Zukunftskopf: Co-Gründerin und CEO Aimie-Sarah Carstensen von ArtNight
Die Mission der Gründerin Aimie-Sarah Carstensen ist Kreativität zu einer Routine zu machen, die alle lieben. Wie sie das mit ArtNight schafft, erzählt sie uns im Interview. Mehr
Anika Wiest
E-mail: anika.wiest@senweb.berlin.de
Telefon: (030) 90138423
Im Dezember des vergangenen Jahres erhielt das Startup Ghost den mit 10.000 Euro dotierten „Smart Wearables x Smart Textiles“-Award – ein Gründerpreis, initiiert von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Der Wettbewerbsbeitrag der beiden Gründerinnen: Eine Prothese in Form eines Handschuhs, die Menschen mit Nervenschäden oder einem amputierten Arm das Gefühl für Temperaturen und den Tastsinn zurückgibt. Isabella Hillmer hat Erfahrungen in der Psychologie und im Industriedesign und Laura Bücheler arbeitete bereits in der Biomedizin. Die Stärken ihres jungen Startups sind das gemeinsame Know-how, aber auch ihre langjährige Freundschaft.
Sie haben den Smart Wearables X Smart Textiles Award gewonnen – welche Chancen ergeben sich dadurch für GHOST – feel it. und die zukünftige Arbeit?
Das damit verbundene Preisgeld entlastet in der Entwicklungsphase, in der wir uns derzeit befinden, natürlich ungemein. Wir haben nun mehr Mittel für die Produktentwicklung und Schutzrechtkosten. Was allerdings viel mehr ins Gewicht fällt, ist der enorme Motivationsschub. All die kleineren und größeren Erfolge auf dem Weg machen es letztlich möglich immer wieder Energie für die nächsten Schritte aufzubringen und wir fühlen uns bestärkt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Sie haben in einem individuellen Workshop Ihr Geschäftsmodell weiterentwickelt – was genau haben Sie in dieser Zeit noch entwickeln bzw. verbessern können?
Im Grunde haben wir die Basisidee in ein standfestes Produkt– und Geschäftskonzept geformt, für das es auch eine erreichbare und definierte Nutzergruppe gibt. Da die Thematik sehr forschungslastig ist, war es besonders wichtig, einen genaueren Blick auf den Markt zu werfen und ihn eingehend zu analysieren. Dabei haben wir natürlich auch genauer herausgearbeitet, wo unsere Vorteile im Wettbewerbsvergleich hauptsächlich liegen. All das hat uns wirklich schnell weitergebracht, sodass wir nun schon die Verifizierung des Produkts und den Markteintritt vorbereiten.
Können Sie kurz Ihr Startup und die Idee hinter GHOST – feel it. skizzieren?
Wir ermöglichen es den Benutzern eines Smart-Handschuhs, die Hand darunter wieder spüren zu können. Zunächst soll dies für bestehende Hände mit Nervenschäden im Handgelenksbereich geschehen und im zweiten Schritt auch für Handprothesen anwendbar sein. Unsere Vision ist es, Daten und Technologie fühlbar zu machen, um sie damit tatsächlich ultimativ an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen.
Sie haben eine Orthese entwickelt, die das Tast- und Temperaturempfinden zurückgibt. Wie genau funktioniert das?
Wir nutzen die Tatsache aus, dass sich das Gehirn immer weiterentwickelt und nie aufhört, sich neu zu verknüpfen – im Fachjargon nennt man das Neuroplastizität. Mithilfe des Handschuhs wollen wir neue Verknüpfungen im Gehirn gezielt lenken und dadurch sozusagen einen Teil des Gehirns neu programmieren. Damit wären Patienten in der Lage, ihre verlorene Hand oder erhaltene Hand mit Nervenschäden wieder zu spüren, solange sie den Handschuh tragen.
