Am 24. November 2020 wurden die Gewinner*innen des Berliner Verlagspreises gekürt, der in Kooperation der Berliner Senatsverwaltungen für Kultur und Europa sowie Wirtschaft, Energie und Betriebe verliehen wurde. Anders als in den vergangenen 2 Jahren, fand die diesjährige Preisverleihung corona-bedingt live im Radio statt. Um 20 Uhr konnten die sechs nominierten Verlage die Preisvergabe in einer Sondersendung mit Knut Elstermann auf radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) mitverfolgen.
Von den insgesamt 71 unabhängigen Verlagen ergatterten drei Verlage einen der begehrten Preise.
Hauptpreis für den Verlag, der vergessenen Frauen eine Stimme verleiht
Der Große Berliner Verlagspreis und damit auch 35.000 Euro gingen an den AvivA Verlag. Der hebräische Name AvivA, der übersetzt Frühling bedeutet, ist bezeichnend für das vielfältige Verlagsprogramm. Mit Britta Jürgs als Gründerin begann vor 23 Jahren ein Wiederaufleben vergangener Schriftstellerinnen der 20er und 30er Jahre, das bis
heute anhält. Die ältere Literatur, gezeichnet von weiblichen und oft auch jüdischen Stimmen, findet großen Anklang bei der Leserschaft, denn sie will gegen das Vergessen werden vorgehen. Und auch die neuere Literatur fokussiert den weiblichen Charakter und stärkt das Frauenbild innerhalb der Gesellschaft. Ruth Klinkenberg: „Im Namen der Jury sage ich: Glückwunsch und »vivat« – also »Er lebe hoch« – für den Gewinnerverlag des Großen Berliner Verlagspreises. Das »vivat« drängt sich geradezu auf, da es schon im Verlagsnamen mitklingt.“
Förderung für eine multikulturelle und gleichgeschlechtlich-tolerante Literatur
Für die zwei Förderpreise konnten Edition Orient und der Querverlag die Jury mit ihren vielfältigen Programmen überzeugen. Die beiden Verlage erhielten als Preisgeld jeweils über 15.000 Euro.
Die Edition Orient, 1980 gegründet, knüpft mit ihren zweisprachigen Inhalten an eine multikulturelle Gesellschaft an und vermittelt auf kreative Art ein neues Sprachenverständnis – für jung und alt. Die Internationalität zeigt sich nicht nur in den Worten, sondern auch in den zahlreichen Illustrationen, die viele der Werke vervollständigen. Stefan Trudewind, Verleger der Edition Orient, trägt mit solch einem Programm erheblich zu einem friedlichen Miteinander bei, unabhängig von Sprache,
Kultur und Religion. Jurymitglied Heinrich von Berenberg begründet die Auszeichnung des Verlags vor allem mit seinem außergewöhnlichen Programm: „Hier, in diesen Büchern, die ja vor allem für Kinder gemacht sind, kann man nachlesen und sehen, wie aus dem scheinbar selbstverständlichen Begriff »Fremdsprache« das Wortteil »Fremd« mit leichter Hand herausoperiert werden kann. Gegenseitige sprachliche und kulturelle Durchdringung – das scheint mir eine der schönen Absichten hinter dem Programm dieses Verlags zu sein.“
Der 25 Jahre alte Querverlag, der von Jim Baker und Ilona Bubeck gegründet wurde, galt bereits bei seiner Entstehung als erster schwul-lesbischer Verlag Deutschlands und nimmt noch bis heute eine einzigartige Rolle in der deutschen Verlagsszene ein. Zu seinem diversen Repertoire zählen Romane und Krimis sowie akademische und politische Schriften, jene Inhalte die eine gezielte Abgrenzung von der gewohnten Literatur schaffen. Kristine Listau aus der Jury betont: „Dass es den Querverlag nach wie vor gibt, grenzt jedoch nicht an ein Wunder, sondern beweist, dass Idealismus, Sehnsucht nach anderer Perspektive und politische Notwendigkeit zielführend sein können.“
Die hochgradierte Jury 2020
Neben Heinrich von Berenberg (Berenberg Verlag), Kristine Listau (Verbrecher Verlag) und Ruth Klinkenberg, (Geschäftsführerin der Marga Schoeller Bücherstube) setzte sich die Jury in diesem Jahr außerdem aus Prof. Andreas Degkwitz, (Universitätsbibliothek der Humboldt Universtät zu Berlin), Nadine Kreuzahler (Kulturredakteurin beim rbb), Kat Menschik (Illustratorin) und Caca Savic (Freie Autorin) zusammen.
Anschließend an die Verleihung lud der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Landesverband Berlin-Brandenburg e. V. zu einem digitalen Empfang. Alle Teilnehmenden konnten so virtuell die Reden der Jurymitglieder Ruth Klinkenberg, Kristine Listau und Heinrich von Berenberg verfolgen, die diese live auf die Preisträgerin*innen hielten sowie den Gewinner*innen gratulieren.
Über den Berliner Verlagspreis
Ins Leben gerufen wurde der Berliner Verlagspreis im Frühjahr 2018 von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Mit insgesamt 68.000 Euro ist der Berliner Verlagspreis die am höchsten dotierte Auszeichnung ihrer Art in Deutschland. Ziel des Preises ist es, die Vielfalt der Berliner Verlagsbranche zu fördern, den Verlagsstandort Berlin zu stärken und die ambitionierte Arbeit der unabhängigen Publikumsverlage in Berlin zu würdigen.