Was wurde aus: Galerie Thomas Schulte?
Galerie Thomas Schulte ist eine der Gewinner-Galerien des "Galleries for Future Award". Doch was ist seit dem Award passiert? Ein Rückblick der Galerie Schulte aus Berlin. Mehr
Anika Wiest
E-mail: anika.wiest@senweb.berlin.de
Telefon: (030) 90138423
Das Berliner Startup Audatic ist innerhalb von nur 12 Monaten zu einem der erfolgreichsten Deep-Tech Unternehmen in Deutschland geworden und die Gründer Peter Udo Diehl und Elias Sprengel haben es bereits in die europäische Forbes „30 unter 30“-Liste geschafft. Sie und ihr Team arbeiten an der einmaligen Software-Lösung, mittels Künstlicher Intelligenz lästige Hintergrundgeräusche herauszufiltern und so die Lebensqualität von Schwerhörigen und Gehörlosen zu verbessern. Nachdem Audatic bereits mit dem Digital Health Award 2018 ausgezeichnet wurde, konnte das junge Startup auch den Deep Tech Award 2019 gewinnen. Im Interview mit Projekt Zukunft spricht das Duo darüber, was sich seit diesen Erfolgen getan hat.
Seit gut eineinhalb Jahren arbeitet Audatic an der Verbesserung der Hörqualität von Schwerhörigen und Gehörlosen. Für die KI-basierte Software haben Sie bereits einige Auszeichnungen gewonnen. Was hat sich seitdem getan?
Selbst für uns ist es unerwartet, mit welcher Geschwindigkeit sich unsere Algorithmen verbessern und was für eine großartige Traktion mit zukünftigen Kooperationspartnern wir sehen. Die Qualität unserer Technologie auf dem Smartphone ist heute besser als die beste Version auf unserem Server vor einem halben Jahr. Wir haben sehr viel Energie darin investiert, effizientere Algorithmen zu finden, um auf handelsüblichen Smartphones einfach verwendbar zu werden. Zeitgleich zu diesem technischen Durchbruch, sind wir auch in intensiven Gesprächen mit zahlreichen Firmen aus der Hörgeräte- und Cochlea-Implantat-Industrie sowie verschiedenen Kopfhörer- und Smartphone- Herstellern.
Auch Normalhörenden soll die Lebensqualität mit Audatic verbessert werden. Sie denken da bereits an personalisierten Sound für zum Beispiel Kopfhörer oder eine Anwendung im Bereich Augmented Reality. Gibt es hier bereits konkrete Umsetzungen und wie sieht es mit anderen Anwendungsbereichen aus?
In der ersten Stufe unserer Technologie unterscheiden wir zwischen Sprache und Hintergrundgeräuschen. Wir glauben, dass der größte Nutzen hiervon, außerhalb der medizinischen Anwendungen, in Kommunikation und Medien liegt, wie zum Beispiel für Telefonate, Sprachnachrichten, oder Videoaufnahmen. In der nächsten Stufe unserer Technologie, an der wir bereits arbeiten, werden wir in der Lage sein zwischen verschiedenen Sprechern zu unterscheiden, und so zum Beispiel in einem Restaurant aktiv die Personen aus dem eigenen Gespräch einzublenden und andere (obwohl ebenso laut) auszublenden. Ebenso können einzelne Personen, die nicht laut genug für den Zuhörer reden, verstärkt werden, während andere Stimmen unverändert bleiben. Längerfristig ist es das Ziel nach Belieben Geräusche ausblenden oder einblenden zu können. In einer Großstadt wie Berlin sind Menschen signifikanter Lärmbelastung ausgesetzt, unter anderem durch den Verkehr und Bauarbeiten. Wenn ich beispielsweise eine vielbefahrene Straße entlanglaufe, könnte automatisch der Straßenlärm ausgeblendet werden, das Vogelgezwitscher bliebe jedoch unverändert. Das würde sowohl das persönliche Wohlbefinden verbessern als auch für mehr Entspannung und weniger Stress sorgen.
Sie waren bereits mit der Charité als Kooperationspartner für eine klinische Studie im Gespräch. Worum geht es genau bei dieser Zusammenarbeit und wie entwickelt sie sich?
