Lana Labs, eine Ausgründung des Hasso-Plattner-Instituts (HPI), wurde im August dieses Jahres von der US-amerikanischen Low-Code-Plattform Appian gekauft. Das Berliner Startup bietet leistungsstarke KI- und Machine-Learning-gestützte Prozessanalysen (Process Mining) für Unternehmen an, die sich durch einfache Datenintegration und Benutzerfreundlichkeit auszeichnen.
Lana Labs wurde im April 2016 von Karina Buschsieweke und den zwei HPI-Alumni Dr. Thomas Baier und Dr. Rami-Habib Eid-Sabbagh gegründet, die beide am Fachgebiet Business Process Technology unter der Leitung von Professor Mathias Weske am HPI promoviert haben. Auf der CEBIT 2016 hatte das Team erstmals die neu entwickelte Process-Mining-Software am Stand des HPIs präsentiert.
Das Unternehmen setzt sich darüber hinaus für Nachhaltigkeit ein, indem es über die Process-Mining-Software den Ressourcenverbrauch vieler Unternehmenskunden reduziert und seit Gründung Magellan-Pinguine in Südchile unterstützt. Karina Buschsiewke erzählt im Interview mit Projekt Zukunft, welche Chancen sich durch die Übernahme von Appian ergeben und warum Berlin nach wie vor ein wichtiger Ort für Gründer*innen ist.
Vor Kurzem ist bekannt geworden, dass der auf Low Code und Automation spezialisierte Anbieter Appian Lana Labs übernommen hat. Was heißt das für Ihr Unternehmen – wo wird die Reise in Zukunft hingehen?
Reise ist ein gutes Bild, in diesem Fall noch dazu eine sehr spannende. Am Berliner Standort werden wir dabei vielfältig profitieren: Zum einen gewinnen wir globale Marktzugänge zu multinationalen Konzernen und zum Public Sector. Zum anderen verbreitern wir durch Appian maßgeblich unser Branchenangebot insgesamt.
Für Lana Labs bringt die Übernahme durch das NASDAQ-Unternehmen Appian, natürlich einige Veränderungen. Die vielleicht sichtbarste ist, dass wir unsere Marke Lana Labs aufgeben und zukünftig als Appian Berlin arbeiten. Gemeinsam entwickeln wir die umfassendste Low-Code Automation Suite weltweit und können damit unsere Vision von kontinuierlicher Verbesserung für unsere Kund*innen umso stärker weiterführen.
Als globales Unternehmen helfen uns die neuen Kolleg*innen mit ihren professionellen, internationalen Strukturen in Vertrieb und Marketing in der globalen Markterschließung. Davon profitieren auch unsere Kund*innen und Partner*innen, denen wir noch mehr Sicherheit und Leistungsfähigkeit bieten können. Und andersherum wird Appian mit unserer Process Mining-Expertise den zahlreichen Kund*innen und Partner*innen völlig neue Mehrwerte bieten. Für beide Seiten ist es ein Zugewinn und so leben wir es zwischen Berlin und den USA auch nach innen: Wir sind in der Tat auf einer gemeinsamen Reise.
Ein Meilenstein in Ihrer bisherigen Firmengeschichte – können Sie verraten, wie es zu der Zusammenarbeit kam?
Unsere Technologie „LANA“ haben wir in der Vergangenheit als integrierbare Komponente für Partner angeboten, die ihre bestehenden Software-Lösungen mit Process Mining ergänzen wollten. Aus ersten Gesprächen zu einer Technologiepartnerschaft entwickelte sich dann schnell eine tiefere Beziehung aufgrund der vielfältigen Synergien und spannenden Marktchancen, die wir mit unseren kombinierten Lösungen heben können.
Sie stellen die „LANA Process Mining“-Plattform zur Verfügung – werden so Arbeitsabläufe noch einmal vereinfacht?
Ja. Wobei diese Vereinfachung jetzt im Zusammenspiel von Low-Code, Automation und unserer Process Mining-Technologie noch eine viel größere Wirkung hat. Mit „LANA“ beschleunigen wir die Zusammenführung von Unternehmensdaten. Ineffiziente Prozesse können schneller und leichter identifiziert werden.
Die „LANA“-Plattform verfügt über einen proprietären Machine-Learning-Algorithmus, der die KI-gestützte Analyse höchst komplexer Geschäftsabläufe ermöglicht. Unternehmen und der Public Sector können Prozesse damit intelligenter und effizienter gestalten. Die aus der Prozessanalyse gewonnen Erkenntnisse können anschließend mit Hilfe der „Appian“-Plattform direkt umgesetzt werden. Das Ergebnis ist die kontinuierliche Optimierung von Prozessen, bei denen Menschen, Systeme und Daten reibungslos ineinandergreifen. Mit der Zusammenführung dieser Plattformen entsteht dann die umfassendste Low-Code Automation Suite weltweit.