Was sind die konkreten Vorteile für die Betroffenen? Sie versprechen beispielsweise die Reduzierung der Kosten für Physiotherapie und Rehabilitation…
Je nach Geschäftsmodell muss man hier den Kunden und den Nutzer des Produktes und deren Vorteile voneinander trennen. Die Vorteile der Nutzer sind mannigfaltig, da der Handschuh ihnen ermöglicht unabhängiger zu werden und sich somit in ihrer Arbeit und sozialen Leben wieder einzugliedern. Vertreiben wir in einem “Business to Customer"-Ansatz das Produkt an den Nutzer, so ist er auch der Kunde und profitiert von eben diesen Vorteilen. In Deutschland und anderen Ländern mit gut ausgebautem Gesundheitssystem geht der Alternativweg über ein “Business to Business”-Modell, in welchem das Produkt dem Nutzer zur Verfügung gestellt und von der Krankenkasse finanziert wird. Somit wäre die Krankenkasse unser Kunde. Da der Handschuh neben der Wiedereingliederung des Patienten in sein altes Leben zusätzlich die Anzahl der Folgeverletzungen sowie Phantom-schmerzen reduziert bis eliminiert, ergibt sich ein Anreiz der Krankenkasse, dieses Produkt zu finanzieren. Zudem können Kosten für Physiotherapie eingespart werden.
Sie sind gerade an den Start gegangen… Was genau ist in den nächsten Monaten geplant?
Als nächstes steht eine Verifizierungsphase an. Diese wird auch eine klinische Studie bein-halten, die wir an der TU München in Kooperation mit verschiedenen Kliniken durchführen werden. Parallel dazu kümmern wir uns um Patentfragen. Vor dem Markteintritt müssen wir zudem noch eine Zertifizierung für medizinische Produkte erlangen.
Ihre Entwicklung ermöglicht einer Vielzahl von Patienten Erleichterung – haben Sie schon Kooperationspartner aus dem medizinischen Bereich?
Wir haben Kooperationspartner aus vielen verschiedenen Bereichen. Unter anderem Physiotherapeuten, Orthopäden und Unfallchirurgen mit Spezialisierung auf Handchirurgie. Wir sind zudem Teil des MedInnovates Hubs und haben über den Lehrstuhl “Computer Aided Medical Procedures” Zugang zu einem großen Netzwerk von Kliniken und Forschungsressourcen der TU München.
Was macht Ihr Team – neben der Geschäftsidee – so einzigartig?
Wir sind nun schon seit über fünfzehn Jahren befreundet und haben uns bereits mit sechzehn Jahren erstmals gemeinsam unternehmerisch betätigt. Nachdem wir die letzten fünf Jahre zumeist in unterschiedlichen Ländern wohnten und verschiedene Fächer studierten, haben wir uns nun fundierte Kenntnisse in den Bereichen Medizintechnik, Neuropsychologie, Projektmanagement und Industrie-Design angeeignet. Wir ergänzen uns nicht nur, sondern wissen auch um die Stärken und Schwächen des anderen Bescheid.
Sie haben sich beruflich in Berlin niedergelassen – ist es nach wie vor eine Stadt voller Chancen für Gründerinnen und Gründer? Oder hatten Sie ganz andere Beweggründe…?
Ganz klar bietet Berlin noch immer ein unheimlich kreatives Umfeld. Uns war von Beginn an sehr wichtig, uns an einem attraktiven Wohnort niederzulassen – schließlich bindet man sich mit einem Projekt dieses Ausmaßes auch für eine längere Zeit an einen Ort. All die unter-schiedlichsten Einflüsse und Eindrücke sind aber natürlich auch sehr förderlich im Ideen-findungsprozess und der Arbeit an innovativen Projekten. Die Startup-Szene ist ebenso groß und vielfältig und es gibt viele Fördermöglichkeiten. Wir konnten glücklicherweise auch auf eine gute Anbindung des wachsenden Gründernetzwerks in München zurückgreifen, aber der “Vibe” in Berlin ist etwas ganz Besonderes.
Zu guter Letzt: Könnten Sie bitte folgenden Satz vervollständigen: „Berlin ist…“
…ein Ort, an dem es gleichermaßen normal ist, den Sonntagvormittag im Club, Supermarkt oder Büro zu verbringen.
Leitung Kreativ- und Medienwirtschaft, Digitalwirtschaft, Projekt Zukunft
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