Die Charité, und im speziellen deren HNO-Abteilung, ist ein wunderbarer Kooperationspartner. Wir haben zusammen das Setup für die Studie entwickelt, den Ethikantrag verfasst und eingereicht. Sobald dieser angenommen wird, werden wir strukturiert mit Hörgeräteträgern testen in welchen Situationen die größte Verbesserung erzielt wird. Die getesteten Situationen basieren auf einem klinischen Standard, dem OLSA Test, und beinhalten zusätzlich Störgeräusche aus geräuschintensiven Alltagsumgebungen wie dem Restaurant oder Straßenverkehr. Wir hoffen in den nächsten Wochen mit der Studie starten zu können.
Bislang wird Audatic über das Smartphone gesteuert – gibt es Bemühungen die Software direkt ins Hörgerät zu bringen?
Ja, auf Hörgeräte und Cochlea-Implantate! Wir haben innerhalb des letzten Jahres den Energieverbrauch unseres Systems um einen Faktor 40 senken können, was es uns ermöglich hat, von Servergröße auf das Smartphone zu kommen. Momentan arbeiten wir (unter anderem) daran, den Energieverbrauch um eine weitere Größenordnung zu senken. Damit wollen wir den Einsatz auf einem Accessoire, wie zum Beispiel einem externen Mikrofon, ermöglichen und im Anschluss die Nutzung unseres Systems auch auf dem Hörgerät oder Cochlea-Implantat realisieren. Von der algorithmischen Seite vermuten wir 1-2 Jahre Entwicklungsaufwand hierfür, die Geschwindigkeit der Integration in die entsprechenden Geräte hängt dann von unserer Kooperation mit den Herstellern der Geräte ab.
Welches Feedback bekommen Sie am häufigsten zu hören, wenn Menschen von Audatic erfahren?
Sie wollen die Lösung am besten sofort. Wenn wir erklären, dass es noch etwas dauern wird, bis ein Produkt für den breiten Markt erhältlich ist, kommt für gewöhnlich als erstes die Frage, welche Hörgeräte wir unterstützen. Aktuell ist es geplant, alle Marken zu unterstützen, sowohl von Hörgeräten als auch von Cochlea Implantaten.
Sehen Sie Berlin nach wie vor als besten Standort für Ihr Unternehmen?
Absolut, wir haben innerhalb des letzten Jahres über 1000 Bewerbungen für unsere Stellenausschreibungen bekommen, unter anderem da Berlin als Standort für viele Menschen attraktiv ist. Ich denke, die Kombination aus stetig wachsendem Startup-Ökosystem, starkem Gesundheitssektor und Attraktivität für KI-Talente sind einzigartig in Europa. Seit unserer Entscheidung hat sich glücklicherweise unsere Vermutung bestätigt, dass all diese Faktoren tatsächlich so stark in Berlin sind und wir wurden bestärkt, dass wir die richtige Wahl getroffen haben.
Wo wünschen Sie sich in fünf bis zehn Jahren mit Audatic zu stehen?
Wir denken, dass die audiologische Medizintechnik und sogenannte „Hearables“ (smarte Kopfhörer) zumindest bei leichtem und gegebenenfalls mittelgradigem Hörverlust verschmelzen werden, da beide eine Personalisierung der Audioumgebung ermöglichen werden. Dies wird einhergehen mit einer reduzierten Stigmatisierung von Hörgeräten und erhöhter Nutzung und Verbreitung. Wir als Audatic wollen diese grundlegende Veränderung der Interaktion mit Hörgeräten/Cochlea-Implantaten/Kopfhörern unterstützen, weltweite Standards für Audio- Verarbeitung setzen, und auf diesem Weg den Nutzen und die Verbreitung von Hörgeräten und Cochlea Implantaten verbessern.
Zu guter Letzt: Könnten Sie bitte folgenden Satz vervollständigen: „Berlin ist...“
...vielfältig. Es gibt eine unglaubliche Diversität von Menschen, Kulturen, Orten und Eindrücken. Das macht das Leben hier nicht nur interessanter, sondern hilft auch, um verschiedene Sichtweisen zu bekommen und somit unserer Kreativität.
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