Eva Kiltz

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Nach ihrem Umzug von Mainz nach Berlin, trennte sich die diplomierte Saxophonistin von ihrer Musikerkarriere und begann die Musikbranche von der geschäftlichen Seite kennen zu lernen. Dafür studierte sie Kulturmanagement am Berliner Institut für Kultur- und Medienmanagement. Während des Studiums kam Eva Kiltz erstmals mit dem Berliner Label Piranha Musik in Kontakt: gemeinsam mit Frank Klaffs betreute Kiltz projektbezogen die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Piranha, Westparkmusik und die Weltmusikmesse WOMEX.
Ende 2002 war Eva Kiltz maßgeblich am Entstehen der Label-Commission Berlin beteiligt. Gemeinsam mit Frank Klaffs baute sie die "LabCom"-Geschäftsstelle als erste Regionalgruppe des VUT auf. Seit dessen Umzug nach Berlin im April 2004 leitet Eva Kiltz die Geschäftsstelle des VUT. Projekt Zukunft sprach mit Eva Kiltz über die Chancen Berliner Labels, die Entwicklung des Tonträgermarkts und die Zunahme von Raubkopien.

 

In diesem Jahr haben Sie die Geschäftsstelle ihres Verbandes von Hamburg nach Berlin verlegt. Was waren die ausschlaggebenden Gründe?

Berlin bietet dem VUT kurze Wege zu den Ansprechpartnern in den Verbänden der Musikwirtschaft, der Bundes- und Landespolitik und den Medien sowie zu anderen wichtigen Partnern der Branche. Auch die räumliche Nähe zum Ende 2003 von VUT-Vorstand Peter James in Berlin gegründeten deutschen Musikexportbüro "German Sounds" hat zur Entscheidung beigetragen, die Geschäftsstelle des VUT zu verlegen.

 

Als Verband vertreten Sie rund 850 kleine und mittelständische
Unternehmen der gesamten Musikbranche in ganz Deutschland mit dem Schwerpunkt auf den "Independent"-Labels. Was sind die wesentliche Ziele Ihrer Verbandsarbeit?

Satzungsgemäßes Ziel unserer Arbeit ist die "Zusammenfassung, der Schutz und die Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen der gesamten Musikbranche, sowie die Unterstützung (unserer) Mitglieder in der Wahrnehmung ihrer kulturellen Aufgaben und sonstiger gemeinsamer Belange". Dieses Ziel versuchen wir durch Einsatz verschiedener Instrumente zu erreichen. Wir informieren über die Interessen und Bedürfnisse gerade der kleinen und mittelständischen Unternehmen im Musikgeschäft, um in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik Sensibilität für die Relevanz dieser Unternehmen zu schaffen. Vor allem im Hinblick darauf, wie wichtig sie für die Vielfalt der (Musik-)Kultur Deutschlands sind.
Auf der anderen Seite berichten wir unseren Mitgliedern kontinuierlich über Veränderungen im Markt, bieten Aus- und Weiterbildung an und sind zu einer wichtigen Informationsquelle auch für Existenzgründer im Musikgeschäft geworden. Durch Peter James und Stephan Benn (Justiziar VUT) sowie Horst Weidenmüller (!K7), letztere beide im Vorstand des europäischen Independent-Verbands "Impala", halten wir ständigen Kontakt zu anderen Musikverbänden und Institutionen in Deutschland und Europa. Mit der "Label-Commisssion Berlin" und "Ton-Traeger Nord" gibt es bereits zwei Regionalverbände des VUT, die Kontakte zur lokalen Politik aufbauen und den Austausch zwischen den einzelnen Mitgliedsunternehmen vor Ort fördern.

 

Der Marktanteil der Berliner Musikwirtschaft am gesamtdeutschen Umsatz hat nach der Ansiedlung der Majors Sony Music und Universal 60 Prozent erreicht. Welche Rolle spielen die in Berlin ansässigen Independent-Labels an der Marktentwicklung?

