Stephan Leppler von MotionTag

Kategorie: Zukunftsköpfe

© MotionTag

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Über die App MotionTag können Nutzer genau verfolgen, wann sie sich mit welchem Verkehrsmittel oder auch zu Fuß fortbewegt haben. Nun wurde das Berliner Unternehmen als eines der besten neun europäischen Startups im Bereich “Digital Cities” ausgewählt. Nicht nur aufgrund ihrer derzeitigen App, sondern auch aufgrund ihrer Visionen. Geschäftsführer und Mitgründer Stephan Leppler erläutert, wie MotionTag, aufbauend auf Mobilitätsdaten, in der Zukunft intelligente und automatische Zahlmöglichkeiten für öffentliche Verkehrsmittel anbieten möchte.

Sehr geehrter Herr Leppler, ein kurzer Ausblick ins Jahr 2030: Wie bewegen wir uns dann von einem Ort zum nächsten?

Hoffentlich effizienter, umweltfreundlicher, bequemer und bedarfsgerechter. Dabei wird es sicherlich Unterschiede geben zwischen dem urbanen und dem ländlichen Raum. Ich erwarte, dass die steigende Vernetzung, die steigende Bereitschaft der Menschen, Fahrzeuge zu teilen und auch Innovationen wie selbstfahrende Fahrzeuge vieles einfacher und effizienter machen werden. Es wäre schön, wenn wir dadurch weniger private Pkw benötigen, es weniger Luftverschmutzung, CO2-Ausstoß und weniger Lärm gibt. Den öffentlichen Raum, welcher derzeit für parkende Autos genutzt wird, könnte man beispielsweise für zusätzliche Grünflächen und Radwege nutzen.

Welche Rolle spielen für die "Smart City“ Mobilitätsdaten und wieso sind diese für viele Unternehmen und Einrichtungen äußerst interessant?

Mobilitätsdaten sind äußerst relevant, um bedarfsgerechte Angebote bereitstellen zu können. Es geht darum, besser zu verstehen, was die Menschen benötigen. Eine Stadt ist nur dann smart, wenn sie zuhört und versteht. Somit bieten Mobilitätsdaten zunächst einmal eine Planungsgrundlage für Unternehmen und Städte. Des Weiteren können sie dann im Zuge steigender Vernetzung für die bedarfsgerechte Steuerung genutzt werden. Daten zeigen somit den Puls der Stadt und sind die Grundlage für ein Betriebssystem der städtischen Mobilität.

Nun sind Sie noch ein sehr junges Unternehmen, das erst seit kurzem mit den eigenen Apps im App-Store vertreten ist. Dennoch möchten Sie gleich in mehreren Bereichen auf einmal durchstarten: Ticketing, Flottenmanagement, smarte Reisebegleitung oder Routenplanung – wo stoßen Sie denn bis dato auf das größte Interesse?

In der Tat versteht sich MotionTag als Technologieanbieter. Angetrieben werden wir von dem großen Ziel, Mobilität mit schlauen Algorithmen besser zu machen. Entsprechend haben wir uns am Anfang überlegt, was alles auf Basis unserer Technologie möglich ist. Zurzeit lernen wir noch sehr stark mit unseren ersten Kunden, weil das Erzielen des sogenannten product-market-fit unabdingbar für nachhaltigen Erfolg ist.

Können Sie auch über ein konkretes Beispiel berichten?

Unser Herzensprojekt ist sicherlich “Seamless Ticketing”. Durch diese sehr einfache App soll der Endnutzer die Möglichkeit erhalten, alle möglichen Verkehrsmittel zu kombinieren und egal, womit er gerade unterwegs ist, immer einen validen Fahrschein dabei zu haben. Erst am Ende eines bestimmten Zeitfensters, beispielsweise nach einer Woche, wird dann auf den bestmöglichen Preis abgerechnet. Gerade Menschen, die je nach Bedarf und Situation unterschiedliche Verkehrsmittel kombinieren, profitieren von solch einer app-basierten Lösung. Beispielsweise weiß man selten im Voraus, welches Ticket für die kommende Woche für das Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel am günstigsten ist. Vielleicht lohnt sich ja doch eher ein Einzelfahrschein, weil das Wetter schöner wird und man mehr Fahrrad fährt. Ein weiterer Vorteil: Unsere Nutzer müssen sich auch nicht mehr mit unterschiedlichen Tarifzonen und Preisstufen auseinandersetzen – diese werden automatisch von der App ermittelt. Solche Hindernisse können bislang noch dazu führen, dass man am Ende dann doch das ineffiziente Auto nutzt. Genau das möchten wir ändern und das Reisen von A nach B so bequem, effizient und günstig wie möglich gestalten. Für “Seamless Ticketing” sehen wir derzeit ein großes Interesse und eine hohe Nachfrage. Allerdings haben wir noch eine Menge Arbeit vor uns, bis wir diese Vision realisiert haben. Nicht nur weil es größtmögliche Anforderungen an Zuverlässigkeit erfordert, sondern auch weil die deutsche Landschaft im öffentlichen Verkehr sehr fragmentiert ist und man viele Leute überzeugen muss, um diese Vision deutschland- oder gar europaweit umzusetzen.

Kommen wir vom Mehrwert der Datennutzer zu denjenigen, die diese Daten generieren: Wer Ihre App nutzt, erhält eine genaue Übersicht, wann er sich wie fortbewegt hat – und zwar dank Machine-Learning ganz automatisch ohne, dass er dies manuell eingibt. Wie kann ich durch solche Statistiken profitieren?

