Deep Tech Award zeigt kreatives Berliner Ökosystem

Kategorie: Digitalwirtschaft

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Let’s Talk about (Deep) Tech” heißt es seit April 2021. Fünf- bis sechsmal pro Jahr lädt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Expert:innen ein, über die Berliner Deep-Tech-Szene zu sprechen. Zu Wort kommen auch bisherige Jurymitglieder und Preisträger:innen des Deep Tech Awards – Berlins Preis für die vielversprechendsten Unternehmen aus dem aus dem Bereich technologiebasierter Innovationen.

KI braucht physische Hubs
Wie wichtig der Preis für die Sichtbarkeit von Startups im Bereich Künstlicher Intelligenz ist, darüber waren sich die Gäste der ersten Folge einig. Mit der Politikwissenschafterin Geraldine de Bastion von der Digitalen Gesellschaft e.V., die als Moderatorin des Awards und Gastgeberin des Podcasts fungiert, sprachen zwei Jurymitglieder des Awards, Fabian J. G. Westerheide, CEO & Founder von Rise of AI und Geschäftsführer von Asgard Capital for AI, sowie Rasmus Rothe von Merantix. „Preise schaffen Vorbilder, damit mehr Leute zu gründen wagen“, meint Letzterer. Zur Weiterentwicklung des dynamischen Berliner KI-Ökosystems möchte Rothe zudem mit dem AI Campus Berlin beitragen, in dem Startups, Konzerne sowie Forschung und Politik KI-Anwendungen in der Praxis sehen sollen. Auch Westerheide sieht im physischen Hub Potenzial, eine „Brücke zwischen Realwirtschaft und Innovation sowie Staat“ zu bauen. Um den Standortvorteil Berlins zu stärken, plädiert er seitens der Politik für einen freizügigeren Umgang mit Daten, Stipendien und eine gezielte Weiterentwicklung des kreativen Ökosystems. Auch die Herstellung von ethischer KI könne die Führungsposition stärken, ergänzt Rothe.

Danke, Deep Tech Award
Wie innovativ ethische Anwendungen aus Berlin sein können, stellte das Deep-Tech-Award-Gewinnerunternehmen „Greta&Starks“ 2017 unter Beweis. Das Social Impact Startup ermöglicht Hör- und Sehbehinderten durch Audiodeskription oder Untertitel ein barrierefreies Kinoerlebnis. Neben einer App kommt eine Datenbrille zum Einsatz, die mit Sicherheit, einer langen Akkulaufzeit sowie Robustheit punktet und „die Untertitel gefühlt auf die Leinwand projiziert”, berichtet CEO Seneit Debese in der zweiten Folge des Podcasts. Greta&Starks habe nicht nur vom Preisgeld von 10.000 Euro für die Weiterentwicklung des Projekts, sondern auch vom Netzwerken mit anderen Startups profitiert. „Man nimmt viel persönlich mit“, bestätigt Regina Haschka-Helmer, CEO Seedlab und Jurymitglied seit 2020. Einerseits durch den Austausch innerhalb der Jury, andererseits lerne man neue Startups kennen. „Beim Deep Tech sieht man, dass es beide Seiten gibt“, erklärt sie: Unternehmen, die Technologien entwickeln und diejenigen, die diese anwenden.

„Krypto-Hauptstadt der Welt“
Daud Zulfacar, Co-Gründer des Berliner Deep-Tech-Award-Gewinnerstartups license.rocks, gehört zur zweiten Kategorie. Doch Startups sind in der Hauptstadt nicht die einzigen, die sich mit dem spannenden Bereich Blockchain beschäftigen: „Die Stadt geht mit gutem Beispiel voran“, sagt Amira Gutmann-Trieb, Clustermanagerin für IKT, Medien und Kreativwirtschaft im dritten Teil des Podcasts und meint damit nicht die Blockchain-Straße in Kreuzberg, sondern etwa die Zeugnisverteilung über Blockchain an Berliner Schulen. Die Umsetzungsfreudigkeit und die Community machen für sie die Szene aus. „Die Community an sich ist in diesem Bereich das Wichtigste“, bestätigt Zulfacar und bezeichnet Berlin als „Krypto-Hauptstadt der Welt“.

