Vorschläge für eine bessere Zukunft: Die BERLIN DESIGN WEEK 2022

Kategorie: Kreativwirtschaft

BNDNWK 2022

© Melanie Niepraschk

Das war die fünfte BERLIN DESIGN WEEK (BNDNWK) und nach zwei Jahren Pandemie konnten sich die Besucher:innen wieder vor Ort bei Offenen Studios, Panels, Ausstellungen und Workshops über aktuelle Design-Trends informieren. Wir sprechen im Interview mit Alexandra Klatt, Director BERLIN DESIGN WEEK, und Uwe Cremering, CEO iF Design und verantwortlich für die iF DESIGN AWARDS, über die vergangene BNDNWK und die künftige Entwicklung in der Designwelt.

Liebe Frau Klatt, lieber Herr Cremering. Beginnen wir doch erst einmal mit einem allgemeinen Eindruck. Wie haben Sie die elf Tage erlebt?

Alexandra Klatt: Nachdem die BNDNWK 2020 abgesagt werden musste, fand sie 2021 fast ausschließlich digital statt. In diesem Jahr konnten wir endlich wieder ein umfassendes physisches Programm mit zehn Ausstellungen präsentieren, darunter auch unsere OPEN STUDIO NIGHTS, die wir bewusst an den Anfang der BNDNWK gesetzt haben. Berliner Designer:innen haben die Türen zu ihren Studios geöffnet und gezeigt, wie und woran sie arbeiten.Die Stimmung war sehr gut und die Orte sehr gut besucht. Es gab ausgebuchte Workshops und Talks, die wegen der hohen Nachfrage wiederholt wurden, das war toll. Insgesamt haben sich 30 Locations und sieben Institutionen beteiligt. Es fand also auch endlich wieder ein großes persönliches Netzwerken statt, unsere Designer:innen sind mit internationalen Gästen in Kontakt gekommen, neue Kooperationen wurden angestoßen und Ideen und Inspiration ausgetauscht. Dieses unmittelbare Erleben und Austauschen hat sich durch die gesamte BNDNWK gezogen, die Mischung unserer Teilnehmenden aus Designer:innen, Interessierten, Geschäftspartner:innen und Design-Nachwuchs sowie die Bandbreite unserer Formate aus Fachveranstaltungen, Fachtalks oder Fachpräsentationen haben dies zusätzlich befördert. Wir blicken auf ein erfolgreiches und ereignisreiches Festival zurück – mit 150 nationalen sowie internationalen Teilnehmenden aus 42 Ländern.

Mit dem iF DESIGN AWARD werden während der BNDNWK mit die prestigeträchtigsten Design-Awards der Welt verliehen. Eine Jury aus hochrangigen internationalen Designer:innen wählt die Preisträger:innen aus. Was macht die Produkte aus, die prämiert werden?

Uwe Cremering: Die von der iF Jury ausgezeichneten Beiträge zeichnen sich generell durch eine hohe Qualität in puncto Idee, Form, Funktion, Differenzierung und Impact aus. Bei der großen Bandbreite an Teilnehmenden, angefangen von den Global Playern wie Apple, Google, VW, Samsung, Philips, über die Top-Designstudios weltweit, bis hin zu spannenden Startups und Newcomer:innen, kann man sich vorstellen, welche Design- und Innovationspower eines Jahrgangs sich unseren unabhängigen Juror:innen eröffnet hat. In diesem Jahr hatten wir unter den herausragenden Designs, die mit dem iF GOLD AWARD prämiert wurden, sowohl unter anderem den Apple AirPods Max-Kopfhörer als auch ein Startup aus Japan für integrative Kleidung, ein Induktionskochfeld von Miele, ein elektrisches Geländemotorrad der Firma Cake 0 Emission aus Schweden, die neueste Generation der Magic Leap AR-Brille aus den USA und einen ausgezeichneten Werbefilm der Marke Mini.

Beim iF DESIGN AWARD 2022 kürten 75 Designexpert:innen aus 23 Nationen die Preisträger:innen. Wie geht die Jury dabei vor?
 

Uwe Cremering: Aus nahezu 11.000 Beiträgen zum iF DESIGN AWARD, diejenigen mit der besten Gestaltungsqualität herauszufiltern, ist richtig harte Arbeit. Unser großes Dankeschön und auch Respekt gilt hier den 132 internationalen Designexpert:innen, die sich 2022 dieser Aufgabe hervorragend gestellt haben. Nach einer ersten einwöchigen digitalen Juryrunde im Januar haben sich die besten 50 Prozent aller Beiträge für die iF Final Jury mit besagten 75 Juror:innen in den Berliner Wilhelm Hallen qualifiziert. Jedes Produkt und jedes Projekt wurde erneut nach den fünf iF-Bewertungskriterien juriert. Für mich selbst war insbesondere diese zweite Runde, die physische Jury in Berlin, äußerst spannend. Also die Jury in intensiven und konstruktiven Diskussionen zu sehen.

„Higher Purpose“ haben Sie als das diesjährige Motto ausgerufen. Was kann Design nachhaltig und gesellschaftspolitisch bewirken?