Nackte Zahlen sind in diesem Fall nur ein Teil der Wahrheit. Für
Gesamtdeutschland gehen wir von einem Marktanteil der Independent-Branche von etwa 20 Prozent aus. Doch sollte die Statistik allein nicht den Schwerpunkt einer Bewertung des Independent-Sektors bilden. Viel wichtiger ist, dass sich die oft langfristig angelegte Arbeitsweise der unabhängigen Unternehmen viel stärker um den Aufbau junger deutscher Künstler kümmert. Während in Major-Konzernen nationales Repertoire zunehmend abgebaut wird und Künstlerverträge mit deutschen Interpreten massenhaft gekündigt werden, stellen die Independent-Labels die Vielfalt und möglicherweise auch die Zukunft der Musiklandschaft sicher.
Darin liegt das eigentliche Potenzial der Independent Branche, die mit hohem Personalaufwand (etwa 80 Prozent der Arbeitsplätze im Musikmarkt werden von unabhängigen Unternehmen generiert) langfristigen Künstleraufbau statt kurzfristige Gewinnorientierung betreibt.

 

Was ist ihre Prognose zur weiteren Entwicklung des deutschen
Tonträgermarkts angesichts illegaler Musikkopien?

Wir haben vor einigen Wochen gemeinsam mit Horst Weidenmüller die Kampagne "No Copy Protection - Respect the Music" gestartet. Kern der Initiative ist es, das Vertrauen der Independent-Branche in Ihre Kunden zu symbolisieren. Dazu gibt es ein Logo mit dem Kampagnentitel, das jene Musiklabels, die Ihre CDs - trotz der bedrohlich wirkenden Entwicklung der Tauschbörsen - ohne Kopierschutz auf den Markt bringen, in die Covergestaltung Ihrer Releases integrieren können. Ich glaube, dass inhaltlich und optisch hochwertige Produktionen immer Käufer finden. Daran wird sich auch in Zukunft nicht ändern, egal ob diese Qualitäts-Inhalte auf Vinyl, CD oder als mp3 zu bekommen sind.
Die größere Gefahr für den Independent Bereich sehe ich derzeit in der
Verstopfung der Informations- und Vertriebskanäle durch Produkte,
die mit überdimensionierten Marketingbudgets in Medien und Handel
gedrückt werden. Dadurch wird der Zugang zum Markt für unabhängige, mit geringeren finanziellen Mitteln beworbene Musik von den Massenprodukten der "Superstars" leider allzu oft fast unmöglich gemacht. Zu diesem Thema wünschen wir uns eine umfassende Diskussion in Politik und Medien.


Projekt Zukunft, das größte Kommunikations- und Fördernetzwerk der
Hauptstadt, hat die Berliner Musikbranche als wichtigen Standortfaktor erkannt und engagiert sich für diese Branche im Rahmen der Musikwirtschaftsinitiative. Inwieweit gehen Sie hier mit der Senatstverwaltung gemeinsame Wege?

Mit Tanja Mühlhans, im Projekt Zukunft für den Musikbereich zuständig, haben wir eine zuverlässige und kompetente Partnerin gefunden. Projekt Zukunft zeigt durch die Förderung des VUT/Labcom Gemeinschaftsstandes bei der Popkomm 2004 oder die Finanzierung eines Kongresses zum Thema Online-Musikvermarktung in Berlin, exemplarisch wie sinnvoll es ist, Strukturen kleiner und mittelständiger Unternehmen zu stärken. Insbesondere angesichts mancher großen Beträge an einzelne Konzerne, die aktuell eher Arbeitsplätze abbauen als schaffen. Wir hoffen sehr, dass die Initiative des Projekt Zukunft-Teams Auswirkungen auch auf andere Landesregierungen hat und den kleinen und mittelständischen Unternehmen dort auf ähnliche Art und Weise Unterstützung angeboten wird.


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