IoT-Standort mit internationaler Strahlkraft
Berlin zieht nicht nur Blockchain-Unternehmen an, sondern hat – nicht zuletzt aufgrund Deutschlands Ruf als Industriestandort – enormes Entwicklungspotenzial im Bereich IoT/Industrie 4.0. „Berlin wird Relevanz haben“, ist Falco Schütt, Vorstand vom IoT+Network, überzeugt und zwar auf internationaler Ebene. Mindestens ebenso relevant sei das Thema „Corporate-Startup-Partnerschaft“. „Unser Hub macht genau das“, meint Katarzyna Grajner, Koordinatorin des de:hubs Berlin in der vierten Folge des Podcasts. „Wir bringen differenzierte Player aus vielen Bereichen zusammen“, sieht sie das Angebot als Ergänzung zu anderen Berliner Initiativen. Die Wichtigkeit des Zusammenspiels zwischen Bereichen betont auch die ehemalige Deep-Tech-Award-Gewinnerin Anja Vedder von Industrial Analytics: „IoT ist Voraussetzung für Industrie 4.0“, meint sie und Grainer fügt hinzu: „Dass Branchen, Themen und Technologien ineinandergreifen, ist die richtige Richtung“.

„Man muss kein Heiliger sein, um Social Tech zu machen“
Von einer Branche und einem Thema zu einem zweiten – den Sprung hat Olga Heuser, Gründerin und CEO von DialogShift, während der Corona-Krise gemacht: Ihr KI Chatbot, der bisher die Kommunikation zwischen Gästen und Hotels erleichterte, wurde zu einem Social-Tech-Angebot. „Wir haben den Vivantes Kliniken den Chatbot pro Bono zur Verfügung gestellt“, meint sie. 12 Monate später beantwortet ihr Chatbot in Krankenhäusern und Arztpraxen bis zu 1.000 Fragen pro Tag. Digitale Ressourcen nutzt auch Cornelia Röper, CEO mitunsleben GmbH, um soziale Prozesse zu optimieren. Die „Serial Social Tech Founder“, die bereits mit Wefugees auf sich aufmerksam machten, betreiben unter anderem die Plattform mitpflegeleben.de. Auf Diversität und Datenschutz legen die Gründerinnen zwar wert, „man muss aber kein Heiliger sein, um Social Tech zu betreiben“, meint Röper. Berlin sei aufgrund seiner Offenheit und seiner Diversität ein guter Nährboden für die Branche – nicht erst seit der Pandemie. Das zeige sich auch beim Deep Tech Award: „Es ist ultraspannend zu sehen, welche coolen Nachbarn man hat“, schwärmt die Finalistin 2020 von Berlin.

IoT und Security als Erfolgskombination
Die Vielfalt Berlins macht die Region für Ortwin Wohlrab, Mathematiker, IT-Manager und Netzwerksprecher von it’s.BB, dem IT-Sicherheitsnetzwerk für Berlin und Brandenburg, auch für den IT-Security-Bereich spannend. Dass dabei die Großunternehmen fehlen, bezeichnet Timo Kob, Gründer der HiSolutions AG, IT-Security-Experte und Professor an Hochschulen, als „Glücksfall“: „In Berlin sammeln sich Leute, die neues ausprobieren wollen“, sieht er eine Startupkultur, die sich von anderen Städten unterscheidet. Allerdings fehle es hier wie dort laut den Experten, die als Jurymitglieder beim Deep Tech Award 2021 fungierten, an strategischer Förderung: „Die Geldmittel werden nicht so eingesetzt, dass wirtschaftlich Sinnvolles entsteht“, kritisiert Kob. Laut Wohlrab mangelt es an Mitteln, Ideen auf den Markt zu bringen. Um das zu ändern, spielt das Vernetzen von KMU der IT-Security-Branche miteinander sowie mit Hochschulen bei it’s.BB eine wichtige Rolle. Hoffnung setzen die Experten vor allem auf das Zusammenspiel zwischen IoT und Security: „Der Markt schreit danach. Der Bedarf ist heute da“, sieht Kob im Sichern von IoT-Lösungen einen vielversprechenden Ansatz für Berlin und ergänzt: „Es gibt kaum einen besseren Ort, um diese Themen zusammenzubringen.“ 

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Katrin Tobies

Digitalwirtschaft, Startups, Steuerung Projekt Zukunft

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