Alexandra Klatt: Diese Frage beschäftigt die Designwelt seit Jahrzehnten. Und sie wurde jetzt, zur Zeit der Pandemie immer lauter. Auch wir sind in uns gegangen und haben uns gefragt: Wie wollen wir unsere Zukunft gestalten? Was brauchen wir wirklich? Und welchen Anspruch haben wir als Designer:innen an unsere Arbeit? Im Design zeigt sich dieses grundsätzliche Besinnen der vergangenen zwei Jahre beispielsweise in neuen Forschungen zu bekannten oder auch neuen Materialien, wie unter anderem Pilzkulturen, der Produktion klimaneutraler Stoffe oder der sinnvollen (Weiter)Nutzung von Plastik. In diesem Sinne macht Design immer auch Vorschläge für die Zukunft und ist überall sichtbar – nicht nur als klassisches Produktdesign, sondern zum Beispiel auch als Servicedesign oder Verwaltungsdesgin. Auch New Work, ein Thema, das während der Pandemie nicht nur anhand von Homeoffice stark diskutiert wurde, hat Schnittstellen mit Design. Für die Arbeitswelt und unsere Gesellschaft wird es zunehmend wichtiger, Prozesse zu vereinfachen, Informationen zu visualisieren und leicht zugänglich zu machen. Alle diese Aspekte und Aufgaben des Designs, wollen wir mit der BNDNWK abbilden.

Uwe Cremering: Definitiv sind Designer:innen weltweit zentrale Treiber:innen für nachhaltige oder gesellschaftspolitische Entwicklungen in Produkten, Projekten und Gebäuden. Als Spiegelbild eines Designjahres können wir das auch bei den Anmeldungen zum iF DESIGN AWARD 2022 feststellen, wo sich gerade Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung in vielen Beiträgen manifestierte.

 

Was war ausschlaggebend, hier in Berlin den iF DESIGN AWARD auszurichten?

Uwe Cremering: Wir sind mit unserer Jurysitzung und auch mit der iF Preisverleihungs-Gala bewusst nach Berlin gekommen. Sowohl für unsere Juror:innen als auch für unsere Preisträger:innen bietet Berlin ein enorm inspirierendes Umfeld. Als Partner der Berlin Design Week koordinieren wir uns bestmöglich so, dass unsere Gala-Gäste auch Veranstaltungen der BNDNWK besuchen können. An dieser Stelle möchte ich verraten, dass wir auch im nächsten Jahr wieder in Berlin sein werden.

Haben Sie einen Wunsch für Berlin und BNDNWK?

Alexandra Klatt: Mehr Sichtbarkeit und Unterstützung für hiesige Designer:innen und Institutionen. Die BNDNWK möchten wir in diesem Sinne als Plattform weiter ausbauen, mit dem Anspruch auch den Austausch von Design mit Industrie, Wissenschaft und Forschung weiter zu befördern. Es gibt noch so viel ungenutztes Potential.

Was wünschen Sie sich für den iF DESIGN AWARD in Zukunft?

Uwe Cremering: iF Design wurde 1953 gegründet und seitdem verbirgt sich hinter dem roten iF Design Logo eine spannende Erfolgsgeschichte. Jedes Jahr freuen wir uns über neue Teilnehmende – wir fühlen uns aber auch genauso bestätigt von Designer:innen, Designstudios und Marken, die seit mehreren Jahren und sogar Jahrzenten bei uns teilnehmen. Den Anforderungen und Wünschen unserer Teilnehmenden und Juror:innen immer bestmöglich gerecht zu werden und den Wettbewerb entsprechend weiterzuentwickeln – darin liegt sicherlich auch ein großer Teil des Erfolgs. Mit Hochdruck arbeiten wir gerade an einer umfassenden Transformation unserer digitalen Systeme. Die rund 50.000 ausgezeichneten Produkte und Projekte mit Bildern und Texten der letzten 70 Jahre in unserer Datenbank wollen wir so weiterentwickeln, dass Designinteressierte noch mehr Spaß haben, herausragendes Design zu entdecken. Teilnehmenden wollen wir es noch einfacher machen, ihre Produkte und Projekte anzumelden. Insofern sehen wir der Zukunft sehr positiv entgegen.

Die sechste Ausgabe der BERLIN DESIGN WEEK findet statt vom 8. – 17. Mai 2023.

Über die Berlin Design Week:

Die BERLIN DESIGN WEEK (BNDNWK) fand in diesem Jahr vom 12. bis zum 22. Mai statt und begreift Design als treibende Kraft für gesellschaftliche und ökologische Veränderungen. Jeden Frühling präsentieren Designer:innen, Künstler:innen, Unternehmen und Universitäten neue Denkansätze und frische Ideen. Die BNDNWK legt einen starken Fokus auf die Themen der nachhaltigen Kommunikation und Gestaltung. Das Programm besteht aus Ausstellungen, Workshops, Diskussionsrunden, Führungen und Panels. Das Festival ist ein Forum des kreativen Austauschs und Vermittlungsplattform zwischen den verschiedenen Disziplinen. Im Rahmen der BNDNWK fand am 16.05. auch die iF DESIGN AWARD NIGHT statt.

Über den iF DESIGN AWARD:

Der iF DESIGN AWARD ist einer der renommiertesten Designpreise der Welt. Seit 1953 wird er von Deutschland aus organisiert und bietet mit dem iF Label ein verlässliches Zeichen für gutes Design, sowohl für Konsument:innen als auch für die Design-Community. Internationale Designexpert:innen kommen jährlich zusammen, um preisgekrönte Designs auszuwählen. Die Bewertung basiert dabei auf streng neutralen Jury-Standards.

Kontakt

Tanja Mühlhans

Leitung Kreativ- und Medienwirtschaft, Digitalwirtschaft, Projekt Zukunft

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