Wir sehen die MotionTag App als schlaues Mobilitätslogbuch. Mit der App kann man relativ spielerisch mehr über seine persönliche Mobilität lernen. Man sieht in Diagrammen wie viele Kilometer man insgesamt und je nach Verkehrsmittel unterwegs war und wie schnell man sich durch den Alltag bewegt. Auch über die Kartendarstellung kann man auf einen Blick erkennen, wann man wie, wo und womit unterwegs war. Zudem lässt sich der Zusammenhang zwischen dem persönlichen CO2-Fußabdruck und dem eigenen Mobilitätsverhalten erleben. Dieser lässt sich darüber hinaus über Klimaschutzprojekte auf Atmosfair kompensieren. Zudem kann man sich mit anderen Nutzern der App vergleichen und sieht beispielsweise, wie viele Kilometer man mit dem Rad und zu Fuß im Vergleich zu den anderen zurücklegt. Wir planen die App zukünftig noch attraktiver für die Nutzer zu machen und freuen uns über Verbesserungsvorschläge an app@motion-tag.com. Grundsätzlich wollen wir lernen, was die Leute bewegt. Sinn und Zweck der MotionTag App ist es, Feedback der Nutzerinnen und Nutzer über die automatische Erkennung zu erhalten. Dadurch, dass die Nutzer in der App die automatische Erkennung nochmal prüfen und editieren, erhalten wir Feedback zu unserem System und können es so verbessern. Nur so können wir es schaffen, die Mobilität der Zukunft etwa durch “Seamless Ticketing” zu verbessern. Wir freuen uns über jeden aktiven Nutzer, über Feedback und Menschen, die unsere Vision teilen.

Nun sind persönliche Daten ein sensibles Thema. Können Sie kurz erläutern, inwiefern die einzelnen Bewegungsprofile Ihrer Nutzer geschützt sind?

Dass es sich bei Bewegungsprofilen um sensible Daten handelt, welche wir mit höchster Sorgfalt behandeln müssen, ist uns bewusst. Deshalb haben wir das Datenschutz- und Sicherheitskonzept von Beginn an mit externen Datenschutzexperten entworfen. Wir legen höchsten Wert auf Transparenz und Sicherheit. Unser Datenschutzkonzept erfüllt die Standards des Bundesdatenschutzgesetzes für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Nur ein kleiner Teil des Teams hat Zugriff auf die Bewegungsprofile, jeder dieser Mitarbeiter ist vertraglich streng verpflichtet. Neben Transparenz und Datenschutzkonformität ist die Datensicherheit enorm wichtig. Wir haben uns daher streng an den WASC-Standard (Web Application Security Consortiums) gehalten. Unsere Server stehen in einem ISO 27001-zertifizierten Rechenzentrum in Deutschland. Die Kommunikation zwischen den Apps und dem Server ist SSL A+ verschlüsselt. Unser Datenschutz und unsere Datensicherheit sind sogar ein USP gegenüber großen Playern. Wir als junges Unternehmen können uns schließlich keinen Skandal erlauben. Damit würden wir das Vertrauen unserer Nutzer und unserer Kunden verspielen –  und somit das Ende von MotionTag herbeiführen.

Sie wurden unterstützt von der europäischen Organisation für Innovation, EIT Digital, zudem sitzen Sie in der Green Garage auf dem EUREF-Campus. Eine Einschätzung Ihrerseits: Wie gut sind Berliner Startups im Bereich Mobilität, Smart City und Transport aufgestellt?

Wir waren für eineinhalb Jahre Teil des Climate KIC Accelerators und hatten als Teil des Programms auch ein Büro in der Green Garage. Ein wirklich großartiges Programm für junge Unternehmen. Glücklicherweise haben wir es auch unter die Top 9 der europäischen Teams des EIT Digital in der Kategorie “Digital Cities” geschafft. Das Finale findet am 29. November in Paris statt. Meiner Meinung nach hat Berlin einige wirklich tolle Startups im Bereich Mobilität hervorgebracht: Beispielsweise ally beziehungsweise door2door, die mit ihrem allygator shuttle eine Konkurrenz zu Uber aufbauen, clevershuttle mit einem rein elektrischen Shuttleservice oder ubitricity mit ihren smarten Ladekabeln für Elektrofahrzeuge. Ebenfalls im Climate KIC waren unsere damaligen Nachbarn eMio mit dem elektrischen Rollersharing. Es gibt noch unzählige weitere tolle Unternehmen und es werden auch immer mehr. Ich denke, Berlin hat sehr gute Voraussetzungen im Bereich Mobilität, weil hier viel passiert, viel ausprobiert wird und sich Jahr für Jahr junge, schlaue und hungrige Unternehmen gründen, die große Ziele haben.

Können Sie bitte zum Abschluss noch folgenden Satz vervollständigen: Berlin ist...

...ein großartiges Testfeld im Bereich Mobilität. Junge Unternehmen, aufgeschlossene Leute. Es wird schon seinen Grund haben, weshalb Berlin die meisten Fahrzeuge im free-floating Carsharing vorzuweisen hat. Ich denke, dass sich die Zukunft der Mobilität hier sehr früh erleben lässt. 

 

Kontakt

Tanja Mühlhans

Leitung Kreativ- und Medienwirtschaft, Digitalwirtschaft, Projekt Zukunft

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