Wie sieht die Zusammenarbeit praktisch aus – auch in Bezug auf die Vernetzung des amerikanischen Unternehmens mit Ihrem Startup hier in Berlin?
Beiden Seiten war wichtig, einander zunächst besser kennenzulernen. Bis Ende des Jahres verändert sich deshalb auch für Lana kaum etwas, aber wir sind natürlich schon dabei, uns mit den neuen Kolleg*innen zu vernetzen und erste gemeinsame Projekte umzusetzen. Als Gründer*innenteam sind wir in dieser Zeit keine Geschäftsführer*innen mehr, aber wir führen das Unternehmen in der Übergangsphase weiter. Und ganz klar: Appian will alle Mitarbeiter*innen halten und ihnen spannende Perspektiven bieten, in einer globalen Organisation mit zahlreichen Karrierewegen.
Der nächste Schritt wird der Ausbau eines Tech-Hubs für Process Mining sein, in dem unser Berliner Team mit den internationalen Teams von Appian an einer gemeinsamen Produktvision arbeiten. Natürlich in Berlin!
Sie haben 2020 den „Innovationspreis Berlin-Brandenburg“ erhalten. Was bedeutete der Preis für Ihr Unternehmen – und für Sie persönlich? Warum ist dieser Preis so wichtig?
Als junges Unternehmen mit einer neuen Technologie im Markt steht man vor zahlreichen Herausforderungen. Zunächst gilt es die Finanzierung der Entwicklung zu meistern und dann die erfolgreiche Akzeptanz im Markt zu erreichen, das sind schon große Meilensteine. Der „Innovationspreis“ steht in diesem Sinne symbolisch dafür diese ersten Schritte geschafft zu haben und das Innovationsprädikat unterstützt natürlich auch den weiteren Wachstumsweg, insbesondere wenn es darum geht, Kund*innen für eine neue Technologie zu begeistern.
Sie sagten in einem Interview, Gründen stehe für Selbstverwirklichung, dennoch ist es für Frauen nach wie vor keine Selbstverständlichkeit. So werden nur 15 Prozent der Startups in Deutschland von Frauen gegründet – woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Wer gründet, braucht Mut und vor allem Kapital, um skalieren zu können. Da sehe ich die immer gleichen Hinderungen für Frauen: Es wird ihnen weniger zugetraut oder sie trauen sich gleich selbst weniger zu. Das liegt auch am Umfeld und welche Wege zum Erfolg in diesem allgemein anerkannt werden. Da 96 Prozent der Wagniskapitalfirmen rein von Männern geführt werden, gibt es ein strukturelles Ungleichgewicht und eine beschränkte Deutungshoheit, was diese Situation noch befördert. Ich habe gelesen, dass 2020 in Zentral- und Osteuropa nur ein Prozent des investierten Kapitals an weibliche Gründerinnenteams ging. Das war eine Studie von Unconventional Ventures.
Sehen Sie hier eine Trendwende oder muss da Ihrer Meinung nach noch viel getan werden? Beispielsweise bei der Förderung speziell von Gründerinnen?
Nein, eine Trendwende kann ich definitiv nicht entdecken. Nach der oben zitierten Studie gab es durch die Corona-Krise sogar einen Rückgang gegenüber 2018. Damals waren es gut vier Prozent. Aber vielleicht so etwas wie eine kleine Hoffnung, wenn sich zum Beispiel prominente erfolgreiche deutsche Managerinnen zusammenschließen, um weibliche Gründerinnenteams zu unterstützen. Wie in allen Bereichen braucht es Role Models, um bestehende Strukturen aufzubrechen.
Und abschließend – was schätzen Sie am Standort Berlin? Was macht die Stadt so besonders für Gründer*innen?
Berlin bietet eine enorme Vielfalt in jeglicher Hinsicht und ist damit ein perfektes Zuhause für die genauso vielfältigen Teams, die es braucht, um erfolgreiche Innovationen hervorzubringen. Grundsätzlich ist alles möglich und vermeintlich verrückte Ideen fallen in diesem Umfeld vielleicht auch gar nicht so sehr als solche auf. Das ist sehr befreiend. Und für Gründer*innen ist es natürlich der Austausch untereinander, die tollen Talente, die schon vor Ort sind oder auch gerne aus dem Ausland nach Berlin kommen – und nicht zuletzt auch die Unterstützung durch viele Förderprogramme der Region.
Danke für das tolle Gespräch.