.
Was macht soulbottles so nachhaltig?
Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, richtig schöne und saubere Trinkflaschen herzustellen. Das haben wir auch geschafft. Und soulbottles sind, wie bereits erwähnt, komplett plastikfrei und werden zu 100 Prozent in Deutschland produziert. Außerdem fließt ein Euro pro verkaufter Flasche an Trinkwasserprojekte. Damit haben wir in den letzten drei Jahren für die Organisation „Viva con Agua“ über 300.000 Euro eingenommen.
Aktuell landen pro Jahr 35 Milliarden Plastikflaschen in den Ozeanen und auf Mülldeponien. Im Jahr 2050 könnte es in den Meeren mehr Plastik als Fische geben. Können Sie mit einem Unternehmen wie soulbottles die Trendwende einleiten?
Es ist ja bereits jetzt mehr Plastik als Plankton im Ozean. Und das betrifft uns alle, denn über Nahrungsketten landet das Plastik auch in unseren Körpern. Vom Artensterben und all den Auswirkungen, die wir heute noch gar nicht abschätzen können, einmal abgesehen. Kann soulbottles hier eine Trendwende einleiten? Hoffentlich! Wir geben uns jedenfalls größte Mühe, aber allein schaffen wir das wahrscheinlich nicht. Gerade im Unternehmensbereich sollte Nachhaltigkeit eine viel größere Rolle spielen.
Liegt bei Ihnen das Thema „Nachhaltigkeit“ in den Genen?
Ich bin kein Biologe, aber ich habe mal gehört, dass es eine Art „Grundmoral“ geben soll. So halten es zumindest einige Wissenschaftler für möglich, dass diese auch in der DNA abgespeichert sein könnte. Vielleicht liegt es aber auch an meinem soziokulturellen Hintergrund: Mein Vater war beispielsweise Gründungsmitglied bei den Grünen und sogar meine Oma ist heute noch Mitglied.
Sie haben 2011 mit Ihrem Freund und Partner Georg Tarne in einem Berliner Hinterzimmer an der Idee gearbeitet und kurz darauf kamen die ersten Prototypen auf den Markt. Wie viele Mitarbeiter*innen hat Ihr Unternehmen heute?
Streng genommen war es in Wien. Und auch kein Hinterzimmer, sondern mein WG-Zimmer. Georg und ich waren zu diesem Zeitpunkt offiziell Studenten. Er war allerdings bereits damals begeistert von der Idee des „Social Entrepreneurship“. Also ein For-Profit-Unternehmen mit einer sozialen Mission. Ich wollte am Anfang vor allem erst einmal ausprobieren, ob ich es schaffen kann, Zeichnungen auf Glasflaschen zu brennen. Nach einigen Monaten hatten wir es in mühevoller Handarbeit geschafft: Freunde und Bekannte waren begeistert und wollten die soulbottle kaufen – so kam der Stein ins Rollen. In meine Heimatstadt Berlin zog ich dann wieder 2013 und hier bauten wir auch unser Lager und Büro auf. Und heute arbeiten bei uns über 30 Leute.
Die Flaschen bestechen durch einfallsreiche und witzige Motive. Kommen die Ideen alle von Ihnen oder kann man sogar sein persönliches Lieblingsmotiv in Auftrag geben?
Dankeschön, aber wir gestalten die Motive nicht selbst, sondern möchten jungen Künstlern die Gelegenheit geben, sich auf unseren „gläsernen Leinwänden“ zu verewigen. Dafür finden immer wieder Design-Contests statt, bei denen unsere Community selbst Motive gestalten und hochladen kann. Dann stimmen unsere Fans und Kunden über die Motive ab. Beim letzten Mal gingen über 200 Ideen ein und es wurde fast 100.000 Mal abgestimmt. Das Ergebnis kann man hier sehen: Es ist aber auch möglich, sich ein ganz eigenes Design erstellen zu lassen, eine E-Mail genügt: Die Druckmaschine schmeißen wir ab 50 Stück an.
Wo sehen Sie soulbottles in fünf Jahren?
Ich finde es eigentlich schade, dass die Gründer darauf immer eine Antwort finden sollen. Daher habe ich einfach mal im Team nachgefragt. Moritz vom Controlling sagt: „Ganz weit oben.“ David (Personal und Logistik) hat geantwortet: „Als ein Vorreiter für eine tolle soziale Unternehmenskultur und einen nachhaltigen Partner für nachhaltigen Konsum.“ Und Angelika (International Sale): „Wir sind mittlerweile in ganz Europa vertreten.“
Dem kann ich mich nur anschließen. Ich persönlich konzentriere mich gerade auf unser nächstes Projekt mit unserem Partner „Viva con Agua“. Wir besuchen die Trinkwasserprojekte in Ruanda und Uganda und wollen in einem Monat über 500 Kilometer zu Fuß zurücklegen, um auf die Wasserknappheit vor Ort aufmerksam zu machen.
Schauen wir noch weiter nach vorn: Wie könnte eine plastikfreie Zukunft aussehen?
Ich glaube, die Zukunft muss nicht unbedingt plastikfrei sein. Es gibt viele Anwendungsbereiche, wie beispielsweise in der Medizin, wo Plastik durchaus sinnvoll ist. Ich wünsche mir eine Zukunft, in der wir nicht mehr so viele Verpackungen herstellen, die dann einfach weggeschmissen werden. Wie das aussehen könnte? Dafür kann man einfach wieder zurück in die Vergangenheit schauen. Denn noch vor einigen Jahrzehnten wurde noch nicht so viel Plastikmüll produziert.
Zu guter Letzt: Könnten Sie bitte folgenden Satz vervollständigen: „Berlin ist…“
Heimat. Bunt, inspirierend. Im Winter ganz schrecklich, im Sommer ganz toll, voller Baustellen und Techno, lustig, riesig, verpeilt. Und für mich die schönste Stadt der Welt.
Leitung Kreativ- und Medienwirtschaft, Digitalwirtschaft, Projekt Zukunft
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